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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (2. Band = 1. Abtheilung, 2. Hälfte): Die vier geistlichen Gebiete (Merseburg, Meissen, Naumburg-Zeitz, Wurzen), Amt Stolpen mit Stadt Bischofswerda, Herrschaft und Stadt Plauen, die Herrschaft Ronneburg, die Schwarzburgischen Herrschaften, die Reussischen Herrschaften, die Schönburgischen Herrschaften, die vier Harzgrafschaften: Mansfeld, Stolberg, Hohenstein, Regenstein, und Stift und Stadt Quedlinburg, die Grafschaft Henneberg, die Mainzischen Besitzungen (Eichsfeld, Erfurt), die Reichsstädte Mühlhausen und Nordhausen, das Erzbisthum Magdeburg und das Bisthum Halberstadt, das Fürstentum Anhalt — Leipzig: O.R. Reisland, 1904

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https://doi.org/10.11588/diglit.26561#0286

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Die Grafschaft Henneberg.

Räthen eine Entscheidung treffen. Die betr., von den drei Geistlichen unterzeichnete Urkunde
steht abschriftlich bei Juncker. Zur Geschichte dieser Kloster-Säcularisirung s. auch noch
Juncker (Dresdener Handschrift, S. 253 ff.).
Im Jahre 1574 fanden eingehende Visitationen statt. Die Visitationsprotokolle der
Dekanate Schleusingen, Ilmenau, Suhl, Northeim, Kundorf, Wasungen, Themar s. im Henne-
bergischen Gem.-Archiv IV, B. 2, Nr. 11a.
IV. Die kirchliche Verfassung des Landes bestand ursprünglich lediglich in der Super-
intendentur. Eine höhere Instanz fehlte. Dieser Mangel hatte sich schon bald fühlbar gemacht,
namentlich bei Ehestreitigkeiten. So hatte denn der Graf schon im Jahre 1551 Melanchthon
um Rath gebeten. (Vgl. das Schreiben bei Weinrich, a. a. O. S. 295.) Das Concept zu dem
Schreiben des Fürsten an Melanchthon, in welchem er diesem zugleich die von Aquila aus-
gearbeitete „Getreue unterweisung vor die jungen priester wie sie sich in ihrem amte mit strafung
der sünden rechtschaffen halten solten“ zur Begutachtung überschickt, habe ich im Henneberg.
Gem.-Archiv IV, B. 2, Nr. 1 gesehen.
Melanchthon empfahl als das Beste die Errichtung eines Consistoriums und wiederholte
diesen Rath in einem weiteren, auch von Bugenhagen und Georg Major unterzeichneten Gut-
achten. Aber die Bedenken des Grafen waren nicht beschwichtigt, er fragte nochmals an, ob
durch dergleichen Consistorium nicht etwas entstehe, das nach papistischem Sauerteige schmecke
und ob nicht dadurch der Arm der Obrigkeit verkürzt werde. Die obigen Gutachter und auch
Jonas beruhigten den Grafen.
Wann nun das Consistorium wirklich errichtet worden ist, ist bestritten. Spangen-
berg, Chronicon Hennebergense S. 273, schreibt: „Anno 1574 hat F. Georg Ernst in der graf-
schaft Henneberg im kirchenregiment etliche ding geändert, ein consistorium angestellet, gewisse
kirchenräthe gesetzt, und dergleichen ordnunge gemacht und sonderlich verordnet, dass stetig
30 stipendiaten unterhalten werden sollen. Item dass aus dem schulkasten (wie
mans nennet) auch der verstorbenen wolverdienten pfarrhern und prediger nachgelassene arme
wittfrauen ihre unterhaltung haben möchten.“
Diese Nachricht stellt Weinrich in Zweifel. Auf Grund der oben berichteten Corre-
spondenz setzt er die Entstehung 15 Jahre früher an, meint aber auch, dass „es gleich nicht
gar zum stand kommen“ ; 1574 seien nur einige Veränderungen vorgenommen worden. Ähnlich
berichten die Neueren. Vgl. Gebhardt, Thüring. Kirchengeschichte 1, 201; Brückner, in:
Neue Beiträge zur Geschichte deutschen Alterthums, herausgegeben von dem henneberg. alter-
thumsforschenden Verein, 2. Lieferung (1863), S. 15 ff.
Juncker erzählt: „Im Jahre 1571 wurden zwei Generalvisitationen angerichtet. Visi-
tatoren waren Abel Schertiger, Thomas Schaller, M. Josua Lonerus und Peter Streck, Theologen
und Kirchenräthe. Am 3. Mai 1571 war statt der bisherigen Manier, die Kirchen durch einen
Generalsuperintendenten zu regieren, welcher bis dahin Fischer gewesen war, eine andere, bequeme
Weise, durch einen Kirchenrath oder Consistorium, eingeführt und dazu vier Personen ernannt
worden: Abel Schertiger, Hofprediger und Pfarrer zu Wasungen, Thomas Schaller, Pfarrer zu
Massfeld, M. Josua Lonerus, Pfarrer zu Meiningen, und Petrus Streck, Pfarrer zu Suhla (weil
M. Jacob Fohrmann, Pfarrer zu Schleusingen, nicht annahm), und ein Politicus, zuerst D. Wolf-
gang Röph, nebst einem Secretär. Die Besoldung geschah aus dem geistlichen und Schulkasten zu
Schleusingen. Am deutlichsten erhellt die ganze Einrichtung aus der durch einen ausländischen
vornehmen doctorem theologiae und einen ausschuss des ministerii der ganzen herrschaft Henne-
berg verfassten wie auch von allen weltlichen edlen und gelehrten hof- und landräthen wolzeitigen
und stattlichen berathschlagungen gewilligten und aufgerichteten visitation-und consistorial-
ordnung, wie dieselbe namentlich der hennebergische kirchenrath anno 1579 in einem gewissen
 
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