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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (2. Band = 1. Abtheilung, 2. Hälfte): Die vier geistlichen Gebiete (Merseburg, Meissen, Naumburg-Zeitz, Wurzen), Amt Stolpen mit Stadt Bischofswerda, Herrschaft und Stadt Plauen, die Herrschaft Ronneburg, die Schwarzburgischen Herrschaften, die Reussischen Herrschaften, die Schönburgischen Herrschaften, die vier Harzgrafschaften: Mansfeld, Stolberg, Hohenstein, Regenstein, und Stift und Stadt Quedlinburg, die Grafschaft Henneberg, die Mainzischen Besitzungen (Eichsfeld, Erfurt), die Reichsstädte Mühlhausen und Nordhausen, das Erzbisthum Magdeburg und das Bisthum Halberstadt, das Fürstentum Anhalt — Leipzig: O.R. Reisland, 1904

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https://doi.org/10.11588/diglit.26561#0399

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Mühlhausen.

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eintraf. Er trat alsbald mit einer Reihe von Verbesserungsvorschlägen hervor. Unter
Anderem erbat er die Erlaubniss, die evangelischen Prediger von den Dörfern zu einer synodus
exploratoria [s. meine Ausführungen zu Bd. I S. 71 ff.] versammeln zu dürfen. Und am 22. April
1558 hielt er den ersten Synodus mit den evangelischen Geistlichen der Stadt und der Dörfer
ab. Auch die Schultheissen, Vormünder und Altarleute beschied er zu Visitationszwecken vor
sich. Die Einrichtung der Synoden erhielt sich in Mühlhausen Jahrhunderte hindurch. Frohne
verfasste 1708 ff, zu solchen Synoden die Einladungs-Programme, die bis heute die wichtigste
Quelle der Mühlhausener Reformationsgeschichte bilden.
Auf Tilesius folgte 1567 als Superintendent Boëtius, der schon von 1544—1547 in Mühl-
hausen gewirkt hatte, dann aber nach Halle berufen war; auf diesen 1568 Stössel (während
Boëtius 1568 wiederum nach Halle ging). Von Letzterem berichtet Frohne (Programm, 1710,
S. 30) eine bemerkenswerthe Anordnung: „Anno 1569 hat d. Joh. Stoesselius verordnet, dass
die catechismuspredigten in der sogenannten barfüsser-kirchen alle jahr zweimal mit summarischer
repetition und erklärung des ganzen catechismi solten gehalten werden, welche ordnung auch
noch itzo bei uns beobachtet wird, dass jährlich zweimal der ganze catechismus in bemelter
kirche vierzehn tag aneinander durchgeprediget wird.“
1570 wurde als Superintendent Petrejus berufen. Am 17. Januar 1571 wurde er „im
rathe der eltesten“ confirmirt und in sein Amt eingewiesen. Die ihm dabei ertheilte Instruktion
gewährt so interessante Einblicke in die Verfassung der Mühlhäuser Gemeinde, dass wir dieselbe
nach Frohne, Programm, 1711, S. 8, hierher setzen:
„Er wolle erstlich ihm die kirchen und schulen sammt den herren prädicanten und
schuldienern allhier in der stadt und vorstädten fleissig befohlen sein lassen in seine inspection,
und bei denselben verfügen und verschaffen, dass es allenthalben ordentlich und christlich zu-
gehe, und sonderlich in den schulen gebührlicher fleiss angewendet werde.
Am andern wolle ew. ehrw. auch die pfarr herren auf e. e. rats dorfen, derer ungefer
12 sind, und an ew. ehrw. nach gelegenheit angeweiset werden sollen, gleicher gestalt befohlen
sein lassen, dieselben vor sich bescheiden und verhören, und da irgend eine unrichtigkeit bei
denselben an ihrer lehre oder leben befunden, dieselben abschaffen, und es also bei ihnen ver-
ordnen, dass ein einhelliger consens in der lehre und gebührlicher fleiss angewendet und ge-
halten werde, darzu dann wie auch zu andern sachen ew. ehrw. drei herren aus den räten zu-
geordnet werden sollen, welche ew. ehrw. jederzeit auf ihr begehren beiwohnen und beistand
leisten sollen. Da auch unter denselben pfarrherren einer oder mehr sich befinden würden,
welche ihrer lehr oder sträflichen, ärgerlichen lebens halber länger nicht zu dulden wären dass
ew. ehrw. durch dieselben ihre zugeordnete herren solches e. e. rathe anmelden lassen wolle,
damit dieselben durch e. e. rat oder wem sonst das jus patronatus zuständig mit e. e. rate ab-
geschaffet werden möchten.
Zum dritten da irgend auf eine pfarr ein neuer pfarrherr angenommen werden sollte,
dass alsdenn ew. ehrw. neben den verordneten herren mit vorwissen e. erbaren rats derselben
gemeine eine person vorstellen wolle, welche, da sie von der gemeine vociret und von e. e. rate
oder den patronen mit der pfarr beleihen würden, ew. ehrw. samt den verordneten herren als-
dann dieselben gebührlichen introduciren und der gemeine daselbsten vorstellen und commen-
diren, und dass dieses alles auch also mit den kirchen dienern auf den dorfen gehalten werde.
Zum vierten dass auch ew. ehrw. neben den verordneten herren die streitigen ehe und
andere geistliche sachen allhier in der stadt und dem gerichte für sich bescheiden, dieselben
verhören und die parteien gebührlichen weisen wolle, da auch unter denselben parteien etliche
befunden, welche um misshandlunge halber strafe zunehmen, dass ew. ehrw. dieselben e. e. rath
anzeigen lassen wolle, der dann dieselben in gebührliche strafe nehmen und die parten ew. ehrw.
Sehling, Kirchenordnungen. Bd. II. 49
 
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