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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (2. Band = 1. Abtheilung, 2. Hälfte): Die vier geistlichen Gebiete (Merseburg, Meissen, Naumburg-Zeitz, Wurzen), Amt Stolpen mit Stadt Bischofswerda, Herrschaft und Stadt Plauen, die Herrschaft Ronneburg, die Schwarzburgischen Herrschaften, die Reussischen Herrschaften, die Schönburgischen Herrschaften, die vier Harzgrafschaften: Mansfeld, Stolberg, Hohenstein, Regenstein, und Stift und Stadt Quedlinburg, die Grafschaft Henneberg, die Mainzischen Besitzungen (Eichsfeld, Erfurt), die Reichsstädte Mühlhausen und Nordhausen, das Erzbisthum Magdeburg und das Bisthum Halberstadt, das Fürstentum Anhalt — Leipzig: O.R. Reisland, 1904

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https://doi.org/10.11588/diglit.26561#0237

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41. Kirchen-agenda für die prediger der grafschaft Mansfeld. 1580.

223

Und du liebes kindlein, der herre beschere
dir treue leute, und gesegne dich auf allen deinen
wegen, von nu an bis in ewigkeit, †. Amen.
VI.
Wie man es halte, wenn einem weibe ir
kindlein stirbet, ehe sie aus den sechs-
wochen kömmet.
Wenn sich solche felle zutragen, das den
müttern ire kindlein mit tode abgehen, ehe die
zeit irer sechs wochen umb ist, so lesset mans mit
dem kirchgange bleiben, das solche weiber nicht
dürfen zum altar geleitet, und für den priester
gestelt werden, sondern das dieselben (wenn sie
zu irer gesundheit komen sind, und die zeit ires
kirchganges verhanden ist) stillschweigend mit
andern christen zur kirchen gehen und ir betrüb-
nis, darinnen sie von wegen des tödlichen abgangs
irer kinderlein sein, in warer demut unserem lieben
herrn gotte fürtragen, im glauben umb gedult
und trost und umb fernern segen nach gottes
willen bitten. Denn das man sie ohne kinder-
lein solte heissen für den priester zum altar des
herrn treten, möchte sie vielleicht noch mehr und
höher betrüben. Derwegen lest man es bei an-
gezeigter weise in solchen fellen bleiben.
Da sichs aber zutregt, das etwa an einem
orte eine oder mehr weibs personen weren,
welche die christlichen kirchgenge nach iren
sechswochen nicht wie andere gottselige weiber
halten, sondern dieselben aus keiner andern ur-
sache denn nur aus trotz, und also das einsegenen
und gebete uber sich und ire kinderlein ver-
achten wolten, die kan der pfarherr desselben
ortes darumb besprechen nach seinem ampte, von
solchem mutwillen abweisen, zur einhelligkeit und
gleichheit mit andern christlichen matronen zu
halten, und die gebete nicht so leichtfertig aus-
zuschlahen, noch genzlich zu verachten, vermanen,
und anhalten, und da sie sich auf solche ver-
manungen nicht gebürlich würden erzeigen und
vernemen lassen, solchs an den superintendenten,
und das consistorium gelangen lassen.
VII.
Erinnerung für dem trau büchlei n.
Weil viel leichtfertiger buben und bübin
umbher laufen, ire ehegenossen verlassen und an
unbekanten örtern inen andere geben lassen, und
unvorsichtige pfarrherrn oftmals mit grossem
ergerniss der kirchen betrogen werden, müssen
wir derhalben für dem traubüchlein d. Luthers
warnung und vermanung setzen, auf das sich die
pfarherrn darnach zuhalten wissen.
Also aber schreibet doctor Martinus Luther
tomo 5, Jenensi fol. 248.

Die pfarherrn sollen aufsehen und ir volk
vermanen und solche fahr anzeigen, nemlich also,
das kein bürger oder baur sein kind vergebe
einem unbekanten gesellen oder man, das auch
die oberkeit solcher hochzeit keine zulasse, und
der pfarherr derselben keine auf biete, vertraue
noch segne. Sondern es sei man oder weib, so
sie frembde und unbekant sein, sol man sie heissen
gute kundschaft schriftlich und mündlich bringen,
damit man gewiss werde, was sie für leute sein,
ob sie ledig oder ehelich, redlich oder unredlich
seind, wie etliche handwerks leute thun, die kunt-
schaft fordern von ires handwerks gnossen, wie
die münche auch gethan haben, die keinen auf-
nahmen, sie wusten denn, das er frei und niemand
mit verlöbnis oder schuld oder eigenthumb ver-
pflichtet were, wie viel mehr solte man solche
kundschaft fodern von fremden mans und weibes
personen, so zur ehe greifen wollen etc. Denn
wir sehens ja in der erfahrung, wie gesagt ist,
das die buben und bübin hin und wider laufen,
menner und weiber nehmen, allein das sie ire
büberei aus richten, darnach alles stelen, was sie
können und davon laufen und handlen mit der
ehe, wie die tattern und zigeuner, welche immer-
dar hochzeit machen und taufe halten, wo sie
hinkomen, das eine dirne wol zehen mal braut,
und ein kind wol zehen mal getauft wird etc.
Hactenus Lutherus.
Derwegen sollen die pfarherren mit allem
vleiss drauf sehen, das sie umb die copulation
nicht betrogen werden. Und da sie etwa an den
eingebrachten kundschaften der frembden per-
sonen bedenken und zweifel hetten, sollen sie
dieselben an den superintendenten und an das
consistorium bringen und darüber iren rath suchen.
Wo auch etwa personen komen, die die
ordentliche und gesetzte zeit des aufbietens nicht
auswarten wollen, sondern darzu eilen, das sie, ehe
denn breuchlich ist, zusammen gegeben werden,
so sollen in solchen fellen die pfarherren vleissige
erkundung nemen, aus was ursachen solch eilen
begeret und furgenomen werde, denn weil solchs
gemeiniglich verdacht hinder sich hat, nicht leicht-
lich darein willigen, sondern wo die ursachen er-
heblich und alles ohne verdacht ist, gleichwol
inen nicht eher wilfaren, es geschehe denn mit
des superintendenten und consistorii furwissen
und dispensation.
Da auch von leichtfertigen und ganz un-
bekanten frembden leuten, als zigeuner, tattern,
lansknechte, von den pfarherrn die copulation
und kinder taufe begeret würde, sollen sie an ob-
stehende d. Luthers worte gedenken, wie leicht-
fertig und betrieglich solche leute mit so hohen
und wichtigen sachen umb gehen, das sie derwegen
in ir suchen nicht leichtlich willigen, sondern die
 
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