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Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (2. Band = 1. Abtheilung, 2. Hälfte): Die vier geistlichen Gebiete (Merseburg, Meissen, Naumburg-Zeitz, Wurzen), Amt Stolpen mit Stadt Bischofswerda, Herrschaft und Stadt Plauen, die Herrschaft Ronneburg, die Schwarzburgischen Herrschaften, die Reussischen Herrschaften, die Schönburgischen Herrschaften, die vier Harzgrafschaften: Mansfeld, Stolberg, Hohenstein, Regenstein, und Stift und Stadt Quedlinburg, die Grafschaft Henneberg, die Mainzischen Besitzungen (Eichsfeld, Erfurt), die Reichsstädte Mühlhausen und Nordhausen, das Erzbisthum Magdeburg und das Bisthum Halberstadt, das Fürstentum Anhalt — Leipzig: O.R. Reisland, 1904

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https://doi.org/10.11588/diglit.26561#0560

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546

Das Fürstenthum Anhalt.

gott, liebe jegen nehsten in vielen erkalden und
zu besorgen, das kunftig wenig konig, fursten und
potentaten zu finden, wilche so viel zu kirchen
und schuelen so reichlich zu geben werden gneigt
sein, als Carolus magnus, Otto primus, Henrichus
auceps, auch die alden churfursten zu Sachsen,
die alden fursten Anhalt etc. ander in deutscher
nation geben haben, doch wirt got etlicher fursten,
andern gotforchtigen leuten ir herz und gemut
erwecken, und den rechten waren gotts dinst, die
heilig religion, das das ministerium verbi, das
reich Christi und recht pristerthumb der lere und
gebets, do Christus der oberst lerer, pfarrer, hirt,
und priester ist, wie der 110. psalm sagt1), er-
halden, wie seer auch die welt die kirchen guter
strauet und wustet, wie unwillig auch man sich
gleich zu kirchensachen und recht gotts dinst zu
fodern und zu erhalden stellet.
Das jungfrau kloster belangend, bin ich be-
richt von der abbatissin ader domina selbst, das
24 personen noch dor inne sind, wilche mehr teils
nun also alt, das inen der tisch und die almos
wol vonnöten.
So das klosterleben nun und sein missbrauch
auch am tage ist, were zuvorordenen, das sie
kunftig niemands mer ufs neu von personen solten
einnemen, und wan dise personen vorstorben, das
alsdan das einkomen des klosters zu andern rechten
gottsdienst, predigampt, schuelen, dergleichen
kirchesachen gebraucht worde, so auch itzund vil
weniger person im kloster, dan der zeit, do es noch
in unvorrückter klosterordenung gestanden, were
von dem einkommen den personen, so am leben,
ir notturft (doch das sie nit klagten) zuvorordenen,
mit dem andern einkomen hett man die prediger
und schuele zuvorbessern, ander notig empter zu-
bestellen.
Ceremonien, geseng und ritus in der kirchen
belangt; hab ich mit dem herrn doctorn Conrado
Figenbutz mich dor vor unterredt, derselbige be-
richt, das m. g. fursten und hern, furst Wolfgangs,
auch m. g. h. der dreier fursten gemuter allzeit
wol also gewest, das der eusserliche gotsdinst mit
der messe, communion, festen, solten gehalten
werden allenthalb in form und mass, wie zu Wit-
temberg, aber er hab es also funden, wie es itzund
stehet, darum hab er es also lassen bleiben.
Nachdem aber m. g. fursten und hern, auch die
stadt und kirche Zerbst, in den furnemsten stucken,
als namlich mit der lere, so auch in der apologia und
confession in ein summa gefasset ist, alles der kirchen
Wittemberg eintrechtig halden und leren, so
brengets bei einfaltigen vil vordacht und ergernis,
das es nit mit der communion, mit den festen und

1) Tu es sacerdos in aeternum (hinzugeschrieben
von Jonas).

christlichen feiertagen durchs jar, mit den sacra-
menten, mit andern dingen, nit auch gleich-
formickeit solt gehalden werden.
Dorumb sollen beide pfarrer zu S. Niclas und
S. Bartholomeus forthin sampt iren diacon und
mitgehulfen alle eusserlichen ceremonien und
gottsdienst mit der kirchen Wittemberg (wie es
do itzund durch doctor Martinum geordet in werk
und ubung gehett) gleichformig halden.
Darumb sollen in der christlichen communion
ader messe die verba consecrationis forthin nit
also geteilet, ader interpolata verba, sonder korz
uf einander, wie zu Wittemberg gesungen werden
und an einem ort des altars corpus Christi, am
andern calix sanguinis Christi gereicht werden.
Und in etlichen predigten solln der pfarrer,
die diaconi darvon das volk unterrichten, das solchs
umb gleichformigkeit willen geschicht, und das es
an substanz der communion kein enderung brengt,
und so in der pfarre und kirche zu S. Bartholomes
in etlichen dingen ungeleicheit bis anher fur-
gefallen, sol es doselbs forthin auch in massen
wie zu S. Niclas gehalden werden.
Und sollen die pfarrer beide, auch die diacon
vleis vorwenden, das sie, so viel imer muglich
durch gottes gnade und hulfe, im [sic!] und ein-
trechtiger reiner lere, in ceremonien und kirch-
ordnung gleichformicker halden etc.
Und domit also in diser kirche zu Zerbst
gleichformickeit mit Wittemberg muge gehalden
werden (bissolange das gott gnade vorleihet, das
in vielen andern steten und kirchen durch ein
national concilium etc. ader sunst einigkeit in lere
und eusserlich gottsdinsten muge aufgericht werden,
so sol der pfarrer zu S. Niclas doctori Pommerano,
ader doctori Martino Luthero selb1) schreiben,
die kirchenordenung zu Wittemberg zubekommen
und mit derselbigen so vil muglich sich vor-
gleichen.
Was auch den gemeinen kasten belangt zu
erhaldung der kirchen empter und hulfe jegen
die armen, sollen die beide pfarrer itzlicher in
seiner pfarre mit zu der rechnung gezogen werden
und soll aller vleis furgewendet werden, domit
der gemein kasten mit solchen personen und vor-
steher bestellet, wilche treulich und vleissig der
gemeind vorstehen.
Und wue ein commissarie aus befel der land-
fursten vorordet, uf die pfarrer zusehen, das sie
ires ampts vleissig warteten, sol derselbige sampt
dem obern pfarrer zu S. Niclas mit sonderm
hohen vleis darauf merken und acht geben , das
eintrechtig lere unter den predigern, auch guter
friede, liebe, freuntliche wille und einickeit er-
halden werde, dan wo unter denen zwispalt, irrung

1) Von Jonas corrigirt: oder mir.
 
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