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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (2. Band = 1. Abtheilung, 2. Hälfte): Die vier geistlichen Gebiete (Merseburg, Meissen, Naumburg-Zeitz, Wurzen), Amt Stolpen mit Stadt Bischofswerda, Herrschaft und Stadt Plauen, die Herrschaft Ronneburg, die Schwarzburgischen Herrschaften, die Reussischen Herrschaften, die Schönburgischen Herrschaften, die vier Harzgrafschaften: Mansfeld, Stolberg, Hohenstein, Regenstein, und Stift und Stadt Quedlinburg, die Grafschaft Henneberg, die Mainzischen Besitzungen (Eichsfeld, Erfurt), die Reichsstädte Mühlhausen und Nordhausen, das Erzbisthum Magdeburg und das Bisthum Halberstadt, das Fürstentum Anhalt — Leipzig: O.R. Reisland, 1904

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https://doi.org/10.11588/diglit.26561#0288

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Die Grafschaft Henneberg.

Ihn lud er wiederholt im Jahre 1573 ein, persönlich nach Henneberg zu kommen und den
Kirchenrath einzurichten. Er möge auch gleich zwei tüchtige Personen mitbringen, von denen
man den einen zum Probst, den anderen zum assessor consistorii befördern könne, am besten
bisherige Mitglieder des Württemberger Kirchenraths. Man sieht, Georg Ernst hatte das württem-
bergische Vorbild im Auge. So viel man weiss, kam Andreae (der übrigens um diese Zeit
leidend gewesen sein muss) nicht persönlich, sondern begnügte sich mit schriftlichen Gutachten.
Der Fürst constituirte schliesslich seinen Kirchenrath ausschliesslich aus heimischen Kräften.
Für die Geschichte des Kirchenraths liefert diese Correspondenz mit Andreae reiches
Material. So schreibt der Fürst am 27. Januar 1573, er sei durch Krankheit bisher an der
Errichtung des Kirchenraths verhindert worden; als Secretär des Consistorii und politischen
Rath habe er Jacob Kindler in Aussicht genommen; am 27. März 1573 theilt der Fürst mit,
dass Abel Scherdinger, sein Hofprediger, der ihn auf Reisen zu begleiten pflege, selbstver-
ständlich Assessor werden solle; da er, der Fürst, aber nicht, wie der Herzog von Württemberg,
zwei Hofprediger habe, müsse er noch einen weiteren Assessor ernenen; er leide so stark am
Fieber, dass er an das Werk noch nicht gehen könne; Andreae möge mit Rath und That bei-
stehen, am besten, wenn irgend möglich, selbst kommen.
Auch einen anderen Württemberger zog der Fürst zu Rathe. In einem vertraulichen
Schreiben vom 24. Januar 1573 wandte er sich an Mag. Balthasar Bidembach, Propst zu Stutt-
gart , um Zusendung der württembergischen Kirchenraths-Ordnung. In dem im Henneberg.
Gem.-Archiv IV, B. 2, Nr. 1 im Original erhaltenen Antwortschreiben Bidembach's bemerkt
dieser: Er habe das fürstliche Schreiben am 14. Februar erhalten und daraus ersehen, dass
der Fürst einen Kirchenrath bestellen und dazu die Kirchenraths-Ordnung seines Schwagers,
des verstorbenen Herzogs Christoph, einsehen wolle. Er könne den Fürsten nur auf die gedruckte
grosse Kirchen-Ordnung von 1559 verweisen, in welcher Bl. 258 ff. ein besonderer Abschnitt
von „Verordnung des kirchenraths bei unserer canzlei auch expedition“ handele. Ausser
dieser gedruckten Ordnung existire noch eine ungedruckte Kanzlei-Ordnung, „darinnen den
dreien unterschiedlichen expeditionibus bei der canzlei als den obernräthen, den cammerräthen
und den kirchenräthen fürgeschrieben“, und die jährlich ein- oder zweimal vorgelesen werde.
Für den Kirchenrath fänden sich übrigens in der letzteren nur Bestimmungen über Finanz-
verwaltung und Rechnungsführung; was die eigentlichen geistlichen Angelegenheiten betreffe,
so werde auf die gedruckte Kirchen-Ordnung verwiesen. Damit der Fürst aber sehe, wie
diese Kirchen-Ordnung thatsächlich gehandhabt werde,' wolle er ihm einen Bericht über die
Praxis des Consistoriums erstatten. (Diesen Bericht werde ich an anderer Stelle publiciren.)
Darauf ertheilte der Fürst seinem Gesandten Melchior von der Thann den Auftrag, dem
Propst für seine Auskunft zu danken und ihm 15 Thaler „zu einer geringen anzaig s. f. gn.
dankbarkeit“ zu überreichen, zugleich sich aber weiter über das Verfahren erkundigen, welches
in Württemberg „gegen sektirer, widertäufer, Schwenkfelder, sakramentirer und andere so sich
nicht weisen lassen wollen“ gehandhabt werde.
Im Henneberg. Archiv findet sich noch eine weitere württembergische Verordnung in
Handschrift vor, nämlich „Von gottes gnaden unser Christof herzogen zu Württemberg etc.
manuduction und erklärung etlicher articul, in unser zuvor im truck publizirter kirchenordnung
begriffen.“ Diese geheime Instruktion ist offenbar ebenfalls auf Ersuchen des Fürsten von
Württemberg eingeschickt worden. Auf sie bezieht sich vielleicht ein Schreiben Bidembach's
vom 15. April 1573 an den Fürsten, in welchem Bidembach mittheilt, dass er das Libell, welches
recht gross sei, abschreiben lassen werde, nachdem sein Landesherr, der Herzog, die Erlaubniss dazu
auf sein Ansuchen ertheilt habe. (Vgl. zum Vorstehenden Henneberg. Gem.-Archiv IV, B. 2, Nr. 1, 3.)
Ferner liess sich der Fürst die Wittenberger Consistorial-Ordnung von 1542 zusenden
(liegt in Abschrift im Henneberg. Gem.-Archiv IV, B. 2, Nr. 3) und die Ordnung für das Con-
 
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