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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (2. Band = 1. Abtheilung, 2. Hälfte): Die vier geistlichen Gebiete (Merseburg, Meissen, Naumburg-Zeitz, Wurzen), Amt Stolpen mit Stadt Bischofswerda, Herrschaft und Stadt Plauen, die Herrschaft Ronneburg, die Schwarzburgischen Herrschaften, die Reussischen Herrschaften, die Schönburgischen Herrschaften, die vier Harzgrafschaften: Mansfeld, Stolberg, Hohenstein, Regenstein, und Stift und Stadt Quedlinburg, die Grafschaft Henneberg, die Mainzischen Besitzungen (Eichsfeld, Erfurt), die Reichsstädte Mühlhausen und Nordhausen, das Erzbisthum Magdeburg und das Bisthum Halberstadt, das Fürstentum Anhalt — Leipzig: O.R. Reisland, 1904

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https://doi.org/10.11588/diglit.26561#0586

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572

Das Fürstenthum Anhalt.

jeder mit zweien satzen seine notturft deduciren
und zum urteil beschliessen müge und solle, doch
das im letzten satze keine neuerung eingefüret.
Solche akten sollen hernach auf der parten
uncosten vorschicket und vorsprochen, do auch
beweisungen zuvorfüren den parten auferlegt,
sollen dieselbigen in sechsischer frist, wie breuch-
lich, volfüret, und, do es publicirt, jederm teil
wider mit zweien satzen, abgewechselter weise,
solches zu disputiren, zugelassen, und sonsten one
unser vorwissen keine leuterung weiter nachgegeben
werden, dann weil es bei dem richter stehet, in
solchen privilegirten sachen summarie oder servato
iuris ordine zu procediren, wöllen wir uns uber
obberurte unsere vorordenunge, ob an uns von
den geistlichen richtern oder den parten was
weiter gelanget, nach gelegenheit und umbstende
der hendel unvorweislich zubezeigen wissen.
Was aber in solchen processen vor unsern
superintendenten erkant, sollen unsere amptleute,
ritterschaft, richter, voigte und rethe der stedte,
weme es gebüret, darüber die gebürliche execution
unwegerlichen thun und ergehen lassen.
Do aber in diesen fellen was fürstünde,
daraus uns oder unser herschaft land und leute
nachteil zu befahren, soll uns nicht vorhalten,
sondern jeder zeit angemeldet werden.
Als was aber von unser landschaft, sonder-
lichen den stedten, undertheniglichen angelangt,
das wir in unserm lande selbsten ein consistorium
anrichten wolten, do wir nun zur fürderlicher ge-
legenheit und mit zeitigem rath ein consistorium
bestelleten, sollen darnach vor demselbigen diese
sachen geörtert werden, wie wir solches alsdann
weiter wollen vorordenen und der notturft nach
publiciren lassen.
III.
Ehesachen.
Als wir hiebevorn, neben obgemelten unsern
freundlichen lieben vettern und brüdern seligen,
in unsern landen die heimliche winkelvorlöbnis,
sonderlich welche one vorwissen und bewilligung
der eltern oder derer, so an der eltern stat sind,
geschehen, nicht geduldet, weil wir dann noch-
mals anderst nicht befinden, dann das daraus
allerlei unrichtigkeit, auch vorwirrunge erfolget,
und hierdurch den eltern und obrigkeit schuldiger
gehorsam, göttlichem gebot zuwider, entzogen wirdet,
so seind wir nicht bedacht, zugestatten, das
solche personen in unsern landen sich aufbieten
lassen oder ire hochzeit halten mügen, ob wir wol
dem ublichem rechten hierin, ob solche ehe kref-
tig oder nicht, vorzugreifen nicht gemeinet. Were
es aber sache, das etzliche eltern oder gefreunden
unbilliche hertigkeit gebraucheten und one er-
hebliche rechtliche ursachen der kinder oder vor-

wandten ehe hinderten, (wie oft zu geschehen
pflegt) auf den fall wollen wir mit linderung der
strafe und sonsten uns der billigkeit zu erzeigen
wissen. Sonsten sollen unser superintendenten die
irrungen und gebrechen in ehesachen vleissig in
gütlicher handelunge erwegen, damit den gewissen
geholfen und wider die verbotene gradus, wie von
etzlichen unsern vorfahren hierin auch vorsehung
geschehen, nicht freventlich gehandelt.
Es sollen aber die superintendenten und pfar-
herrn frembden unbekanten gemeinen personen,
ehe und zuvor sie ires herkommens, wesens und
wandels ehrlichen und gnugsamen schein für-
bringen , oder sonsten nach gestalten sachen mit
gewissen bürgschaften vorsicherunge thuen, zu
heirathen nicht nachlassen, noch sie aufbieten,
oder sie copuliren, dann sich oft zutregt, das solche
unbekante personen anderer örter mit ehe auch
vorbunden, und sich allerlei weiterunge darnach
vorursachet.
Als uns auch glaublich fürkümpt, das etzliche
mit zweien oder dreien underschiedliche vorlöbnus
halten, und aber nicht billich, das solcher betrug
und leichtfertigkeit denselben personen, so es
wissentlich geübt, zum besten komen solte, der-
wegen sollen dieselbigen in unsern landen nicht
geduldet, sondern daraus ewig vorwiesen werden.
Welche personen auch sich nur einsten mit
einer andern, so albereit mit andern vorlöbnus
gehalten, einliesse und von berurter ander person
vorigen vorlöbnus wissenschaft trüge, sol dieselbige
gleicher gestalt des landes vorwiesen werden, aber
welch teil des betrugs unschüldig und unwissend,
soll mit dieser strafe verschonet sein.
Do aber jemandes von unsern unterthanen in
seiner gewahrsam betrügliche gelübnus wissentlich
gestattet und vorhelete, der oder die sollen den
gerichten dreissig taler zur strafe vorfallen sein,
oder, do er es an gelde nicht hette, der gerichte
vorwiesen werden.
Es wird uns auch fürbracht, wie sich viel
exempel teglich zugetragen, das diejenigen, so
öffentlich vorlöbte gehalten, für der zeit des ordent-
lichen kirchganges sich zusammen finden, und also
die kindtaufe ofte vor oder mit oder bald nach
der hochzeit geschehe, welches ergerlich und guten
sitten zuwider.
Weil dann dieselbigen irer ehre nicht erwarten
und die gemeine ergern, sollen dieselbige personen
semptlichen dreissig taler zur strafe vorfallen sein,
welche die gerichtshalter jedes ortes auf den fall
werden unseumlichen von inen einzubringen wissen,
oder, do sie es an gelde nicht vormöchten, auf
ein halb jahr sich unser lande zu eussern, an-
gehalten werden.
Damit auch solchem ergerlichen wandel, so
viel müglichen, vorkommen, gepieten wir bei peen
 
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