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Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (3. Band): Die Mark Brandenburg, die Markgrafenthümer Ober-Lausitz und Nieder-Lausitz, Schlesien — Leipzig: O.R. Reisland, 1909

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https://doi.org/10.11588/diglit.26784#0062

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Die Kirchenordnungen. Die Mark Brandenburg.

glaub rechtschaffen und thetig, da müssen auch
solche gute werk folgen. So sollen wir auch
fleissig sein und anhalten am gebet und on unter-
las bitten: erlass uns unser schuld etc., daneben
vor die obrigkeit und fur alle not der christlichen
gemein ; doch sol man sich in allwege wol fur-
sehen, das man mit den werken also umbgehe,
das man das vertrauen nicht in die werk stelle,
dadurch frum und gerecht fur gott zu werden; denn
wo solchs geschehe, were es ganz unrecht, und
tügen als denn die werk gar nichts, sondern
weren verdamlich; denn so wir uns selber hetten
können durch unsere werk selig machen, hette
Christus nicht dürfen fur uns sterben, were auch
nicht not, das wir beteten: erlass uns unser
schulde. So machen wir uns auch daraus einen
eigen gott, und were also verdamlich, und wider
das erste gebot; wie denn nachfolgend im artikel
von der lere, ferrer ausdrucklicher und deutlicher
davon meldung beschicht.
Von der lere.
(= der Brandenburg-Nürnberger K.O. von 1533, jedoch
mit folgendem Zusatz:)
Wie wol es der bischofe furnemlich ampt
ist, so gebürt es doch auch den christgleubigen
fursten, darauf zu sehen, das die heilsame lere des
heiligen evangelii in iren landen ausgebreitet,
und was dem entgegen, abgethan, auch die hoch-
wirdigen sacrament nach befelch des, der sie
eingesetzt, gehandelt und gute christliche ordnung
dem göttlichen wort gemes aufgericht und ge-
halten werden. Daher sein viel löblicher könig
und fürsten, welche die aufgerichten greuel on
gottes befelch ausgerottet, in der schrift höchlich
berümbt, und die das übergangen oder solch mis-
breuch angericht, als die das volk mit sich
sundigen gemacht, heftig gestrafet, wie das die
bücher der könige und andern croniken aus-
weisen, die alhie zu erzelen unnötig. Darumb sol
man gott danken, der der fürsten herzen aus
sonderlichen gnaden inen selbst und den armen
unterthanen zu gut darzu bewegt, und mit fleis
bitten, solchen heilsamen furnemen einen seligen
fortgang zu verleihen. ln dem aber stehet das
haubtstück und furnemst, das die lere rein und
gewis sei und auf das göttliche wort, wie das in
der schrift verfasset, und nicht auf menschlich
opinion gegründet; denn on das kan man mis-
breuch nicht erkennen, viel weniger abthun; und
ob es gleich eusserlich abgeschafft, bleibt es
dennoch im herzen bekleben, ist derwegen einem
christlichen fürsten am höchsten von nöten,
darauf acht zu haben und zu trachten, das solche
lere gehalten, die die heilsame lere des heiligen
evangelii mit ernst meinen und nicht die selbe
hassen, verspoten, mit sonderlichen opinionen gerne

umbgehen oder unter einem verdeckten schein
gleichwol das jegenspiel suchen und meinen, da-
durch das evangelium vertunkelt oder nicht kreftig
seinen lauf haben mag, oder daneben, das bei
dem nicht stehen kan, zu erhalten, denn solchs
macht bald das volk irre. Nu ist gott hab lob und
ehr, was die rechtschaffene christliche lere also
durch die heilige schrift an tag gebracht, das es
auch die widersacher nicht widersprechen mögen,
und ob sie wol es nicht leugnen können, und es
mit andern worten gerne ausreden wolten, so sind
sie doch bisher alle daran zuschanden geworden,
und stehet die summa der christlichen lere, kurz-
lich hierinne verfasst, das gepredigt werde die
buss und vergebung der sunde durch den glauben,
in dem namen des herrn, und denn die folgende
wirdige früchte der buss und glaubens.
Zu verkündigung der buss ist not der predigt
des gesetzs, daraus die sunde und gottes gericht
erkent wird, aus dem die rechtschaffen buss her-
fleust, darumb sol man die nicht leiden, die das
evangelium so rohe, on predigt des gesetzs und
der busse, zu verfurung der leut zu predigen fur-
nemen ; so doch der herr und die apostel aus
seinen befelch und alle heilige lerer diesen pro-
cess gehalten, die predigt der buss zum evangelio
verfügt; denn der rechte glaub ist nicht an er-
kentnis der sunde und buss, und wie der herr
selber sagt Math. 21.: Non habuistis poenitentiam
ut crederetis, den kranken, die ire gebrechen und
sunde fülen, die suchen und begeren der arznei;
und wie der herr Luce 4. aus dem Isaia cap. 61
sagt, wem er gesand sei, das evangelium zu
predigen, nemlich den armen zu heilen die zu-
stossen herzen, zu predigen den gefangenen, das
sie los sein sollen, und den blinden das gesicht,
und den zuschlagenen, das sie frei und ledig sein
sollen, und zu predigen das angeneme jar des
herrn. Und also gehört die fröliche botschaft des
evangelii den zuschlagenen und zubrochen herzen,
welche die sunde und gottes zorn in sich fülen,
nicht aber den rohen sichern menschen, die da
wider gott noch den menschen fürchten, noch
auch denen, die eben so heilig bei sich selber
sein, das sie keine sunde bei sich fülen, so sie
doch darin im grunde versoffen sind; denn ob
denen viel von vergebung der sunde gepredigt
wird, weil sie der sunde nicht achten, oder auch
nicht meinen, das sie sünder sein, oder dieselbe
nach auch fur heiligthumb wollen halten, den ist
diese fröliche botschaft des evangelii mehr ein
tand und spot, wie an den ungleubigen heiden
und phariseern zu sehen. Solchen seuen und
hunden verbeut der herr die perlen und dis ware
heiligthumb vorzuwerfen, sondern solchen gehört
die predigt des gesetzes, damit sie erschreckt und
erinnert irer grausamen sunde, nicht der allein,
 
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