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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (2. Band = 1. Abtheilung, 2. Hälfte): Die vier geistlichen Gebiete (Merseburg, Meissen, Naumburg-Zeitz, Wurzen), Amt Stolpen mit Stadt Bischofswerda, Herrschaft und Stadt Plauen, die Herrschaft Ronneburg, die Schwarzburgischen Herrschaften, die Reussischen Herrschaften, die Schönburgischen Herrschaften, die vier Harzgrafschaften: Mansfeld, Stolberg, Hohenstein, Regenstein, und Stift und Stadt Quedlinburg, die Grafschaft Henneberg, die Mainzischen Besitzungen (Eichsfeld, Erfurt), die Reichsstädte Mühlhausen und Nordhausen, das Erzbisthum Magdeburg und das Bisthum Halberstadt, das Fürstentum Anhalt — Leipzig: O.R. Reisland, 1904

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https://doi.org/10.11588/diglit.26561#0376

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Die mainzischen Besitzungen (Eichsfeld, Erfurt).

Leben in Erfurt beim Ausgange des Mittelalters, in: Schriften des Vereins für Reformations-
geschichte. Halle 1898; Smend, Die evangelischen deutschen Messen bis zu Luther’s deutscher
Messe. Göttingen 1896; Martens. Die formula visitationis ecclesiae Erfurtensis aus dem
Jahre 1557. Erfurt 1897. Programm des Real-Gymnasiums; Derselbe, in: Jahrbüchern der
königl. Akademie gemeinnütziger Wissenschaften zu Erfurt, N. F. Heft XXIV. (Wann ist
das Erfurter Ministerium als geistliche Behörde entstanden?) Auch separat erschienen:
Erfurt 1898; Derselbe, in: Mittheilungen des Vereins für die Geschichte und Alterthums-
kunde von Erfurt. Heft 18, 91 ff.; vgl. ferner Mittheilungen des Vereins für die Geschichte und
Alterthumskunde von Erfurt. 1877. Heft 8, 69 ff.
Archive: Rathsarchiv Erfurt, Kgl. Bibliothek zu Berlin.
I. Die staatsrechtliche Lage der Stadt Erfurt war zu Beginn der Reformationszeit
nicht völlig geklärt. Während die Stadt nach Reichsstandschaft strebte und auch in den Be-
sitz von mancherlei Regalien gekommen war, musste sie im Vertrage zu Hammelburg 1530
wieder die Oberherrschaft von Kurmainz anerkennen.
Wenn auch die evangelische Lehre, die frühzeitig Eingang gefunden hatte, der Stadt
erhalten blieb, wenn auch ferner die Gegenreformation, welche Kurfürst Daniel seit 1574 in
seinen thüringischen Gebieten ins Werk setzte (vgl. I.), in Erfurt wenig Erfolge zu erzielen
vermochte (vgl. Gebhardt, 2, 271 ff., 386 ff.), so war doch begreiflicher Weise die Situation
der evangelischen Kirche immer nur eine unsichere. Man vergleiche den Bericht des Mühl-
berger Pfarrers Ulrich Bär von 1548 (abgedruckt in: Mittheilungen des Vereins für die Ge-
schichte und Alterthumskunde von Erfurt, 1877. Heft 8, 69 ff.) und Martens, Formula visita-
tionis etc., S. 1 ff., welcher mit Recht hervorhebt, wie prekär die rechtliche Lage der Erfurter
Prädicanten war, die sich auf kein Anstellungsdecret des Rathes berufen konnten. So ist es
auch ganz erklärlich, wie Martens weiter ausführt, dass die Bildung der evangelischen Ge-
meinde, insonderheit die höhere Organisation des Ministeriums, sich ohne Mitwirkung des Rathes
aus eigenen Kräften vollziehen musste und vollzog. Erst als der Religionsfrieden von 1555 der
neuen Lehre reichsrechtliche Anerkennung gebracht hatte, durfte man sich freier regen und die
umliegenden evangelischen Gemeinden zu einem grösseren Verbande zusammenfassen. Man schritt
zu einer Visitation, welche namentlich die Verhältnisse der im Erfurter Landgebiete liegenden
evangelischen Gemeinden betraf. Es war dies die einzige Visitation, welche im 16. Jahrhundert
im Erfurt’schen stattfand. Die Pastoren in der Stadt (pastores in urbe) regten die Visitation
an, der Rath genehmigte dieselbe, und die städtischen Geistlichen führten sie aus. Das Proto-
koll der Visitation vom 22. Januar 1557 ist in zwei Abschriften des 17. Jahrhunderts erhalten,
von denen die eine — lateinisch, wohl das Original wiedergebend — in der königl. Bibliothek
zu Berlin (Manuscr. borussica, 40, 140), und eine zweite — deutsche Übertragung — im Raths-
archive zu Erfurt (A. B. III, 115) liegt. Die erstere hat Martens, Die formula visitationis,
a. a. O. S. 4/5 abgedruckt.
Diese wichtige Urkunde über die kirchlichen Verhältnisse des Erfurter Gebiets soll in
Ermangelung einer Ordnung auch hier nach dem Martens’schen Drucke aufgenommen
werden. (Nr. 73.)
Zu der deutschen Fassung vgl. die Anmerkungen von Martens. Bemerkenswerth ist
die Fassung der fünften Frage: „Ob sie in ihren kirchen auch christliche und gottselige cere-
monien, wie die in der kirchenagenden dieser lande beschrieben und die gesenge Lutheri
brauchen und halten?“ Im Schlussabsatz heisst es für „coram pastoribus“: „bei dem ministerio“.
Wenn das Ministerium, d. h. die Gesammtheit der Pfarrer in der Stadt, mit Zustimmung
des Rathes durch Vertrag mit den Landpfarrern auch über diese Landgemeinden die Auf-
sicht in Kirchen- und Schulsachen erhalten hatte, so kann doch von einer wirklichen Organi-
sation zu einer Art Consistorium, insbesondere von einer ausschliesslichen Competenz zur
 
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