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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (2. Band = 1. Abtheilung, 2. Hälfte): Die vier geistlichen Gebiete (Merseburg, Meissen, Naumburg-Zeitz, Wurzen), Amt Stolpen mit Stadt Bischofswerda, Herrschaft und Stadt Plauen, die Herrschaft Ronneburg, die Schwarzburgischen Herrschaften, die Reussischen Herrschaften, die Schönburgischen Herrschaften, die vier Harzgrafschaften: Mansfeld, Stolberg, Hohenstein, Regenstein, und Stift und Stadt Quedlinburg, die Grafschaft Henneberg, die Mainzischen Besitzungen (Eichsfeld, Erfurt), die Reichsstädte Mühlhausen und Nordhausen, das Erzbisthum Magdeburg und das Bisthum Halberstadt, das Fürstentum Anhalt — Leipzig: O.R. Reisland, 1904

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https://doi.org/10.11588/diglit.26561#0539

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Das Fürstenthum Anhalt.

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Kirchengeschichte, 1901, S. 287 abdrucken. Sie ist der oben abgedruckten von 1567 sehr ähn-
lich und vielfach nur eine Erweiterung derselben. Vgl. auch Heine, Geschichte von Wörbzig,
in: Beitr. zur Anhalt. Gesch., Heft 5, S. 65.
Die Visitation von 1582 bietet nach den Protokollen für uns nichts Bemerkenswerthes.
Die Instruktion befindet sich im Original in Dessau, Superintendentur-Archiv, I. Hauptabtheilung,
3. Unterabtheilung, Nr. 1, Bl. 116 ff., und wird hieraus erstmalig abgedruckt. (Nr. 127.)
Was die Bestellung der Pfarrer anlangt, so hat sich unter Joachim Ernst an dem alten
Rechte — vgl. S. 520 — wohl nichts geändert. Bemerkenswerth ist hier ein vom Landesherrn
bestätigter und publicirter Vergleich zwischen dem Superintendenten Ulrich und dem Rathe zu
Zerbst über die Bestellung und Entlassung der Kirchendiener vom 5. Juni 1572.
Wir drucken diesen Vertrag nach dem mit der Unterschrift des Fürsten versehenen
Original im Zerbster Superintendentur-Archiv 29, 451 ff. erstmalig ab. S. unter Zerbst.
Eine wichtige Neuerung aus seiner Regierungszeit ist hervorzuheben. Seit dem Jahre
1578 wurden die Ordinanden aus Anhalt nicht mehr nach Wittenberg geschickt, sondern wurden
in Zerbst selbst ordinirt. Es hängt dies mit den Zerwürfnissen zusammen, die zwischen Anhalt
und Kursachsen über die Concordienformel entstanden waren. Joachim Ernst war zur Unter-
schrift der letzteren nicht zu bewegen gewesen. Noch unabhängiger von Kursachsen stellte man
sich durch die Errichtung des Gymnasium illustre, 1581. (Vgl. Kindscher, Gesch. des hochf.
anhalt. akadem. Gesammtgymnasiums zu Zerbst. Gymnasialprogramme von 1868, 1871; Becker,
Eine theologische Hochschule, in: Mittheilungen des Anhalt. Geschichtsvereins 7, 423 ff.; Der-
selbe, in: Theologische Studien und Kritiken, 1897, S. 116 ff.) Auf einer eigenen Hochschule
wollte man den theologischen Nachwuchs heranbilden; unbeeinflusst von den neueren Witten-
berger Lehren, insbesondere der Lehre von der Ubiquität Christi, sollte die anhaltische Geist-
lichkeit erzogen werden. Den Ordinationen ging in der Regel ein Examen vorher. Der zu
Prüfende war von der Gemeinde bezw. dem Rathe der Stadt und, wenn die Stelle Patronats-
stelle war, von dem Patron bereits für die Stelle in Aussicht genommen und dem Fürsten un-
maassgeblich genannt bezw. vom Patron präsentirt worden. Der Fürst schickte den Bewerber
in der Regel mit einem Schreiben des Kanzlers an Amling zur Prüfung und Ordination.
Die Examina nahm Amling zumeist persönlich vor, und zwar allein; seltener wird die Anwesen-
heit weiterer Examinatoren hervorgehoben. Und wenn dies der Fall, so geschieht es ohne
Namensnennung und in der Form, dass Amling deutlich als die ausschlaggebende Persönlichkeit
hervortritt. Die Ordinationen geschahen für das ganze Land ebenfalls gleichmässig in Zerbst
in der Nikolaikirche (auf Kosten der betreffenden Gemeinde). Der Superintendent Theodor
Fabricius in Bernburg erklärt in einem Schreiben vom 1. October 1605 an Amling: „quum
certas ob causas ad vestrum ministerium spectent examen et ordinatio.“ Der Superintendent
von Zerbst war eben der höchste kirchliche Beamte des Landes, wenn auch die förmliche Be-
stellung als Generalsuperintendent nicht nachweisbar ist. Er war stets die rechte Hand des
Fürsten und, zumal ein Landesconsistorium fehlte, die erste kirchliche Autorität.
In der Organisation der Einzelgemeinde blieb es ebenfalls beim Alten. Kirchenväter
oder Kirchenvorsteher verwalten nach wie vor das Kirchengut. Sie haben alljährlich vor den
Amtleuten, Schössern bezw. den Herren mit eigenen Gerichten, sowie vor den Superintendenten
und Pfarrern Rechnung zu legen. Es besteht also keine kirchliche Verwaltung, sondern die
kirchlichen Organe haben nur Antheil an einer Controle.
Die Klagen über Entwendung oder sonstiges Abhandenkommen von Kirchengut, die uns
so häufig entgegentreten, sind auf diese Weise leicht erklärlich. Aber von dem Vorwurfe ab-
gesehen, den man gegen den Fürsten und seine Rathgeher in der Richtung erheben könnte, dass
sie das Übel nicht an der Wurzel anfassten, kann man dem Fürsten und auch den Super-
intendenten das Lob nicht versagen, dass sie das Möglichste zur Erhaltung des Besitzes der
 
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