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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (2. Band = 1. Abtheilung, 2. Hälfte): Die vier geistlichen Gebiete (Merseburg, Meissen, Naumburg-Zeitz, Wurzen), Amt Stolpen mit Stadt Bischofswerda, Herrschaft und Stadt Plauen, die Herrschaft Ronneburg, die Schwarzburgischen Herrschaften, die Reussischen Herrschaften, die Schönburgischen Herrschaften, die vier Harzgrafschaften: Mansfeld, Stolberg, Hohenstein, Regenstein, und Stift und Stadt Quedlinburg, die Grafschaft Henneberg, die Mainzischen Besitzungen (Eichsfeld, Erfurt), die Reichsstädte Mühlhausen und Nordhausen, das Erzbisthum Magdeburg und das Bisthum Halberstadt, das Fürstentum Anhalt — Leipzig: O.R. Reisland, 1904

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https://doi.org/10.11588/diglit.26561#0265

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Die Grafschaft Hohenstein und das Gericht Wintzingerode oder Bodenstein.

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Ernst V. starb 1552 als Katholik. Seine Söhne Ernst VI., Volkmar und Eberwein
führten die Reformation ein. Vgl. Reichhardt, a. a. O. S. 16, 17; Wintzingerode, a. a. O.
S. 1, 39.
Nachdem der Augsburger Religionsfriede die Existenz der neuen Lehre garantirt hatte,
hielten die Brüder am 27. März 1556 mit ihren Ständen und Pfarrern eine Synode ab, in welcher
das Festhalten an der Augsburger Confession beschlossen wurde.
Ernst VI. starb 1562, Eberwein 1568, Volkmar 1580. Als letzter Sprosse des Grafen-
geschlechts trat Graf Ernst VII., Volkmar’s Sohn, die Regierung an. Er hielt 1583 in Walken-
ried eine Synode ab und theilte den Versammelten mit, dass er in Walkenried ein Consistorium
eingerichtet habe. Dieses Consistorium war zusammengesetzt aus den Predigern zu Walkenried,
Ellrich und einigen weiteren Predigern, und hatte die Befugniss, die anzustellenden Geistlichen
zu examiniren und zu ordiniren.
Ernst VII. starb 1593 und mit ihm erlosch das Grafengeschlecht. Die weitere Terri-
torialgeschichte interessirt hier nicht. Ordnungen sind mir für die Grafschaft Hohenstein selbst
nicht bekannt geworden, dagegen wohl für ein Lehen der Grafen, nämlich das Gericht Wintzin-
gerode oder Bodenstein.
Aus dieser sogleich zu nennenden Ordnung erfahren wir, dass in Hohenstein, wie das
bei der territorialen Lage und den bestehenden staatsrechtlichen Verhältnissen auch erklärlich
ist, die sächsische und die braunschweigische Agende im Gebrauche waren. Aber auch eine
besondere Ordnung für die Grafschaft Hohenstein muss vorhanden gewesen sein, denn die Worte
der Ordnung von Wintzingerode: „zum andern die kirchenceremonien eintrechtig, die dan gleich-
sam mehrentheils aus obbemelter unserer gnedigen herrschaft christlichen kirchenordnung con-
trahirt und auf unserer kirchen gelegenheit dirigirt und gerichtet“ können wohl kaum in einem
anderen Sinne gedeutet werden.
Näheres über diese Ordnung von Hohenstein ist nicht bekannt, um so werthvoller ist
daher die Ordnung von Wintzingerode, weil sie uns auch zugleich ein getreues Bild der Hohen-
stein’schen Verhältnisse liefert.
Im Kloster Walkenried wurde auf Betreiben der Grafen von Hohenstein am 5. October
1557 eine evangelische Schule eingerichtet. Ihr erster Rector Johannes Mylius (1557—1584)
verfasste eine lateinische Schul-Ordnung nach dem Vorbilde sächsischer und württembergischer
Ordnungen. Dieselbe ist abgedruckt bei Vormbaum, Evangelische Schul-Ordnungen 1, 548 ff.
II. Das Gericht Wintzingerode oder Bodenstein umfasste fünf Dörfer: Kalt-Ohmfeld,
Kirch-Ohmfeld, Tastungen, Wehnde und Wintzingerode und die einzelnen Höfe Adelsborn,
Bodenstein, Segel, Wildungen. Die Herren von Wintzingerode waren seit 1337 von den Landes-
herren, den Grafen von Hohenstein, mit diesem Gebiete belehnt, welches nur im Osten an ihre
eigenen Lande anstiess, sonst von den Mainzischen Besitzungen auf dem Eichsfelde umgeben
war. Wenn auch die Grafen von Hohenstein seit der Mitte des 16. Jahrhunderts ihre Hoheit
mehr als früher geltend zu machen suchten, so überliessen sie doch die Fürsorge für das
Kirchen- und Schulwesen den Lehnsbesitzern selbst. [Vgl. v. Wintzingerode, in: Zeitschr.
des Harzvereins, 24 (1891), S. 88 ff.].
Unter der Regierung des Grafen Ernst VII. von Hohenstein beschlossen die Herren von
Wintzingerode eine Kirchen-Ordnung zu publiciren. Die Vormünder der Söhne Johann’s von
Wintzingerode, Friedrich und Wilke, nämlich Borchardt von Bodungen und Friedrich von Esch-
wege, sowie Johann Friedrich von Wintzingerode, zugleich für seinen unmündigen Bruder Hein-
rich, nennen sich in der Ordnung als die erlassenden Herren. Die genauere Jahreszahl ist nicht
bekannt. Ebenso wenig der eigentliche Verfasser der Ordnung.
In dem nachher zu beschreibenden Original haben sich unterschrieben auf der linken
Seite: „Friedrich von Wintzingerode, Hansens seliger sohn“, „Hans Friedrich von Wintzingerode,
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