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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (2. Band = 1. Abtheilung, 2. Hälfte): Die vier geistlichen Gebiete (Merseburg, Meissen, Naumburg-Zeitz, Wurzen), Amt Stolpen mit Stadt Bischofswerda, Herrschaft und Stadt Plauen, die Herrschaft Ronneburg, die Schwarzburgischen Herrschaften, die Reussischen Herrschaften, die Schönburgischen Herrschaften, die vier Harzgrafschaften: Mansfeld, Stolberg, Hohenstein, Regenstein, und Stift und Stadt Quedlinburg, die Grafschaft Henneberg, die Mainzischen Besitzungen (Eichsfeld, Erfurt), die Reichsstädte Mühlhausen und Nordhausen, das Erzbisthum Magdeburg und das Bisthum Halberstadt, das Fürstentum Anhalt — Leipzig: O.R. Reisland, 1904

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https://doi.org/10.11588/diglit.26561#0555

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109. Die von Nicolaus Hausmann verfasste Ordnung. 1532.

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gehen, wie dan der engel in der geburt Christi
auf erden friede gewünscht hat: Auf erden etc.
Wil man im advent1) noch etwas got zu lobe
latinisch zur metten, als den sequenz oder den
hymnum halten, mag wol on beschwerunge zu
gehen, davon gotis güte gelobet und der frolichen
gesenge zu der zeit nicht vergessen und dem
ewigen got gedankt würde. In der predigt kann
das jargedechtnis sunst wol gedacht werden.
Umb achte2) sollen die hore, wie zuvor, gehal-
ten, alle tage, am freitage umb neun hor gesungen
werden und complirt; wo aber zu teufen irgent
ein kint bracht, darzu sall mit dem glocklein ge-
stimpt werden, das volk und pathen damit zu-
erinnern, zur teufe mit andacht zu kommen und
mit zu beten oder singen, dan es sal dis sacrament3)
herlich, wi das ampt der messen von allen christen
geeret, mit zucht und gotisfurcht gehalten werden
und bei dem ampt mit gebogenen knien sein
heubt und innikeit mit danksagunge erzeigen,
also sein leben lang des bunds nicht vergessen
und darinnen aufwachsen.
Zur metten am suntag4) wirts gehalden wie
zuvor, alleine zur andern stunde, sunderlich im
summer sal am langen tage umb 4 geleutet
werden, dan es geschicht umbs wachens willen,
doch halben weg zu fünfen wirt zusammen ge-
schlagen werden, auf das die schüler mügen ge-
rüst sein, in die metten zu kommen und das
gemeine volk an heiligen tagen alzugleich ge-
müssiget sich dister eher zur prediget schicken
mag, dan umb des gesindes willen wirt am mesten
die morgenstunde fürgeschlagen, nach mittage ists
schleferlich und verdrossen, so haben auch vil
aus dem gesinde unter der hochmesse daheim zu
schaffen und wirt also am füglichsten gehalten.
Am suntage5) und andern grosen feiertagen zur
vesper sal ein ubunge auch gehalten werden mit
singen, wie zum teil in weinachten fur genommen,
das volk sich mit iren kindern gewene, den feier-
tag zu heiligen und got zu loben, dan sunst alleine
spacirt wirt und gesoffen. Es wirt auch ein deuzsch
capitel aus Sanct Paul wie sunst an dem tage die
epistel zur hochmesse gelesen, das gemeine volk
zu erinnern zu guten werken, darauf das magni-
ficat gesungen und pro pace etc. in deuzscher
sprach. Am werkeltage, so imands müssikeit halben
kommen mocht, on verhinderunge zur vesper6),
und sunderlich wan ein kindlein wer zu teufen,
wirt auch ein deuzsch capitel furgelesen7), aber eins
zu erinnern die christen und trosten die vorzagten,
dan es sal alles zur besserunge in der kirchen
geubet werden, domit nimant klagen dürfe, er
habe nicht zeit zu horen und lernen; es sal aber
1) Adventus. 2) hora. 3) baptismus. 4) In
dominica et festis ad matutinas. 5) Dominica in
vesperis. 6) Vespere in feriis. 7) Deutsch capitel
lesen alle tage in der vesper.

alles kurz voramt [= veramtet] werden, den uber-
drus1) zuvorhüten. Pulpitum in altari crucis.
Baptismus.
Sal alzeit zur taufe umb achte ader zwei
umb die vesper ein zeichen mit der glocken ge-
geben werden, das müssige volk und kinder zu
vorsammeln, dan dis hochwirdige erste sacrament
sal nicht im winkel und heimlich gebraucht werden,
sundern offentlich und herlich in deuzscher sprach
wie angefangen, dan ir nutz und noth sal iderman
wol wissen, dan die taufe ist der bund2), den got
mit allen christen gemacht, wie die beschneidunge
Abrahe entpfolen war, wilche ein figur der tauf
gewesen, und von der taufen an der mensch sein
bussfertig leben anfehet den alten menschen zu
todten, darumb zur zirheit und auch das volk zur
andacht werde gereizt; wan der prister das kind
hat exorzirt und die umbstehenden pathen unter-
richt, sal als balde, weil das kindel zur s. taufe
bereitet, ein gesang3), nemlich der glaub, ader nu
bitten wir den heiligen geist eintrechtig gesungen
werden. Wil man auch zur danksagunge nach
der taufe was singen, ist auch nicht bose.
Sepultura.
Zu begraben ist keine bequemer stunde, dan
nach der vesper und wan man wil begraben, sol
ein puls geleutet werden oder mit einer glocken
ein zeichen gegeben, das volk zu fodern oder zu
erinnern und das begrebnus sol, wie am ersten ist
angefangen, gehalten werden mit procession und
gesange und so balde die leich ist ins grab gelegt4)
und der her pfarrer die erde mit den worten:
„Du bist ein erde klos etc.“ ins grab geworfen,
soln die schuler und das gemeine volk mit dem
gesange in die kirche gehen, alda zuweilen eine
vormanunge horen, mit einer deuzschen collect
gelesen. Dan es ist im winter ser kalt und im
summer der luft halben nicht sicher, lange beim
grabe zu stehen. Dan in der kirchen sal das volk
zum almusen5) denarmen zu geben, nicht der selen
zu gut, sundern aus libe, vormanet werden.
Die kleinen kinder6), so man sie begraben will,
sollen mit frolichem gesange bestetiget werden,
dan sie nu in der unschult Christi ganz rein vor-
schiden sein und entschlafen.
Mit dem leuten7) sols nicht zugehen wie vor
zeiten, sundern im holen und gehen mus dis ge-
scheen und nicht das ein jeder macht habe, die
strenge zu zihen, sundern die vorordnet dem
kirchner aus der freundschaft oder sunst bestalt,
auf das nicht ein unordenlich gemenge und ge-
schrei wie vorzeiten gehort.
Es wer noch fein, das ein sunderlicher toden-
greber8) verordnet würde und ein zimliche besol-
1) Fastidium. 2) Bund. 3) Cantilena. 4) Ein
becken zu sezen. 5) Eleemosynae. 6) Parvuli. 7) Pulsus.
8) Polynctor [= pollinctor, Leichenwäscher].
 
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