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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (2. Band = 1. Abtheilung, 2. Hälfte): Die vier geistlichen Gebiete (Merseburg, Meissen, Naumburg-Zeitz, Wurzen), Amt Stolpen mit Stadt Bischofswerda, Herrschaft und Stadt Plauen, die Herrschaft Ronneburg, die Schwarzburgischen Herrschaften, die Reussischen Herrschaften, die Schönburgischen Herrschaften, die vier Harzgrafschaften: Mansfeld, Stolberg, Hohenstein, Regenstein, und Stift und Stadt Quedlinburg, die Grafschaft Henneberg, die Mainzischen Besitzungen (Eichsfeld, Erfurt), die Reichsstädte Mühlhausen und Nordhausen, das Erzbisthum Magdeburg und das Bisthum Halberstadt, das Fürstentum Anhalt — Leipzig: O.R. Reisland, 1904

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https://doi.org/10.11588/diglit.26561#0385

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75. Der stadt Erfurt erneuerte policei und andere ordnung etc. 1583.

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wider gott und eigen gewissen gelebt und zu-
genomen, so hat auch gott der allmechtige seinen
gerechten zorn nicht unbillich uber uns daher mit
krieg, pestilenz und andern vielfeltigen krankheiten
und seuchen, auch theurung, hunger, feuersgefahr
und allerlei misgewechs ergehen lassen, können
aber gleichwol bei uns anders nicht erachten noch
vermerken, denn das der allmechtige und barm-
herzige gott durch solchen uns erbermlichen ge-
wiesenen zustand und betrübte zeit, als ein treu-
herziger vater, erinnern und vermanen wolle, von
unserm sundlichen, bösen und unbusfertigen leben
abzustehen, uns zu bessern, zu bekeren, und zu
im hinfurd mit warer rechtschaffener buss ganz
und gar zu begeben.
Damit aber auch solchem von menniglichen,
innerlichen und eusserlichen im werk und in der
that gottfürchtiglich und gehorsamlichen mit treuen
fleis möge nachgelebt werden,
so haben wir uns demnach erstlichen gott
dem allmechtigen zu ehren, zu fortpflanzung seines
heiligen göttlichen namens und abwendung seines
gnedigen und gerechten zorns, zu erhaltunge guter
policei, erbarkeit und guten sitten und dann zu
wolfart und bestem unserer getreuen bürgerschaft
und unterthanen auf dem lande beflissen, sind es
auch unsers von gott auferlegtem und verlihenem
ampte zu thun verpflichtet, mit beliebung der herrn
eltesten, meister und vieren, auch vormunden von
virteiln und handwerken, unserer vorfarn im vor-
langst verschienen ein und funfzigsten jar der
mindern zal in druck verfertigten christliche und
notwendige policei ordnung, so zum teil in zer-
rüttung und verachtung komen, zum teil nach ge-
legenheit und erheischung itziger leufte und
hendel in etlichen puncten zu erkleren und zu
vermehren sein, alles aus gottes wort und gött-
lichen geboten, aus den bewerten keiserlichen
rechten, des heiligen reichs zu mehr und unter-
schiedlichen malen ausgekündigten abschieden, und
unserer stad althergebrachten statuten, rechten
und löblichen gewonheiten, widerumb in druck,
menniglichen sich darnach zu richten habend, an-
stellen und verfertigen zu lassen.
Der stadt Erfurt policei und andere
ordnung, etc.
I.
Von gottesfurcht.
Weil die furcht gottes ein ursprung ist aller
weisheit und reichen segens, hinwider die ver-
achtung gottes und seines worts ein ursach alles
unglücks, zerrüttung und unfals, in deme, das die
grosse verachtung gegen gott und seinem wort in
diesen letzten gefehrlichen zeiten, grosse strafen
dreuen, so erinnern wir einen iglichen in gemein,

das er sein selbs glück, wolfart, heil und selig-
keit warneme und vor augen habe, gottes wort
liebe und gerne höre, sich gegen dem ganzen
ministerio ehrerbietig erzeige und, wie einem
christen gebüret, verhalte.
Insonderheit aber wollen wir, das sich mennig-
lich zur anhörung gottes worts emsig halte, und
zuförderst an den sontagen und andern festen
fleissig zur kirchen gehe und andere gescheft und
arbeit die zeit uber, da gottes wort und die heiligen
sacramenta gehandelt, einstelle, wie wir denn auch
hiermit ernstlich gebieten und wollen, das alhie
in unserer stad und sonsten in allen unsern emp-
tern, flecken und dörfern unter den predigten, an
den feier und sontagen, weder in wein, bier oder
brantweinheusern, noch sonsten durchaus kein ge-
lag, zechen, spielpletze, oder dergleichen, gehalten
werden solle. Und da solchs von jemands uber-
treten würde, sollen die verbrecher mit einer zim-
lichen geltbus, am pranger oder gefengnis, nach
gelegenheit der fälle, gestraft werden.
Denn wir einige leichtfertigkeit, furwitz oder
mutwillen, so da gereicht zur unehre gottes, seines
heiligen und seligmachenden worts und des lieben
ministerii, ungestraft nicht wollen passiren lassen.
II.
Von einigkeit der lehr und predicanten.
Wir setzen, ordnen und wollen vor allen
dingen, das alle und jede unsere predicanten sich
ires von gott aufgetragenen ampts und berufs
dermassen erinnern, damit von inen allerseits
dahin mit fleis und ernst getrachtet und gesehen
werden möchte, das sie nicht allein fur sich selbs
bei der reinen, gesunden lehr des heiligen gött-
lichen, allein seligmachenden worts, so uns in den
prophetischen und apostolischen schriften heilsam-
lich geoffenbaret, und in den dreien, von der all-
gemeinen christlichen kirchen bewerten, an-
genomenen und daher bekanten und erkanten
symbolis, in der augsburgischen confession in
kurze artikel verfasset ist, eintrechtiglich, einhellig,
und christgleubig, bestendiglich verharren und
bleiben, sondern das sie auch sich in das un-
nötige, gefehrliche und ser ergerliche disputirn
und zanken, so von etlichen theologen hin und
wider, zu wenig zunemung und erbauung der
christlichen kirchen und einfeltigen zuhörern erregt
worden, nicht einmengen, sondern sich derselben
durchaus genzlichen enthalten und enteusern, ihre
zuhörer und das volk von den artikeln unsers
christlichen glaubens und warer religion, mit hind-
ansetzung aller unfruchtbaren fragen, die nach der
lehr des h. apostels auf die canzel gar nicht ge-
hörig, einfeltig und nach dem grunde göttlichs
worts und der augsburgischen confession unter-
richten, leren und unterweisen.
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