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Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (3. Band): Die Mark Brandenburg, die Markgrafenthümer Ober-Lausitz und Nieder-Lausitz, Schlesien — Leipzig: O.R. Reisland, 1909

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https://doi.org/10.11588/diglit.26784#0134

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Die Kirchenordnungen. Die Mark Brandenburg.

das sie mit der antwort darauf nicht eilen,
sondern die etwas aufziehen und zuvor ihre
pfarrer und mitgehülfen, die gelerter und erfahrner
sein denn sie, darinne zu rathe ziehen sollen, auf
das sie den geengsten und beschwerten gewissen
bestendigen und in der schrift gegründten rath
und trost mittheilen mögen.
Es gebühret auch den caplenen und predigern,
sich wider ihren pfarrer an den rath oder ge-
meine nicht zu beugen, sondern ihre pfarrer und
zugeordente gehülfen, die elter sein dann sie, in
allen ehren und reverenz zu halten, sich auch
nicht zu schemen und zu entsehen, sie in schweren
und dunkeln artikeln der heiligen schrift zu con-
sulirn und sich von ihnen weisen und unterrichten
zu lassen.
So sollen auch die caplene und prediger mit
bösen leben und sitten das ministerium evangelii
nicht deformiren, auch niemand zu ergernussen
anleitung geben, sondern jederman mit guten
exempeln in lehre und leben fürgehen.
Von den zuhörern göttlichs worts.
Dieweil einem jeden menschen sein eigen
gewissen und seelenheil, auch betrachtung der
gegenwertigen noth, gefahr und ungewissheit
dieses vorgenglichen lebens treiben und reitzen
solle, gottes wort, als den edelsten schatz auf
dieser erden gros zu achten, gerne auch mit reinen
herzen und fleisse zu hören, ist den zuhörern zum
höchsten von nöthen, das sie die sicherheit und
verachtung göttlichs worts ablegen und ein jeder
vor sich die predigt in der öffentlichen versam-
lung also höre, das es ihm ein ernst sei und den
fürsatz habe, etwas daraus zu lernen und sein
leben zu bessern, auch in seinem hause wol und
ehrlich hauszuhalten.
Darneben sollen sie auch ihre kinder und
gesinde fleissig zur kirchen halten und neben
ihnen die heuptartikel christlicher lehre, wie die
in dem catechismo Lutheri aufs kürzte begriffen
seind, auswendig lernen, auf das sie, wann sie
von unsern visitatorn, ihren pfarrern oder andern
befragt würden, rechenschaft ihres glaubens geben
und in anfechtungen sich selbst mit gottes wort
trösten, auch vor den secten und schwermern sich
hüten können.
Zudem sollen sie der heiligen hochwirdigen
sacrament mit ernstlicher anrufung und dank-
sagung, in betrachtung des herrn Christi grosse
gnaden, sterben, auferstehung und gnediger ver-
heissungen, auch zu sterkung und erweckung
ihres glaubens, liebe, gedult und anderer christ-
lichen tugenden ofte gebrauchen.
Und wann sie communicirt haben, sollen sie
sich nicht alleine den tag, sondern allewege also

verhalten, das menniglich spüren müge, das es
frucht bei ihnen geschafft habe.
Darnach sollen die zuhörer göttlichs worts,
die pfarrer, caplene und prediger, als diener
Christi und austheiler seiner gnaden erkennen
und ehren, auch sie in der kirchen als gott selbst
predigen hören und dafür halten, das gott bei
ihnen sei, der sie leitet und führet und dero-
wegen sie nicht ihrer person halben, sondern um
ihres amts und gotts worts willen, damit sie ge-
zieret sein, lieb und werd halten.
Und weil die pfarrer und prediger mit solchem
hohen amt beladen und derowegen ir zeitlich gut
zu mehren nicht acht haben können, seind die
zuhörer pflichtig, ihnen und den ihren nottürftige
unterhaltung beschaffen zu helfen und, do es in
den gemeinen kasten oder vorrathe nicht alles
verhanden, ein jeder nach vermügen dazu zu
contribuirn und zu haufe zu legen, und sie also
aus den privatis collectionibus mit zimlichen
stipendiis zu versehen, auf das sie von wegen des
darbens, in ihrem amte fleissig zu sein, unver-
hindert bleiben mögen, und solchs seind die zu-
hörer vormüge der göttlichen rechte schuldig, in
ansehung, das sie müssen vor ihre seelen wachen
und gott bitten, das er das reine wort vor des
teufels listigen anschlegen und anderer tyrannei
gnedigst erhalten wolle. Desgleichen wann ver-
folgungen geschehen, das sie erstlich ums wort
willen müssen herhalten, auch die zuhörer alsdann
vermahnen, das sie bei erkanter warheit, im
glauben bestendig bleiben mögen.
Sie sollen auch ihre pfarrer und seelsorger
nicht betrüben, sondern ihrer lehre folgen und
ihnen gehorsam sein, auch nicht murren oder
unwillig sein, ob sie gleich um ihrer sunde willen
gestraft werden, dann solchs geschicht ihnen und
ihrer seelen heil zum besten.
Also sollen sie auch die mengel der pfarrer,
die nicht ein bubenstücke auf sich haben, dem
evangelio zu ehren helfen zudecken und dissi-
mulirn. In betrachtung, das die menschliche
schwacheit so gros, das auch keiner unter den
heiligen so weit kommen ist, an dem kein mangel
befunden were, derwegen sollen sie inen nicht
bald etwas verargen, wenn sie allein gottes wort
reine lehren und in ihrem amte treu sein.
Und zu solchen allen, wie obstehet, sollen
sich die zuhörer gottes verheissungen und be-
drauungen, deren die h. schrift voll sein, reizen
lassen, dann wie reichlich gott, der almechtige,
es den gottfürchtigen, die den pfarrern und
dienern göttlichs worts guts gethan, vergolten und
inen das ire aufm felde, in scheunen, backofen
und uber tisch gemehret und gesegnet, und da-
gegen diejenigen an leib und gute gestraft und
ihre nahrung zerschmelzen lassen, die zu unter-
 
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