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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (2. Band = 1. Abtheilung, 2. Hälfte): Die vier geistlichen Gebiete (Merseburg, Meissen, Naumburg-Zeitz, Wurzen), Amt Stolpen mit Stadt Bischofswerda, Herrschaft und Stadt Plauen, die Herrschaft Ronneburg, die Schwarzburgischen Herrschaften, die Reussischen Herrschaften, die Schönburgischen Herrschaften, die vier Harzgrafschaften: Mansfeld, Stolberg, Hohenstein, Regenstein, und Stift und Stadt Quedlinburg, die Grafschaft Henneberg, die Mainzischen Besitzungen (Eichsfeld, Erfurt), die Reichsstädte Mühlhausen und Nordhausen, das Erzbisthum Magdeburg und das Bisthum Halberstadt, das Fürstentum Anhalt — Leipzig: O.R. Reisland, 1904

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https://doi.org/10.11588/diglit.26561#0310

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296

Die Grafschaft Henneberg.

Formen und notel der eide, darmit die
eltisten, pfarherrn, decani, kirchen-
räth, samt desselben secretario sollen
verpflicht werden.
1. Eltisten.
Ir werdet geloben und schweren, das ir als
sonderlich dazu auserkorne, verordnete aufseher
und zuchthalter nach eurem besten verstand, wissen
und vermugen auf aller euer nachbar und nach-
barinnen, derselben kinder, gesind oder sonst haus-
genossen und wer in euer gemeind ist, hoch oder
niedrig, reich oder arm, geistlich oder weltlich, in
einem amte oder nur für sich selber, getreulich,
ernstlich und fleissig aufmerken, zusehen wollet,
wo jemand derselbigen inhalts euch verlesener
visitationsfragen mit worten oder mit werken zu
einem oder mehr malen, es sei gleich heimlich
oder auch offentlich, viel oder wenig verbreche,
misshandele, oder sich einer misshandlung halben
verdechtig machete, was ir also selber sehet, höret
oder glaubwirdig erfahret, das wollet ir auf der
stedte unverzüglich einer dem andern seinen ge-
sellen anzeigen und keiner des andern anzeigung
nachsagen sondern bis auf die visitation ver-
schwiegen halten. Wan dan ir in volgenden visi-
tationen nach ordnung der puncten befragt werdet,
so wollet ir samptlich und sonders, ein jeder seines
besten wissens gute zurichtige antwort nach allen
umstenden geben, und dieses falls keines menschen
. verschonen. Alles getreulich und ohne
geverde.
[Es folgen die übrigen Eide.]
Von büchern, die im consistorio stets
beihanden gehalten werden sollen.
Zum ersten soll in dem consistorio von papier
ein buch eingebunden vorhanden sein, dorein alle
pfarren nach ordnung der dekanaten, sampt deren
zugehörigen caplaneien, filialen, schuldiensten,
spitalen, kirchen und anderm verzeichnet, was
nemlich deren ein itliches fur liegende gründe, ge-
rechtigkeit, zugehörung, einkommens.
2. Ein Buch mit den Personalien der Stellen-
inhaber; u. A. „wie mit der vorigen wittwen ver-
tragen “.
3. Ein Buch mit den sämmtlichen Anord-
nungen des Kirchenraths, „gleich als acta con-
sistorii“.
4. Ein Buch, in welchem die Urtheile anderer
Consistorien, Gutachten Gelehrter u. s. w. ge-
sammelt werden.
5. Die laufenden Akten des Kirchenraths
(Klagen, Zeugenaussagen, Rathschläge, Urtheile).
6. Ein Buch mit allen Einläufen, Missiven.
7. Zwei Register, nach dem Alphabet geordnet;
das eine mit den Namen der Pfarrer und Lehrer, das

andere mit den Namen der Parteien, welche vor
dem Kirchenrath processirt haben, unter Verweisung
auf die Seiten, auf denen sie in den Büchern vor-
kommen.
Vom process, der in unserm kirchen-
gericht oder rath soll gehalten werden.
[Zunächst soll, wenn einer aus dem Rathe
den Anderen an Glauben oder Leben „verdechtig
und tadelhaftig“ erscheint, deswegen mit ihm ver-
handelt, gegebenenfalls Anzeige an den Fürsten
erstattet, bis dahin aber seine Amtsthätigkeit im
Kirchenrathe suspendirt werden.]
Zum andern, wan ferner die kirchenräthe
streitige sachen, als klage und antwort annemen,
do sollen sie zusehen, das ja in gottes, der kirchen,
auch eines itlichen seines selbst glaubens, gewissens,
leer oder lebenssachen keiner parteien gestattet
werde, sich mit wortredern und procuratoren ver-
treden zu lassen, sondern der kleger soll seine
beschwerunge gereumlich, zuvor durch eine ge-
zwifachte supplications- oder klagschrift in forma
querelae simplicis unseres kirchenraths secretario
überantworten, der soll es den kirchenräthen zu-
stellen und aus derselben bedenken beklagten mit
einschliessung der einen klagschriften (wo solchs
verbitterung halben nicht bedenklich, sonst
solches fals nur samt einem glimpflichen auszuge)
citiren, do sollen sie auf ernenten termin alle
bede, mund gegen mund, in der person furkommen
und gegen einander gehöret werden. [Dieser Ab-
schnitt war erst durchstrichen, wurde dann wieder
für gültig erklärt, wie eine gleichzeitige Rand-
bemerkung ausdrücklich betont.]
Von der kirchen censur.
[Ergiebt sich aus den Visitationen der Dekane,
dass über einen speciellen Verstoss gegen christ-
liche Zucht besonders zu inquiriren ist, so soll
der Kirchenrath den Beschuldigten citiren und
abhören.]
„Besonders aber, was anbelangt sachen, die
in der visitation durch die geschworne rugen be-
funden und in den kirchenrath bracht, do sol
dieselbige ruge für ein solche denuntiation ge-
halten werden, wie etwa für elters in der kirchen
gebreuchlich gewesen, und auch zu Luthers zeiten
also verordnet worden, das nemlich dem beruch-
tigten oder verdechtigen eine purgation auf seine
verneinung auferlegt werden muge, doch nach er-
messung der gelegenheit und grosse der uber-
tretungen, ob derhalben weiter inquisition zu thun
oder ander beweisung von nöten, in welchem fall
die denuntianten oder ruger alleine oder neben
in andere zu dem zeugnus erfordert sollen werden,
welches nach gelegenheit jeder hand sachen im
 
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