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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (2. Band = 1. Abtheilung, 2. Hälfte): Die vier geistlichen Gebiete (Merseburg, Meissen, Naumburg-Zeitz, Wurzen), Amt Stolpen mit Stadt Bischofswerda, Herrschaft und Stadt Plauen, die Herrschaft Ronneburg, die Schwarzburgischen Herrschaften, die Reussischen Herrschaften, die Schönburgischen Herrschaften, die vier Harzgrafschaften: Mansfeld, Stolberg, Hohenstein, Regenstein, und Stift und Stadt Quedlinburg, die Grafschaft Henneberg, die Mainzischen Besitzungen (Eichsfeld, Erfurt), die Reichsstädte Mühlhausen und Nordhausen, das Erzbisthum Magdeburg und das Bisthum Halberstadt, das Fürstentum Anhalt — Leipzig: O.R. Reisland, 1904

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https://doi.org/10.11588/diglit.26561#0446

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Das Erzbisthum Magdeburg.

Aus der Thätigkeit des Boëtius heben die Genannten noch Folgendes hervor: Er legte den
Grund zur Librarei oder Bibliothek über der Sakristei in der Kirchen B. Virginis; am 23. August
1564 ertheilte Boëtius einem Taubstummen das Abendmahl (sein Consilium darüber ist zu lesen
bei Dedeken. Vol. 1, Consil. part. 2, fol. 299, ibidem p. 278); am 11. März 1573 taufte er
einen Türken, Salomo Bugalli; besonders wichtig war aber seine Thätigkeit als Visitator im
Stift Magdeburg und Halberstadt, bei der Visitation, die Bischof Sigismund im Jahre 1563 vor-
nehmen liess. Bischof Sigismund ist die „gottselige obrigkeit“, welche die Kirchen-Ordnung von
Halle rühmt. In diesen historischen Rahmen fällt auch wohl die Revision der ersten Halle-
schen Kirchen-Ordnung. Boëtius ist auch der Verfasser des „Bekenntnisses der prediger in
Halle vom heiligen abendmahl, 1551“ (abgedruckt in: Fortgesetzte Sammlung von theologischen
Sachen, 1748, S. 642).
Von dieser zweiten Halle’schen Ordnung — denn so kann man die Revision wohl be-
zeichnen — habe ich zwei Exemplare im Rathsarchiv zu Halle benutzt, Fach 111 Nr. 671 und
Fach 110 Nr. 668. Das erstere Exemplar ist sehr schön geschrieben, das zweite mit Correcturen
versehen.
Ein drittes Exemplar soll nach Sarau sich in dem Archive der Moritz-Kirche unter
Nr. 19 vorfinden. Es stimmt, nach Sarau, a. a. O. S. 80, mit den grossgedruckten Theilen
bei Dreyhaupt I, 993 ff. überein.
Ein viertes Exemplar findet sich in Magdeburg, St.A., 50, I, Nr. 326 (frühere Be-
zeichnung: Consistorial-Akten, Tit. XIII, IIIb, Nr. 19). [Vgl. auch oben S. 430.] Hier berichtet
das Ministerium zu Halle bei Gelegenheit der Visitation von 1640 über seine „Kirchenordnungen“:
Dr. Justus Jonas habe die erste Kirchen-Ordnung verfasst, „dessen autor primus herr d. Luther
selbst sein soll“. Bei dieser Kirchen-Ordnung habe sich die liebe Stadt Halle diese 200 Jahre
wohl befunden. Diese Kirchen-Ordnung sei dann 1640 revidirt und neu publicirt worden. Ausser
dieser Kirchen-Ordnung sei noch die Pacifikationsformel des Herrn Dr. Chemnitz zu nennen.
Die Kirchen-Ordnung wird in schöner Abschrift beigefügt. Sie ist aber nicht, wie angegeben
wird, die erste, sondern die zweite Kirchen-Ordnung von 1561—1573. Dass die Angaben des
Berichtes ungenau sind, erhellt schon aus der eigenen unbestimmten Fassung, z. B.
„dessen Verfasser Luther sein soll“. Erwähnenswerth scheint es mir zu sein, dass in Halle,
Rathsarchiv, Fach 110, Nr. 671, die vom hallischen Ministerium gewissermaassen als zweite
Kirchen-Ordnung Halles bezeichnete Pacifikationsformel des Dr. Chemnitz mit der vom Mini-
sterium wörtlich mitgetheilten Kirchen-Ordnung (d. i. unserer zweiten von 1561—1573), von
derselben Hand auf zusammenhängenden Bogen geschrieben steht.
Nach dem Druck von 1640 hat Dreyhaupt dann, wie schon oben erwähnt, die zweite
Halle’sche Kirchen-Ordnung wiedergegeben (darnach auch Richter). Der Druck von Drey-
haupt stimmt nicht ganz mit der von dem hallischen Ministerium mitgetheilten (in Magde-
burg, A. 50, I, 326 befindlichen) Abschrift überein.
Wir drucken nach der Vorlage im Rathsarchiv, Fach 110, Nr. 668, und geben die
wenigen Varianten von Nr. 671, sowie von Magdeburg, St.A., 50, I, Nr. 326 in Anmerkungen.
(Nr. 89.)
Mit den vorstehend erwähnten Pacifications-Artikeln des Dr. Chemnitz hat es folgende Be-
wandtniss. Zur Beilegung von unter der Geistlichkeit ausgebrochenen Lehrstreitigkeiten liess
der Rath Dr. Chemnitz aus Braunschweig kommen. Dieser entwarf eine Vereinigungsformel,
welche sämmtliche Geistliche am 4. Juli 1579 unterschrieben. Dieser und ein ähnlicher Vertrag
von 1586 finden sich im Rathsarchiv zu Halle, Fach 110, Nr. 671; auch in Magdeburg, St.A.,
50, I, Nr. 326. — In den Rahmen der Lehr-Auseinandersetzungen gehört auch neben dem Be-
kenntniss von 1551 die „Formula confessionis et subscriptionis pastorum et omnium ministrorum
 
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