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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (2. Band = 1. Abtheilung, 2. Hälfte): Die vier geistlichen Gebiete (Merseburg, Meissen, Naumburg-Zeitz, Wurzen), Amt Stolpen mit Stadt Bischofswerda, Herrschaft und Stadt Plauen, die Herrschaft Ronneburg, die Schwarzburgischen Herrschaften, die Reussischen Herrschaften, die Schönburgischen Herrschaften, die vier Harzgrafschaften: Mansfeld, Stolberg, Hohenstein, Regenstein, und Stift und Stadt Quedlinburg, die Grafschaft Henneberg, die Mainzischen Besitzungen (Eichsfeld, Erfurt), die Reichsstädte Mühlhausen und Nordhausen, das Erzbisthum Magdeburg und das Bisthum Halberstadt, das Fürstentum Anhalt — Leipzig: O.R. Reisland, 1904

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https://doi.org/10.11588/diglit.26561#0267

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43. Kirchen-Ordnung für das Gericht Wintzingerode oder Bodenstein.

253

Reichensaxen in vormundschaft Hansen von Win-
tzingerode godtseligen sohnen als Friedrichs und
Wilkens, gebrüdern von Wintzingerode, dan ich
Hans Friedrich von Wintzingerode wegen meines
noch unmündigen brudern Henrich, aus anmanung
gotliches befehlichs und der notturft in gottes
namen uns einer christlichen wol meintlichen ver-
ordnung [corrigirt aus kirchenordnung] in unseren
erblichen gerichte Bodenstein wegen obrigkeit
und1) christlicher andacht unter einander ein-
mütiglichen verglichen und vereinbart itzo und
hinkünftig ewiglich also und dergestalt.
1. Erstlich das die lehr des heiligen evan-
gelii rein, keine ergerliche neuerung eingeführt,
besondern in einhelligem gleichen vorstande unserer
gnedigen herrschaft Honstein inhalts der christ-
lichen augspurgischen confession ohne einigen
neuen anhang gepredigt und gehandelt,
2. Zum andern die kirchen ceremonien ein-
trechtig, die dan gleichsam mehrentheils aus ob-
bemelter unserer gnedigen herrschaft christlichen
kirchenordnung contrahirt und auf unserer kirchen
gelegenheit dirigirt und gerichtet.
3. Zum dritten der predikanten und pfar-
hern leben und wandel ohn ergernuss menniglich
zu gutem exempel erhalten und volfurt mochte
werden.
Alles zur ehre und preis gottes, seines heiligen
namens, zur beforderung der christlichen kirchen
des reichs Christi, zur vortpflanzung des selig
machenden reinen worts gottes, zu trost und heil-
samer andacht der zuhorer darnach sich auch die
prediger und zuhorer in unserm gericht und juris-
diktion zu richten, in allwege schuldig sein sollen2).
I.
Von der lehre.
Die weil es gottes unser unwandelbar will
und gebot ist, das die kirchendiener als seiner
gotlichen majestät mundboten fleissig und treulich
studiren, und als pastores auf ihre seele vertraute
und anbefohlene scheflein mit gottes wort als auf
der grünen auen weiden sollen, auch einen harten
sentenz über die nachlessigen und untreuen hirten
fellet Ezech. 333) de manu tua requiram,
als wollen wir das unsere prediger mit herz-
licher anrufung hulf und beistand des heiligen
geistes (ohn welches kraft alle arbeit verloren)
fleissig lesen und meditiren sollen, darzu sie dann,
wie obgemelt, furnemlich der befehl gottes reizen
und vormanen soll. Sirach. 394). Wer die schrift
lernen und sich darauf geben soll, das er das
1) Die Worte „und christlicher andacht“ Zusatz
von der Hand Reichhelm’s.
2) „in allewege schuldig sein sollen“ ebenso.
3) Ezech. 33 V. 8. 4) Cap. 38 V. 25.

gesetze des hochsten lerne, der muss in den pro-
pheten studiren, er muss die geschichte der be-
rümten leute merken und denselbigen nachdenken,
was sie bedeuten und leren. Joh. 51): Forschet
in der schrift der apostel; Pauli 1. Timoth. 4 V. 13:
Haltet an mit lesen, mit vermanen, mit leren.
2. Timoth. 2 V. 15 : Befleissige dich godt zu er-
zeigen einen rechtschaffenen und unstreflichen
arbeiter, der da recht theile daz wort der warheit.
Und sollen demnach unsere prediger ja vor allen
dingen tegliches lesen und studiren die biblien,
die prophetische und apostolische schriften als
einer richtschnur stetz vor augen haben, darnach
sie alle ihre predigten, fälle, juditia und ganzes
ambt reguliren und anstellen sollen, auch ihre
predigten methodice und richtig concipiren, dor-
mit sie vornemlich auf daz subjectum prinzipalem
propositionem und heuptlehr sehen, und dieselbe
mit hellen claren sprüchen confirmiren nach dem
heuptbuch der heiligen biblien.
Sollen auch ihre predigten und leren nach
den treien bewerten symbolis, der reinen un-
geenderten augsburgischen confession, wie sie tom. 6
Jenens.2) in ihrem rechten authentia originali zu
befinden, deren apologia, schmalkaldischen articuln,
beiden catechismis Lutheri und andern seinen
bücher richten, alle ihre predigten vermittelst
gottlicher hülfe zu dem ende dirigirn, das sie zue
gottes ehren, zur besserung, zur erbauung gereichen
mogen, darmit die zuhorer ler, warnung3) und
trost daraus schopfen und nemen konnen.
Es sollen auch unser pastores beide vornemste
hauptstück der schrift, gesetz und evangelium mit
gleichem ernst führen und treiben, zu deme ihre
pfarrkinder mit allen treuen zue aller gottselig-
keit, gottesforcht, gebet, christlichem wandel und
billichem pflichtigen gehorsamb gegen ihre obrig-
keit, respectu officii anhalten und vormanen, dar-
neben in ihren predigten allerlei anliegende not
der christlichen kirchen dem lieben gott in dem
gemeinem gebet treulich vortragen, um abwendung
seines gefasten zorns und bevorab, das der liebe
gott uns und unsere nachkommen bei dem seligen
licht seines lieben worts gnediglichen erhalten
wolle, andechtig von herzen bitten und beten,
darzu dann der apostel Paulus ernstlich vormanet
1. Tim. 2 [folgen 1. Tim. 2 V. 1 — 2].
2.
Von den ceremonien.
Darmit dem gemeinen man und volk kein
ergernuss gegeben werden, und alles fein richtig
und ortenlich zugehe, so sollen sich die prediger
1) Joh. 5 V. 39. 2) Ausgabe der Werke
Luther’s Jena 6, 387 ff. 3) „warnung“ Zusatz
Reichhelm’s.
 
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