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Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (2. Band = 1. Abtheilung, 2. Hälfte): Die vier geistlichen Gebiete (Merseburg, Meissen, Naumburg-Zeitz, Wurzen), Amt Stolpen mit Stadt Bischofswerda, Herrschaft und Stadt Plauen, die Herrschaft Ronneburg, die Schwarzburgischen Herrschaften, die Reussischen Herrschaften, die Schönburgischen Herrschaften, die vier Harzgrafschaften: Mansfeld, Stolberg, Hohenstein, Regenstein, und Stift und Stadt Quedlinburg, die Grafschaft Henneberg, die Mainzischen Besitzungen (Eichsfeld, Erfurt), die Reichsstädte Mühlhausen und Nordhausen, das Erzbisthum Magdeburg und das Bisthum Halberstadt, das Fürstentum Anhalt — Leipzig: O.R. Reisland, 1904

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https://doi.org/10.11588/diglit.26561#0188

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Die Schönburg'schen Herrschaften.

lich auch befohlen, dass man ihm die kindlein
sollte zubringen, welcher er ein herzliches wohl-
gefallen, und die kindlein gerne aufnimbt, ihre
sünden vergiebt und ewiges leben mittheilet; dero-
halben liebe tochter wollest dich in dir selbst
nicht fressen und schwere gedanken machen,
o, wie wird es nun gehen u. s. w., sondern
schreien zu gott um hülfe, er will dir umb Christi
seines sohnes willen helfen, an dir zu keinem
lügner werden, wie er selbst saget: rufe mich an
in der noth etc,; und bete vors ersten ein vater
unser, darnach magst du diese oder dergleichen
worte brauchen :
Mein lieber gott und vater, du hast mich
zum weibe im ehestand verordnet, und mit frucht
des leibes gesegnet, die trage und bringe ich dir
in meinem leibe, und bitte dich herzlich, du
wollest das theure leiden und sterben deines lieben
sohnes Jesu Christi meines herrn auch an ihr
nicht lassen verloren werden, sondern um Christi
willen in die zahl der auserwehlten annehmen.
Amen.
Ob es sich nun wohl ohnedem [des weibes]
schuld anders zuträge mit der frucht, so befiehl
die sorge gott und zweifle nicht, dein gebet sei
erhöret und gott habe dein kindlein auch im
mutter leibe gesegnet, das ist, ihme seine sünden
vergeben, denn er ist ein gott, der nicht lust am
verderben hat, sondern am leben.
Zum andern. Wenn nun die zeit vorhanden, j
dass man zur sache oder geburt greifen soll, so
soll die schwangere frau, wehe-mutter und andere,
so alda versammelt, getrost sein, gott umb gnaden
anrufen mit solchen oder dergleichen worten:
Lieber herr gott und vater, wir sind allhier
in deinem namen und werke versammelt, wollen
dir ein kindlein durch die geburt zubringen und
bitten deine barmherzigkeit, du wollest das theure
leiden und sterben Jesu Christi, deines lieben
sohnes unseres herrn an diesem kindlein auch
nicht lassen verloren und umbsonst sein und in
diesem werk deine hülfe und gnade geben, dass
es allenthalben damit recht zugehe durch den-
selben deinen lieben sohn Jesum Christum unsern
herrn. Amen.
Und solch gebet alle wege mit deinem vater
unser fleissig gründe auf gottes gebot, verheissung
und den befehl, dass man ihm die kindlein solle
fürbringen und nicht zweifeln, solch gebet sei er-
höret. Und ob folgendes die sache anders zu-
ginge (doch ohne schuld und verwahrlosung der
frauen), soll man dennoch festiglich glauben, das
kindlein sei von gott zum erben und miterben
Christi angenommen, aus obangezeigter ursachen,
dass man in gottes namen und worte versammelt,
einmüthig umb hülf und gnad gott angerufen hat, und
solch gebet auf sem göttl. gebot und verheissung

gegründet, und dass er ein solcher gott ist, der
nicht lust hat am verderben, sondern zu gnaden
um Christi willen gern annimbt.
Zum dritten. Wenn das kindlein nun vom
mutterleibe geboren, soll man es Christo durch
das heil, und hochwürd. sacrament der taufe auch
zubringen, und wenn das kindlein zu seinen jahren
kommt, soll man ihm den ganzen handel und was
es gott in der heil. taufe angelobet zeigen. Darob
sei mit höchstem fleiss, dass es in göttl. furcht,
christl. glauben und tugend leben werde auferzogen,
fleissig lerne die 6 hauptstücke der christl. lehre
u. s. w.
Ordnung des catechismi, wie man dar-
mit der jugend in der kirchen auf be -
quemen tag, da man zu morgends nicht
predigt, als mittwochen, halten soll.
1. Umb 2 uhr nachmittag soll man an mitt-
wochen einen guten puls mit der grossen glocken
lauten, der schulmeister mit denen knaben einen
lateinischen psalm mit einer reinen antiphona
singen, als: Viro ego, dicit dominus, oder dergl.
2. Darnach die teutschen 10 gebote. Tritt
der priester für den altar und betet die 6 haupt-
stücke der christl. lehre, wie droben geschrieben
vom wort zu wort, und alle, so in der kirchen sind.
3. Darnach treten 3 knaben und 3 gegen
einander über ins gesichte etwas höher denn die
andern und fragen einander dialogen weise. Die
ersten zwei haben den dialogum von den 10 ge-
boten und articuln des glaubens, die andern zwei
vom vater unser und taufen, die drei letzten von
dem amt der schlüssel und sacr. des altars.
Der erste (als Petrus) fraget: Wie viel sind
hauptstücke der christl. lehre? Darauf antwortt
der andere knabe (als Paulus), so gegen über
stehet, 6 hauptstücke. Weiter fragt Petrus, welche?
resp. Paulus, das erste die heil. zehen gebot gottes.
Petrus, wie lautet das erste gebot? Paulus, du
sollst nicht ander götter u. s. w. — bis zum ende.
Wenn das alles, nemlich das beten der 6 haupt-
stücke, welches die thun müssen, ausgerichtet und
behalten ist worden , so tritt der priester wieder
vor das altar und betet die 6 hauptstücke noch
einmal nach dem text den kindlein für, fein lang-
sam und deutlich, und vermahnet der priester die
kindlein und das volk, dass sie die erzehlten
stücke und von den knaben sprechweise fein
lernen wollen, auch in gottes furcht, christl.
glauben und liebe gottes und des nächsten wollten
wachsen und zunehmen. So wird ihnen gott seinen
segen, gnade; zeitl. und ewiges leben geben, das
ist gewisslich wahr ! Amen.
Darauf mag man einen kurzen teutschen
psalmen oder das lateinische oder teutsche da pacem
 
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