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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (2. Band = 1. Abtheilung, 2. Hälfte): Die vier geistlichen Gebiete (Merseburg, Meissen, Naumburg-Zeitz, Wurzen), Amt Stolpen mit Stadt Bischofswerda, Herrschaft und Stadt Plauen, die Herrschaft Ronneburg, die Schwarzburgischen Herrschaften, die Reussischen Herrschaften, die Schönburgischen Herrschaften, die vier Harzgrafschaften: Mansfeld, Stolberg, Hohenstein, Regenstein, und Stift und Stadt Quedlinburg, die Grafschaft Henneberg, die Mainzischen Besitzungen (Eichsfeld, Erfurt), die Reichsstädte Mühlhausen und Nordhausen, das Erzbisthum Magdeburg und das Bisthum Halberstadt, das Fürstentum Anhalt — Leipzig: O.R. Reisland, 1904

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https://doi.org/10.11588/diglit.26561#0522

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Das Fürstenthum Anhalt.

Bei der Instruktion zu der Visitation von 1561, welche die Brüder Joachim Ernst und
Bernhard im Einvernehmen mit den Fürsten Wolfgang und Joachim beschlossen hatten, wurde
eine Vorlage des Fabricius benutzt, die sich ebenfalls im Superintendentur-Archiv zu Zerbst,
XXIX, Bl. 50 ff. befindet.
Aus der Visitation von 1545 sind uns eigentlich nur Nachrichten über Stadt und Amt
Zerbst erhalten. Die Visitation fand Ostern statt. Zugeordnet waren dem Superattendenten:
der Amtmann Hans Statius, Udalricus, Pfarrer zu St. Bartholomäi, Laurentius Furmann und
Urbanus Seling. Näheres findet sich im Superintendentur-Archiv zu Zerbst, VI. Hier hat
Fabricius aus dieser Visitation eine Reihe wichtiger Vorgänge zusammengestellt. So eine Ver-
einigung des Ministeriums unter sich und mit dem Rathe (Bl. 56 ff.). Diese wird unter
Zerbst an vierter Stelle abgedruckt. Auch ein „Ordo lectionum et disciplinae, leges in utraque
schola Cervestanae ecclesiae formandae“ und eine Jungfrauen-Schulordnung sind im Super-
intendentur-Archiv zu Zerbst Bd. VI, 58b ff. zu lesen.
Besser sind wir über die Visitation von 1561/1562 unterrichtet. Sie wird in den Akten
stets die „andere“ genannt. Die Instruktion haben wir oben erwähnt.
In der Stadt Zerbst begann die Visitation Dienstag nach Mauritii, d. i. 28. September,
1561. Im Superintendentur-Archiv Zerbst Nr. 18 und Nr. 29 finden wir allerlei auf diese Visi-
tation bezügliches Material. So in Nr. 29, Bl. 54 ff., einen Bericht der Visitatoren an den
Fürsten vom 1. März 1562 über ihre bisherigen Erfolge. Die Kirchengüter seien „verrückt“,
bei den Pfarrern bestehe viel Unfleiss; es gebe kein besseres Mittel, dieser „weltsucht“ zu steuern
als einen jährlichen Synodum und ein scharfes Examen. Ebenda Bl. 71 ff. hören wir von Ver-
handlungen mit dem Rathe zu Zerbst. Ein Punkt betrifft die Einrichtung eines Zeigers in den
Kirchen; die „Hohe-Mess-Predigt“ solle 1 Stunde dauern, alle anderen Predigten nur 3/4 Stunde.
Ein Bericht der Kirchendiener zu St. Bartholomäi an die Visitatoren von 1562 (Super-
intendentur-Archiv 18, 62 ff.) giebt vortreffliche Einblicke in die kirchlichen Zustände. Er sei
hier im Auszuge wiedergegeben.
Was die Lehre anlange, so sei dieselbe Gottes Wort gemäss. „So wollen wir uns in
ceremonien nach inhalt unserer kirchenordnung gern gehorsamlich verhalten und ane vorwissen
unserer gnädigen fürsten und herrn, auch des herrn superintendenten darinnen nichts, das
ergerlichen und zur erbauung unserer gemein hinderlichen sein kunt, aus eigener wal zu endern
und vornehmen; allein das man in itzigen schwebenden controversien und unnötigen spaltungen
auf wahrhafte, rechtschaffene mitteldinge mit gewalt nicht dringe und in denen keiner den
anderen beschwere, wie denn bisanhero geschehen. Dieweil aber ohne das vermeldte kirch-
ordenung bereit in etlichen stucken lang verandert, auch grosse unordnung in festen und sunsten
vorfeilet, achten wir für gut und bitten dienstlichen, man wolle die alde form der kirchen-
ordnung verneuern und dermassen vergleichen, damit es in diesen landen allenthalben möchte
einhellig und ordentlich gehalten werden und diese unordnung nicht zu mehr spaltung ursach
geben, dan etzliche in diesem fürstenthume die ordnung, darnach sie sich richten sollen, auch
nicht gesehen oder gehort haben.
Ordnung der predigten belangende, soll von uns in der hohen mess predigen ein ganze
stund, in anderen predigen uber 3/4 stund nicht uberschritten werden, und dieweil die beiden
diaconi ganz williglich die vesperpredigt auf die feiertage auf sich gänzlichen genommen und
den pfarrherrn damit uf den dritten sontag verschonen wollen, also will der pfarher wiederumb
nach volgender visitation die mittwochspredigt, so ein zeit lang gehalten, ins werk bringen und
so lange ihm leibes vermogens halben muglich, darob halten. Sehen aber beineben dem herrn
superintendenten und den vorstehern der gemein fur gelegen und gut an, dass man alle wegen
uf den dritten sontag in unser kirchen für die vesperpredigt liss zwene knaben under das volk
treten und ein stück aus dem catechismus auswendig recitiren, dadurch die jugend sich übe
 
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