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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (2. Band = 1. Abtheilung, 2. Hälfte): Die vier geistlichen Gebiete (Merseburg, Meissen, Naumburg-Zeitz, Wurzen), Amt Stolpen mit Stadt Bischofswerda, Herrschaft und Stadt Plauen, die Herrschaft Ronneburg, die Schwarzburgischen Herrschaften, die Reussischen Herrschaften, die Schönburgischen Herrschaften, die vier Harzgrafschaften: Mansfeld, Stolberg, Hohenstein, Regenstein, und Stift und Stadt Quedlinburg, die Grafschaft Henneberg, die Mainzischen Besitzungen (Eichsfeld, Erfurt), die Reichsstädte Mühlhausen und Nordhausen, das Erzbisthum Magdeburg und das Bisthum Halberstadt, das Fürstentum Anhalt — Leipzig: O.R. Reisland, 1904

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https://doi.org/10.11588/diglit.26561#0483

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100. Instruktion für die Visitation. Vom 8. August 1588.

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schmalkaldische articul, catechismos Lutheri, wie
auch das corpus doctrinae in der braunschweigi-
schen kirchen ordnung nicht allein fleissig zu lesen
und in kopf zu fassen, sondern auch nach derselben
richtschnur und regul ihre predigten anzustellen,
alle corruptien und verfälschungen , so sich dar-
jegen ereugen und einreissen möchten , für sich
selbst zu meiden und zu fliehen, auch bei ihren
zuhörern zu strafen.
Zum andern. Das sie treulich zu rechter zeit
in der kirchen auf ihr ampt warten und predigen,
sacrament reichen, absolution sprechen und taufen.
Zum dritten. Das sie den catechismum des
sonntages nachmittage fleissig treiben, auf alle
halbe jahre oder viertel jahr repetiren, und das
junge volk selbst verhören.
Zum vierten. Das sie von den heiligen sacra-
menten der heiligen taufe und abentmahl Christi
anders nichts lehren, noch anders damit umbgehen,
den wie es Christus selbst eingesetzet hat,
damit in diesen hohen gottes sachen nicht ein
jeder seinen gutdünken folge, nichts abergleubisch
darzusetze, oder sonst was ergerliches halte.
Zum fünften. Ist hoch vonnöten, das die
kirchen personen der lehre halben einig, und sich
sonsten allenthalben freundlich mit einander ver-
tragen, kein unnötig disputiren oder gezenke vor
das gemeine volk bringen, noch einer uf den andern
schelten oder stechen etc.
Zum sechsten. Wurde auch in der lehre
oder handlung der sacramenten an einigen ort
was unwissliches oder die pfarherrn zum predig-
ampt untüchtig befunden und bei ihnen keine
besserung zuverhoffen, soll das untüchtige durch
unsern visitatorn alsbald abgeschaffet, und nach
gottes wort und der obberührten regul und richt-
schnur allein gerichtet, die pfarherrn auch alsbald
mit unsern vorwissen abgesetzet und andere
tüchtige männer an ihre stat verordnet werden,
und das ja für allen dingen hierinne vornehm-
lich gottes ehre und der menschen seligkeit be-
dacht und befordert werde.
Wann nun die pfarherrn also examiniret und
verhöret werden, so muss neben ihnen auch der
custos und etzliche vornehme pfarleute in stetten,
in einer iglichen dorfschaft aber die gemeine
sonderlich die hauswirthe, vorgefordert, und nach-
folgender gestalt gefragt werden:
Ob sich auch die zuhörer fleissig zum wort,
beicht und abendmahl finden?
Ob auch die wochen über predigten geschehen
und die hohen festa, desgleichen festa apostolorum,
und andere ceremonien gehalten werden?
Wie sich die pfarhern und schuldiener schicken
jegen die obrigkeit jedes orts, ob sie sich auch in
unnötige weltliche sachen mengen, oder res ad
se non pertinentes curiose reformiren ?

Ob sich auch die pfarherrn in ihren eigenen
privat sachen und controversiis mit den zuhörern
selbst zu richter machen und die, damit sie irrung
haben, auf der kanzel ubel ausrichten und ver-
dammen ?
Ob die obrigkeit auch treulich über den
pastoren, kirchen und schuldienern halte ob sie
zu weit ins kirchen regiment greife etc.?
Wie man mit den armen heusern, testamenten
und allen, was dem armut verordnet, umbgehe,
ob auch die ordnung mit dem aufbieten braut
und bräutigambs nemblich drei sontage nach ein-
ander gehalten werde, damit nicht die leichtfertig-
keit, derer so sich 2 oder 3 mal verlobt haben,
gesterket werde.
Ob auch einig paar volkes, so an andern orten
sich verlobet und nicht zusammen geben worden,
wollen alhier im stift ohne der obrigkeit jedes
orts vorwissen copulirt werden?
Ob auch fleissige achtung gegeben werde,
damit keine nicht zusammen gegeben werden, die
in verbotenen gradibus sich zu vereidigen vor-
nehmen ?
Ob auch die getauften kinder samt ihren ge-
vattern, item braut und bräutigamb, wen sie auf-
geboten und hochzeit gehalten,
Item die todten, wen sie gestorben und be-
graben, aufgezeichnet worden?
Ob auch die kranken in sterbensleuften visi-
tirt und mit nottürftigen trost und dem abend-
mahl versorget werden ?
Item wie es mit den begräbnüssen gehalten
werde; hierbei sollen unsere visitatores gute nach-
forschung haben, ob auch gotteskasten gehalten
werden, wie man damit umbgehe.
Wie die armen leute beide in heusern und
hospitalen mit speiss und trank, tüchtigen balbie-
rern und andere wartung versorget werden, und
da sie bei ihnen in deme mangel spüren würden,
sollen sie solches dem rathe, auch den vorstehern
der hospitalen und gemeinen kasten, auf den
dörfern aber den junkern, schulzen, kirchvatern
und gemeinen bauren vermelden, ihnen gebührliche
hülf und rath zu schaffen.
Ob auch die kirchendiener oder personen in
ausserlichen leben, in kleidung und sonsten ihren
stande nach sich ohn ergernüs und ehrlich erzeigen?
Ob sie sich auch der krüge, bierheusern oder
anderer ergerlichen gelage, und anderer gefehr-
lichen geselschaft enthalten?
Ob sie auch der medicin, procuratur, notarien
ampt unternehmen ?
Wie der pfarher seinen eigenen hause vor-
stehe, sein weib und kind regiere, damit er nie-
mand ergernus gebe.
Ob einigkeit unter den kirchen und schul-
dienern sei, und wie sie sich mit einander vertragen ?
 
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