Metadaten

Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (2. Band = 1. Abtheilung, 2. Hälfte): Die vier geistlichen Gebiete (Merseburg, Meissen, Naumburg-Zeitz, Wurzen), Amt Stolpen mit Stadt Bischofswerda, Herrschaft und Stadt Plauen, die Herrschaft Ronneburg, die Schwarzburgischen Herrschaften, die Reussischen Herrschaften, die Schönburgischen Herrschaften, die vier Harzgrafschaften: Mansfeld, Stolberg, Hohenstein, Regenstein, und Stift und Stadt Quedlinburg, die Grafschaft Henneberg, die Mainzischen Besitzungen (Eichsfeld, Erfurt), die Reichsstädte Mühlhausen und Nordhausen, das Erzbisthum Magdeburg und das Bisthum Halberstadt, das Fürstentum Anhalt — Leipzig: O.R. Reisland, 1904

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.26561#0231

DWork-Logo
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
41. Kirchen-agenda für die prediger der grafschaft Mansfeld. 1580.

217

Nach dem aber, sonderlich in dem taufbüch-
lein, etliche wenig gebet gesetzt werden, die im
alten zu erst verdeutschtem taufbüchlein auch
stehen, ist solches auch gar keiner bösen meinung
geschehen. Und sol dahin nicht verstanden noch
gedeutet werden, als wolte man die ordnunge,
die der heilige man gottes d. Luther seligen mit
christlichem rath anderer gottseliger lerer fur-
geschrieben, zubrechen, verandern oder gleich ver-
bessern , sondern es hat damit diese ursachen:
Erstlich ist es allhie zu Eisleben von anfang des
heiligen evangelii in allen kirchen stets also ge-
halten worden, das man dieselbigen gebete aus
dem alten taufbüchlein bei der taufe gebraucht
hat. Zum andern, so sind auch unser leutlein
solcher gebete also leufig und gewohnet, das es
one ergernis der einfeltigen schier nicht wol könte
geendert werden. Zum dritten, so gebraucht man
doch nur die, in welchen nichts unchristliches,
das wider die analogiam fidei stritte, zu finden ist.
Zum vierden, hat gedachter man gottes, d. Luther,
als er anno 1546. fur seinem seligen abschiede
etliche wochen alhie zu Eisleben gepredigt, kirchen
und schulen reformiret, und die ordnung der cere-
monien allenthalben besehen, solchen unsern brauch
zu teufen lassen bleiben, und unser ganze kirchen-
ordnunge als christlich und wolgestellet appro-
biret und also zu halten befohlen. Er hat auch
treulich darzu gerathen und an weisung gethan,
das in sein liebes Vaterland der ehrwirdige herr
m. Johan Spangenberg zu einem superintendenten
berufen worden ist, welchem das aufsehen und
die gubernation der kirchen also befohlen und zu-
gestellet worden, das durch seinen getreuen vleis
ware einigkeit der lere, fried und liebe zwischen
den dienern gute ordnunge der ceremonien er-
halten würde, und das nicht einem jeden seines
gefallens etwas in den kirchen anzurichten frei
stünde. Derselbe hat durch gottes gnade diese
ding also löblich erhalten und sampt den nach-
folgenden superintendenten, auch aus oben an-
gezeigten ursachen, diese unsere ordnung bleiben
lassen.
Noch haben wir gleichwol dieselben gebete
mit diesem gemerke gezeichnet. Ob sie jemand
umb kürze oder anderer ursachen willen aussen
lassen wil, das er solches wol thun und dis
büchlein so wol als die gemeinen agenden brauchen
kan.
Eben diese meinung hat es auch mit dem
trau büchlein. Welcher die kurze vermanung zum
eingang solches christlichen werks und die erinne-
rung an die eheleute bei der copulation, so aus
gottes wort genommen, und wie sich eines gegen
dem andern halten sol, berichtet, nicht gebrauchen
wil, der kan sie stehen lassen, und sonst nach
der forme der agenden sein ampt ausrichten. Wir
Sehling-, Kirchenordnungen. Bd. II.

habens also im brauch und also funden, darumb
lassens wirs auch also und können noch sollen
niemand daran binden. Verhoffen aber auch genz-
lich, es werde uns niemand, der es sonst christ-
lich verstehen und bedenken wil, darüber zu rede
setzen. Gott der vater aller gnade helfe uns
durch seinen heiligen geist, das wir alle thun,
was im zu ehren und seiner kirchen zur wolfart
gereichen möge, amen. Datum Eisleben den ersten
novemb. anno 1562.
M. Hieronymus Mencelius, superintendens
der grafschaft Mansfelt.
I.
Erinnerung der gevattern, oder der
paten halben.
Es ist frommen christen unverborgen, das
man zu der jungen kinderlein taufe die gevattern
umb dreierlei ursachen willen zu bitten pfleget.
Zum ersten, das sie den lieben kinderlein
irer taufe zeugen sein, damit sie nicht durch
widerteufer oder andere schwermer in zweifel
geführet werden, ob sie getauft sein oder nicht.
Zum andern, das sie den lieben kinderlein
mit irem gebete neben iren eltern dienen und
sie durch dasselbe zu dem herrn Christo tragen
und führen, das er sie in sein gnadenreich auf-
nemen und mit seinem blut von sünden reinigen
und in seine gerechtigkeit schmücken und kleiden
wolle, und bei solchem gebete müssen auch die
paten an der kindlein stat dem teufel, alle seinen
werken und wesen absagen, und dargegen den
glauben an gott den vater, den son, und den
heiligen geist bekennen und zusagen.
Zum dritten, das sie auch die kinder neben
den eltern und an stat der eltern (wo inen die-
selben mit tode abgangen weren) wenn sie zu
iren jaren komen sein, irer taufe erinnern, das
sie, wissen, wie sie durch dieselbige in den heiligen
bund gottes gesetzt sind, zugesagt haben, gott ge-
horsam zu sein, und als gottes kinder nach seinen
geboten zu leben, das sie ja desselben nicht ver-
gessen. Und weil diese hohe heilige werke von
keinen epicurern und unchristen verrichtet werden
können, so sollen christliche eltern wol zusehen,
was sie iren lieben kinderlein für paten bitten,
die inen nützlich dienen und sie auch zur gott-
seligkeit vermanen können. Denn es ist auch
frommen christen one das wol bekant, das in
gottes wort ernstlich geboten ist, das man mit denen,
so nicht unsers glaubens oder sonst mit offent-
lichen ergerlichen lastern beladen sind, und die
in unversöhnlichem hass und feindschaft leben,
nicht gemeinschaft haben kan , und können auch
solche leute, so lange sie halstarrig in iren sünden
bleiben, zu den hochwirdigen sacramenten keines
28
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften