73. Formula visitationis ecclesiae Erfurtensis. Vom 22. Januar 1557.
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neuen Amtes legen möchte, welche doch Sachkenntniss und liebevolles Vertiefen in die Originale
seitens eines Theologen voraussetzt), dass ich die interessante Bearbeitung von 1525 nach
Martens, a. a. O. S. 98 ff. abdrucken möchte. (Nr. 76.)
Man hätte vielleicht die Abweichungen des ersten Erfurter Amts von der Münzer-
schen Messe oben bei dieser in Bd. I S. 471 in Anmerkungen wiedergeben können. Aber einmal
hat das Erfurter Amt ein ganzes Amt neu eingefügt und weiter sind die vielen kleinen Ab-
weichungen (Umstellungen, Zusätze und Abänderungen einzelner Worte) doch so zahlreich,
dass man so kein rechtes Bild von der Erfurter Bearbeitung erhalten hätte. Übrigens hatte
Münzer in seiner Messe, Vorrede (vgl. Bd. I, S. 498, Spalte 2, Zeile 20 von unten) zu Zusätzen
und Veränderungen geradezu aufgefordert.
Da eine andere Gottesdienst-Ordnung nicht bekannt ist, so dürfte Justus Menius
diese im Sinne gehabt haben, als er in einem Briefe von 1551 an alle „Diener der Erfurter
Kirche“ von einer Kirchen- oder Gottesdienst-Ordnung sprach, welche durch ihrer aller Be-
schluss eingerichtet sei. (Vgl. Martens, Formula visitationis, S. 9.)
Eine erschöpfende Kirchen-Ordnung hat Erfurt nie erhalten. [Vgl. die Klage des Seniors
Melchior Weidmann (Martens, Wann entstand u. s. w., S. 41)]; nicht einmal eine „sonderbare
beschriebene Eheordnung“ besass das Ministerium, sondern es procedirte „auf mass und weise,
wie bei andern der augspurgischen confession zugethanen zu geschehen pflegt“. (Vgl. Schreiben
des Seniors Modestinus Weidmann vom 17. April 1616. Martens, Wie entstand u. s. w.,
S. 41.) Man richtete sich also nach anderen Ordnungen, wahrscheinlich den sächsischen.
IV. Nicht unerwähnt soll bleiben ein liturgisches Formular für die Taufe eines er-
wachsenen Juden, vielleicht das erste in der evangelischen Kirche. In der Schrift „Underricht
und verhör, Egidi Meche/lers und magistri Sigismundi Kirchners/eines jüdischen katechumenici,
welcher sich zum/christenthumb begeben, und getauft ist, worden in Erfurd, im jar/1539, sontag
Letare“ bildet den Anfang eine „Ordenung der/heiligen taufe des/catechumenici/aus der jüden/
schaff, gehalten in der predi-/ger kirche zu Erfurd durch/Egidium Mecheler als den/teufer, im
jar 1539/sonntag Letare“. Das Nähere über diese Schrift, welche gewiss allgemeines Interesse
beansprucht, aber doch als zu konkret gedacht in unserer Sammlung nicht abgedruckt werden
soll, vgl. bei Kawerau in: Zeitschrift für kirchliche Wissenschaft und kirchliches Leben
10, 598 ff.
Über das Schulwesen vgl. Erhard, a. a. O. S. 70 ff.; Martens, Formula visitationis,
S. 17 ff. Über das Hospital- und Armenwesen vgl. Beyer, in: Mittheilungen des Vereins für
die Geschichte etc. von Erfurt. 19, 127 ff.
73. Formula visitationis ecclesiae Erfurtensis. Vom 22. Januar 1557.
[Nach dem Druck von Martens, a. a. O. S. 4.]
Quod cedat in gloriam dei, aedificationem
ecclesiae et animarum multarum salutem!
Cum varia hoc tempore fiant schismata in
ecclesia variaeque corruptelae in doctrina, ut ne-
cessaria sit conjunctio et concordia docentium, cum
etiam de quibusdam pastoribus extra urbem spar-
gantur rumores, quod in doctrina sana parum sint
confirmati et quod in vita sint culpabiles, ut ne-
cessaria sit inspectio, nos pastores ecclesiae Christi
in urbe Erfurtensi permissione et consensu pru-
dentissimi senatus nostri convocavimus pastores eccle-
siarum extra urbem, quae sunt sub ditione reipubli-
cae Erfurtensis, una cum ludimoderatoribus et
aedituis, heimburgern et senioribus pagorum, et
pastores de sequentibus articulis interrogavimus:
I. De doctrina: An evangelia in dominicas
a veteribus distributa doceant juxta enarrationem,
quae in postillis d. Mart. Luth. continetur?
II. De tabula, quae vulgo domestica vocatur:
An tabulam, quae continet nuda verba decalogi,
symboli, orationis dominicae, baptismi, caenae domi-
nicae, recitent ante tractationem sancti evangelii?
III. De catechismo: An enarrationem deca-
logi, symboli, orationis dominicae et sacramen-
torum, quae extant in parvo catechismo Lutheri,
diebus dominicis et in septimana proponant populo
et juventuti ?
