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Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (2. Band = 1. Abtheilung, 2. Hälfte): Die vier geistlichen Gebiete (Merseburg, Meissen, Naumburg-Zeitz, Wurzen), Amt Stolpen mit Stadt Bischofswerda, Herrschaft und Stadt Plauen, die Herrschaft Ronneburg, die Schwarzburgischen Herrschaften, die Reussischen Herrschaften, die Schönburgischen Herrschaften, die vier Harzgrafschaften: Mansfeld, Stolberg, Hohenstein, Regenstein, und Stift und Stadt Quedlinburg, die Grafschaft Henneberg, die Mainzischen Besitzungen (Eichsfeld, Erfurt), die Reichsstädte Mühlhausen und Nordhausen, das Erzbisthum Magdeburg und das Bisthum Halberstadt, das Fürstentum Anhalt — Leipzig: O.R. Reisland, 1904

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https://doi.org/10.11588/diglit.26561#0219

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40. Gräflich mansfeldische geistliche consistorial ordnung. Anno 1586.

205

und soll die person, so1) von erst mit einen heim-
lich, darnach mit einen oder einer andern öffent-
lich sich verlobet hat, von der obrigkeit entweder
an gelde, oder in mangel des geldes mit gefäng-
nüss, welches bei unsers consistorii ermässen stehen
soll, gestrafet werden.
6. Unter zweien öffentlichen verlöbnüssen soll
das andere dem ersten weichen und gestrafet
werden.
7. Wer nach einen öffentlichen verlöbnüss
eine andere berühret, als dadurch sie zu ehelichen,
und das erste verlöbnüss zu zerreissen, das soll
ein ehebruch gehalten2) werden.
8. Ein öffentlich verlöbnüss ohne beischlaf
soll dem heimlichen mit dem beischlaf weichen.
9. Den verlobten personen soll nicht frei-
stehen, noch verstattet werden, dass wenn sie un-
einig werden, sie einander die verlöbnüss selbst
wieder aufsagen, sondern die sache soll im con-
sistorio erkant und ordentlicher weise den rechten
und der ehrbarkeit und billigkeit nach entschieden
werden.
10. Also sollen sich auch die pastores oder
ampt leute keiner scheidung unterfangen, sondern
solche sachen an das consistorium weisen.
11. Wo verlobte personen uneins werden, da
soll mit allen fleiss zwischen ihnen zur söhne und
einigkeit gehandelt werden, wo aber die ver-
bitterunge so gross und die sachen erheblich weren,
dass einer bösen ehe und ander unrath zu be-
fürchten were, soll den rechten und der notturft
nach milderunge getroffen werden.
12. Wann einer auf eine ehegelübte beschul-
diget und vorwenden würde, er hette der klägerin
allein die ehe conditionaliter zugesaget, so soll er
solche seine angezogene condition wie recht er-
weisen, oder3) in mangel des beweises, wofern
ziembliche praesumptiones verklagenden4) theil
pure zugesogter ehe mit bestande vorgebracht und
vorhanden sein möchten, mit einem leiblichen eide
zu beteuren, und sich also, dass er nicht pure,
sondern conditionaliter gehandelt, zu purgiren
schuldig sein, und darauf ferner was recht ist er-
kennet werden.
13. Die copler und coplerinnen, welche andern
leuten ihre kinder an sich in ihre heuser ziehen,
darinnen aufhalten, zur löffelei und geseufe ver-
sterken, daraus hernach winkelgelübde, auch wohl
hurerei und unzucht zu entspringen pfleget, wo
sie erfahren werden, sollen sie gefodert, darümb
ernstlich besprochen, auch dergleichen5) un-
gelegenheit sonsten gestrafet werden.

1) E.: so sich von erst mit einem andern oder
einer andern öffentlich verlobet hat.
2) E.: geachtet. 3) E.: und.
4) E.: von klagenden. 5) E.: auch nach
der gelegenheit.

III.
Von consens der eltern und ihrer gewalt über
ihre kinder in ehesachen.
Nach dem oft und viel klage kömpt und er-
fahren wird, dass die kinder dem vierten gebot
zu wider ihre eltern verachten, hindansezen, und
mit troz wider1) ihren wissen und willen freien,
sich verloben und verehelichen, auch dass hin
wieder die eltern ihres gewalts sehr übel und
müssbrauchen, die kinder über die zeit vom ehe-
stande aufhalten, sie zu solchen personen, dahin
sie nicht lust haben, zu zwingen, auch von per-
sonen, dahin sie liebe haben, zu reissen, und ob-
zuhalten, oder sonst oftmals ungebührlicher weise
zu versterken, so erheischet die hohe notturft,
dass auch in diesen stücke vorsichtiglich gefahren
und das rechte mittel getroffen werde, derowegen
soll es in diesen gehalten werden, wie folget.
1. Weil es recht2) und billig ist, dass die
kinder ihre eltern ehren, und also auch mit ihren
vorwissen, rath und willen freien sollen, und die
eltern diese ehre auch von ihren kindern haben
wollen, so sollen sie auch dieselbigen darzue selbst
mit fleiss ziehen, dass sie solche ehrerbietunge
und gehorsamb bei ihnen desto mehr haben mügen,
wo aber bisweilen das widerspiel ihnen begegnet,
mögen sie auch bedenken, dass es ihre eigene
schult sei, und dass sie durch unfleiss und un-
zeitige gelindigkeit darzu selbst haben ursach ge-
geben, und desto weniger auch hernach solches
ihres gewalts sich anmaassen.
2. Wann nun also die kinder bisweilen ohne
vorwissen und willen der eltern sich verloben,
doch mit solchen personen, die gutes geschlechtes
und namens seind, und bleiben in solcher liebe
bestendig, dass sie ohne gefahr der gewissen nicht
wol können getrennet werden, denn sollen die
eltern sich behandeln und bewegen lassen, nach-
mals darein zu consentiren und bewilligen, damit
nicht allein der jungen leute gewissen unbeschweret
bleiben, sondern auch dem andern theil, so ver-
lassen werden und sizen bleiben soll, nicht möge
an ehren oder sonsten verdacht und schmach zu-
gezogen werden.
3. Und damit die eltern desto eher zu solcher
einwilligunge mögen bewogen werden, so sollen
die jungen leute schuldig sein, und darzu auch
durch unsere consistoriales mit ernst angehalten
werden, dass3) sie sich für den eltern demütigen
und erkennen, dass sie unrecht gethan, dass sie
sich hinter ihr wissen und willen, und ihren rath
verlobet, und es ihnen abbitten und nachmals
ümb ihren consens und einwilligung bitten sollen.
4. Würden aber die eltern auch gar zu hals-
starrich sein, und sich gar nicht behandeln lassen
1) E.: hinter. 2) E.: noth.
3) E.: „dass sie sich — unrecht gethan“ fehlt.
 
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