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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (2. Band = 1. Abtheilung, 2. Hälfte): Die vier geistlichen Gebiete (Merseburg, Meissen, Naumburg-Zeitz, Wurzen), Amt Stolpen mit Stadt Bischofswerda, Herrschaft und Stadt Plauen, die Herrschaft Ronneburg, die Schwarzburgischen Herrschaften, die Reussischen Herrschaften, die Schönburgischen Herrschaften, die vier Harzgrafschaften: Mansfeld, Stolberg, Hohenstein, Regenstein, und Stift und Stadt Quedlinburg, die Grafschaft Henneberg, die Mainzischen Besitzungen (Eichsfeld, Erfurt), die Reichsstädte Mühlhausen und Nordhausen, das Erzbisthum Magdeburg und das Bisthum Halberstadt, das Fürstentum Anhalt — Leipzig: O.R. Reisland, 1904

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https://doi.org/10.11588/diglit.26561#0414

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Das Erzbisthum Magdeburg.

war. (Johann Albrecht war am 3. Januar 1547 gezwungen worden, die beiden Stifter an den
Kurfürsten von Sachsen, Johann Friedrich, abzutreten, war aber am 12. Juli 1548 vom Kaiser
wieder eingesetzt worden.) Er starb am 17. Mai 1550.
Sein Nachfolger, Friedrich, Sohn des evangelischen Kurfürsten Joachim II. von Branden-
burg, starb schon 1552.
So war denn die Reformation in beiden Stiftern bislang ohne jede officielle Billigung
Seitens der Landesobrigkeit.
Als Nachfolger Friedrich’s wurde Sigismund gewählt, Sohn des Kurfürsten Joachim II.
von Brandenburg. In Halberstadt war die Wahl nicht einmüthig gewesen; ein Theil des Capitels
hatte den Domprobst Christoph Grafen von Stolberg gewählt. Rom bestätigte aber Sigismund
auch für Halberstadt.
Dieser Erzbischof — der letzte Erzbischof von Magdeburg, denn nach ihm wurde
der Titel „Administrator“ geführt — war ganz von den neuen Ideen getragen. Einige Mass-
nahmen zur Verbesserung des Kirchenwesens — so vom Jahre 1557, das Mandat vom 12. Sep-
tember 1561 an die Klöster in den beiden Stiftern, in welchem das schlechte Wirthschaften mit
den Klostergütern getadelt und genaue Inventarisirung befohlen wird — lassen sich zwar noch
ganz in den Rahmen der kanonischen Befugnisse des Ordinarius judex einreihen. Aber der
Erzbischof ging bald weit darüber hinaus.
Die Rückkehr des Domcapitels nach Magdeburg 1558, die Beilegung der Streitigkeiten
mit der Stadt gaben Anlass zu Gerüchten, dass auch die alte Religion im Magdeburgischen
wieder hergestellt werden sollte. Da beschlossen die Landstände auf dem Landtage zu Halle,
ein ernstes Warnungsschreiben dieserhalb an den Erzbischof Sigismund zu richten. Dieses
Schreiben vom Freitag nach Judica 1558 (1. April 1558) ist erhalten in Zerbst, Sup.-Archiv,
Nr. XVIII, Bl. 47 ff.:
Die Stände hätten gehört (so beginnt das Schreiben), „dass die gebrechen, welche bisher
zwischen dem domcapitel und der stadt Magdeburg bestanden, durch fleissige Verhandlungen
stattlicher, vornehmer fürsten und herren gänzlich“ und zwar dahin verglichen seien, „dass die
herren des domkapitels zu aller dignität und gütern wiederumb vollenkomlich restituirt werden
sollten, die wiederaufrichtung der alten papistischen ceremonien aber, ob und wie dieselbige zu
geschehn, auf seiner fürstlicher gnaden gnedigste resolution und verordnung gestalt sein solle“.
Die Stände fürchteten, dass die Domherren daraus Veranlassung nehmen möchten, alle Dinge in
den früheren Stand zu versetzen und damit die „Abgötterei“ wieder aufzurichten. Das sei aber eine
Sache, die nicht bloss Seine Fürstliche Gnaden, sondern Aller Gewissen angehe. Fürstl. Gnaden
dürfe unter keinen Umständen die alten Gebräuche wieder hersteilen. Das Domcapitel könne um
so weniger auf solcher Restitution bestehen, als es zur Zeit der Belagerung von Magdeburg stets
ausdrücklich versichert habe, „dass der krieg allein zur abwendung des zeitlichen, der Altstetter
ungehorsam geführt, und nicht zur verdrängung der reinen lehre des evangelii, als allerwenigste
aber zu künftiger aufrichtung des pabstthums“; darum hätten sie ihr Leben und Gut geopfert.
Wenn sie jetzt erkennen sollten, dass sie ihr und ihrer Freunde Leben und Gut in Wahrheit zur
Verdrängung der göttlichen Wahrheit eingesetzt haben sollten, so wäre ihnen das im Gewissen
zum höchsten beschwerlich und schmerzlich, und Seine Fürstliche Gnaden könnten sich vorstellen,
wenn wieder in Magdeburg Empörung ausbräche, wie lustig sie sich dann in Harnisch und
Kosten stürzen würden. In weltlichen Dingen seien sie ihm Gehorsam schuldig, aber sie könnten
nicht finden, dass es sich hier um weltliches Regiment handle; deswegen wiederholten sie
dringend ihre Bitte, unter Berufung auf den Reichsabschied, in welchem die augsburgische Con-
fession einem jeden freigelassen und auch sonderlich vorgesehen sei, „dass die alte papistische
religion an den orten, da sie gefallen, wider der leute willen nicht wiederum eingedrungen
 
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