IV. De diebus festis: An rejectis et abolitis
papisticis et superstitiosis festis sanctificent prae-
dicatione et tractatione verbi divini, oratione et
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neuen Amtes legen möchte, welche doch Sachkenntniss und liebevolles Vertiefen in die Originale
seitens eines Theologen voraussetzt), dass ich die interessante Bearbeitung von 1525 nach
Martens, a. a. O. S. 98 ff. abdrucken möchte. (Nr. 76.)
Man hätte vielleicht die Abweichungen des ersten Erfurter Amts von der Münzer-
schen Messe oben bei dieser in Bd. I S. 471 in Anmerkungen wiedergeben können. Aber einmal
hat das Erfurter Amt ein ganzes Amt neu eingefügt und weiter sind die vielen kleinen Ab-
weichungen (Umstellungen, Zusätze und Abänderungen einzelner Worte) doch so zahlreich,
dass man so kein rechtes Bild von der Erfurter Bearbeitung erhalten hätte. Übrigens hatte
Münzer in seiner Messe, Vorrede (vgl. Bd. I, S. 498, Spalte 2, Zeile 20 von unten) zu Zusätzen
und Veränderungen geradezu aufgefordert.
Da eine andere Gottesdienst-Ordnung nicht bekannt ist, so dürfte Justus Menius
diese im Sinne gehabt haben, als er in einem Briefe von 1551 an alle „Diener der Erfurter
Kirche“ von einer Kirchen- oder Gottesdienst-Ordnung sprach, welche durch ihrer aller Be-
schluss eingerichtet sei. (Vgl. Martens, Formula visitationis, S. 9.)
Eine erschöpfende Kirchen-Ordnung hat Erfurt nie erhalten. [Vgl. die Klage des Seniors
Melchior Weidmann (Martens, Wann entstand u. s. w., S. 41)]; nicht einmal eine „sonderbare
beschriebene Eheordnung“ besass das Ministerium, sondern es procedirte „auf mass und weise,
wie bei andern der augspurgischen confession zugethanen zu geschehen pflegt“. (Vgl. Schreiben
des Seniors Modestinus Weidmann vom 17. April 1616. Martens, Wie entstand u. s. w.,
S. 41.) Man richtete sich also nach anderen Ordnungen, wahrscheinlich den sächsischen.
IV. Nicht unerwähnt soll bleiben ein liturgisches Formular für die Taufe eines er-
wachsenen Juden, vielleicht das erste in der evangelischen Kirche. In der Schrift „Underricht
und verhör, Egidi Meche/lers und magistri Sigismundi Kirchners/eines jüdischen katechumenici,
welcher sich zum/christenthumb begeben, und getauft ist, worden in Erfurd, im jar/1539, sontag
Letare“ bildet den Anfang eine „Ordenung der/heiligen taufe des/catechumenici/aus der jüden/
schaff, gehalten in der predi-/ger kirche zu Erfurd durch/Egidium Mecheler als den/teufer, im
jar 1539/sonntag Letare“. Das Nähere über diese Schrift, welche gewiss allgemeines Interesse
beansprucht, aber doch als zu konkret gedacht in unserer Sammlung nicht abgedruckt werden
soll, vgl. bei Kawerau in: Zeitschrift für kirchliche Wissenschaft und kirchliches Leben
10, 598 ff.
Über das Schulwesen vgl. Erhard, a. a. O. S. 70 ff.; Martens, Formula visitationis,
S. 17 ff. Über das Hospital- und Armenwesen vgl. Beyer, in: Mittheilungen des Vereins für
die Geschichte etc. von Erfurt. 19, 127 ff.
73. Formula visitationis ecclesiae Erfurtensis. Vom 22. Januar 1557.
[Nach dem Druck von Martens, a. a. O. S. 4.]
Quod cedat in gloriam dei, aedificationem
ecclesiae et animarum multarum salutem!
Cum varia hoc tempore fiant schismata in
ecclesia variaeque corruptelae in doctrina, ut ne-
cessaria sit conjunctio et concordia docentium, cum
etiam de quibusdam pastoribus extra urbem spar-
gantur rumores, quod in doctrina sana parum sint
confirmati et quod in vita sint culpabiles, ut ne-
cessaria sit inspectio, nos pastores ecclesiae Christi
in urbe Erfurtensi permissione et consensu pru-
dentissimi senatus nostri convocavimus pastores eccle-
siarum extra urbem, quae sunt sub ditione reipubli-
cae Erfurtensis, una cum ludimoderatoribus et
aedituis, heimburgern et senioribus pagorum, et
pastores de sequentibus articulis interrogavimus:
I. De doctrina: An evangelia in dominicas
a veteribus distributa doceant juxta enarrationem,
quae in postillis d. Mart. Luth. continetur?
II. De tabula, quae vulgo domestica vocatur:
An tabulam, quae continet nuda verba decalogi,
symboli, orationis dominicae, baptismi, caenae domi-
nicae, recitent ante tractationem sancti evangelii?
III. De catechismo: An enarrationem deca-
logi, symboli, orationis dominicae et sacramen-
torum, quae extant in parvo catechismo Lutheri,
diebus dominicis et in septimana proponant populo
et juventuti ?
IV. De diebus festis: An rejectis et abolitis
papisticis et superstitiosis festis sanctificent prae-
dicatione et tractatione verbi divini, oratione et