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Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (2. Band = 1. Abtheilung, 2. Hälfte): Die vier geistlichen Gebiete (Merseburg, Meissen, Naumburg-Zeitz, Wurzen), Amt Stolpen mit Stadt Bischofswerda, Herrschaft und Stadt Plauen, die Herrschaft Ronneburg, die Schwarzburgischen Herrschaften, die Reussischen Herrschaften, die Schönburgischen Herrschaften, die vier Harzgrafschaften: Mansfeld, Stolberg, Hohenstein, Regenstein, und Stift und Stadt Quedlinburg, die Grafschaft Henneberg, die Mainzischen Besitzungen (Eichsfeld, Erfurt), die Reichsstädte Mühlhausen und Nordhausen, das Erzbisthum Magdeburg und das Bisthum Halberstadt, das Fürstentum Anhalt — Leipzig: O.R. Reisland, 1904

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https://doi.org/10.11588/diglit.26561#0451

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89. Kirchen-Ordnung der christlichen Gemein zu Hall in Sachsen. 1573 (?).

437

Erstlich, die lehre und fürnemste artikel
christianae religionis belangende, als von rechter
busse, vom glauben an Christum, von guten werken
und christlicher liebe, vom sacrament der taufe
und des leibes und blutes unseres herrn Jesu
Christi etc. soll die lehre gehen wie sie1) in den
achtzehen artikeln etc. des buchs der visitation
der chur und fürsten zu Sachsen, zu Wittenberg
anno 1528 2) ausgangen, verfasset ist, und wie die
summa der ganzen christlichen kirchen und lehre
und höchsten fürnemsten stücke in der confession
und apologia anno 1530 zu Augspurg der kaiser-
lichen maistet überantwort begriffen. Und soll
der superattentens und predicant3) sich fleissigen,
das der hohe haubtartikel justificationis und vom
wahren erkenntniss mit fleiss getrieben werde,
auf welchen als das fundament der ander bau
folgen müge. Und weil von wegen unserer un-
dankbarkeit und lessigkeit gegen dem licht der
reinen lehre von anfang her der satan verfelschung
derselbigen durch rotten und secten alle zeit er-
wecket und gott solches vorhanget hat, entweder
zur prob der bestendigen oder zur straf der sichern
und ekeln menschen, so die liebe zur warheit
nicht haben, so sollen alle treuen lehrer neben
der pflanzung und erhaltung des worts, das gewiss
und in obgemelden schriften der heiligen bibel
begriffen und von dem greulichen irthumb des
bapstumbs gereiniget ist, alle einreissende irrige
lehre und corruptelen, so wider die reine lehre
von gottes wort, wesen und willen, im gesetz und
evangelio offenbaret, ist, auch wider die stiftung
und rechten brauch der hochwürdigen sacramente
streiten, bestendiglich und bescheiden widerlegen,
strafen und von dieser kirchen abwenden und mit
gutem grund ausrotten und hierinnen sollen sie zur
anweisung folgen den dreien symbolis, apostolico,
Niceno , Athanasiano, den schmalkaldischen ar-
tikulen, den schriften Lutheri und Philippi und
dem büchlein d. Urbani Regii, darinnen er die
extrema, das ist die unbequeme neue fehrliche
reden zu meiden, und fürsichtiglich ohne erger-
nuss von den fürnembsten artikeln christlicher
lehre jungen predigern einfeltig zu reden, nötigen
bericht gethan hat, desgleichen auch alle ein-
reissende laster ohne bitterkeit und gesuchtes
personengezänke mit ernst, wo es der text mit-
bringet, strafen, damit also die beilage der heil-
samen reinen lehre und christlicher ehrbarer
wandel erhalten und auf die nachkommen ge-
bracht werde, auch sollen alle collegen dieser
kirche fleissig sein, zu haben die einigkeit im
geist durch das band des friedens und nach der
regel, darein wir kommen sind, als die unver-
1) C.: „sie“ fehlt.
2) C.: „anno 1518“ fehlt.
3) ln B. steht statt „predicant“: „oberste pfarher“.

werflichen arbeiten, untadelich wandeln und gleich
gesinnet sein. Wie aber nun die verrichtung der
predigten und amtsgeschäfte auf gewisse zeit
durch gewisse personen in der kirchen soll ge-
schehen, soll ordentlich folgen, wie es dan, gott
lob, auch zum mehrern theil ins werk gerichtet ist.
Vom heiligen sontag.
Erstlich ist eintrechtiglichen beschlossen, dass
eine fruepredigt alle sontage, des sommers um
vier uhr und des winters um fünf1) in unser
lieben frauen pfarkirchen, von den diaconis um-
zuwechseln, dem gesinde und dienstboden zu gut,
soll gehalten werden, dahin2) aus den andern pfarren
das gesinde zukommen oft soll vermanet werden.
Darinnen aber soll der h. catechismus mit fleiss
erkleret werden, also dass man in einem jahre
denselbigen mit allen zugehörenden stücken voll-
ende. Zu dieser fruepredigt sollen ein anzahl
schüler, durch die ganze schule umzuwechseln,
alwege ufs wenigste 15 oder 16 geordnet sein,
welche christliche gesenge und psalmen vor und
nach der predigt singen, wie sie in der choragenda
verzeichnet sind und soll gemelte frue predigt des
catechismi für das gesinde über dreiviertel stunden
nicht wehren, also dass gesenge und predigten
in einer stunden verrichtet werden.
Winter zeit sol es mit lichtern bestalt werden,
dass, unfug zu vorhüten, finstere winkel nicht ge-
lassen werden ; so sollen auch der cüster und kirch-
hüter fleissige achtung geben, dass nichts unrich-
tiges bei tag oder nacht in oder um die kirchen
fürgenommen werde.
Communion oder ampt.
Das ampt der communion samt der predigt,
dorinnen das evangelium dominicale oder de festo
ordentlich erkleret wird, soll mit gesengen, cere-
monien, und lichter, ornats etc. wie es bisher ge-
blieben ohne superstition gehalten werden in allen
und jeder pfarkirchen zugleich, dass das ganze
amt gewöhnlich zwischen 10 und 11 uhren aus
sei und an jeden orte der verordnete pfarher die
predigt thuen und die auslegung dahin richten,
dass die lehre der buss getrieben werde samt
andern nöthigen hauptlehren, wie oben im dritten3)
punct vermeldet ist, und mit ernstlichen gebet für
alle stände, und noth der christlichen gemeine be-
schliessen. Man könnte auch eine kurze ver-
mahnung vom abendmahl des herren an die com-
munikanten verordenen. Die communion sollen
die diaconi, wie es izo im brauch, einer um den
andern halten. Was mehr zu guter ordnung und
besserung der jugend mit umwechselung der ge-
1) C.: fünf uhr. 2) B.: „dahin— vermanet
werden“ fehlt. 3) C.: ersten.
 
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