Metadaten

Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (3. Band): Die Mark Brandenburg, die Markgrafenthümer Ober-Lausitz und Nieder-Lausitz, Schlesien — Leipzig: O.R. Reisland, 1909

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.26784#0158

DWork-Logo
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
138

Die Kirchenordnungen. Die Mark Brandenburg.

lostheilung des klagenden theils fortfaren, dem-
selben auch, wann sichs in abwesen des andern
fromlich gehalten und kein unehrlich gerüchte
von ihm verhanden, sich widerum zu verehelichen
vergönnen.
Wolte es auch in casu desertionis das un-
schuldige theil beweisen, dass das weggelaufene
mit andern weibern gehuret und die ehe gebrochen,
so darf es der zeit der obgemelten vier jar nicht
erwarten, sondern soll ihm auf sein klagen wider
das weggelaufene ohne fernern aufzug offene
edict mitgetheilt und, wo das darauf nicht vor-
kommet und sich verantwortet, in desselben
ungehorsam, wie oben von des beklagten ungehor-
sam geordnet, der beweiss ordentlich zugelassen
und darauf, was recht, erkant werden.
Zuvor aber und ehe durch das consistorium
in diesen und dergleichen fellen sententia divortii
gesprochen und dem unschuldigen, wie obgemelt,
die andere ehe erleubt, soll keinem gestattet
werden, ein ander ehemahl zu nehmen, darum
die pfarrer die nicht treuen und solch eigen selb-
richtigs fürnemen ernstlich gestraft werden solle.
Das schuldige und condemnirte teil aber solle
in unser landen, ergernus zu vermeiden, nicht
wider gestattet werden.
Von den wegziehen, so unter eheleuten
aus redlichen ursachen und gescheften
geschicht.
Wann ein ehemahl amtshalben, als in kriegs-
leuften, schickungen, kaufmanns- und andern
hendeln oder sonst, mit bewilligung des andern,
aus billigen und nottürftigen ursachen hinweg
reiset und lange aussen bleibet, es were gefangen
oder nicht, soll das verlassen teil, weil es weis,
das sein ehegemahl am leben, ledig und ohne
anderweid Verehelichung bleiben, bis es von dem
tod des abwesenden vorgewisset werde und des
endliche glaubhafte kundschaft erlangt, darum
dissfals keins process von nöthen.
Da aber das verlassene nicht wüste oder nach
allem gehabtem fleisse nicht erfaren könnte, wo
sein abwesend ehemahl in solchem abreisen hin-
kommen , ob es auch noch am leben oder nicht,
so soll es fünf jahr lang, von der zeit an, do
sein ehegemahl ausgezogen, warten und darnach
vor unserm consistorio erscheinen und alldo seinen
handel, wie der gewandt ist, samt genugsamen
schein, das fünf jahr verlaufen und fleissige nach-
forschung geschehen sei, mit bestande fürbringen
und rechtmessigs bescheids darauf gewarten.
Würden dann die verordenten des consistorii
die fürgelegten kundschaften vor gnugsam befinden,
auch das verlassene daneben eidlich betheuren,
dass ihm keine schrifte oder botschaften, von

seinem abwesenden ehegemahl, in solcher zeit
zukommen und also nach allem angewandten
müglichen fleisse von ihm gar nichts erfahren
können, so sollen sie zu allem überfluss den ab-
wesenden durch ein offen edict und unter einem
geraumen termin citirn und vorbescheiden zu
kommen und seinem ehemahl beizuwohnen oder
zu sehen und anzuhören, welcher gestalt dem-
selben seins langwirigen aussenbleibens halben,
sich mit einem andern zu verehelichen erleubt
werde und wo er alsdann in der angesatzten zeit
nicht kommet, dem ansuchenden theil sich wider
zu verehelichen in schriften erleuben.
Von de.nen, die sich ehelich verlobt
und das verlöbnus mit dem kirchgange
nicht volnziehen wollen oder sonst
heimlich davon laufen.
Do das verlöbnus ordentlicher weise öffentlich
geschehen und es würde von einem teil mutwilliger
weise aufgezogen und wolte dasselbe mit dem
kirchgange nicht volnziehen, soll dasselbe durch
die obrigkeit dazu mit bedrauung der gefengnuss
angehalten oder do solchs nicht helfen wolte, ge-
fenglichen eingezogen und ehe nicht entledigt
werden, es habe dann caution gethan, die zu-
gesagte ehe wirklich zu volnziehen.
Begebe sich auch, das eine jungfrau oder
widwe mit einem öffentlich, wie sichs gebüret,
verlobt were und derselbe zöge one iren willen,
auch one billiche und redliche ursachen oder aber
heimlich ausserhalb des landes und kerne in dreien
jaren nicht wider, soll ir auf vorgehend öffentliche
citation und unsers consistorii erkantnis, frei-
stehen, sich mit einem andern zu verehelichen.
Ehescheidung von wegen der natür-
lichen untüchtigkeit.
Unser herr Christus hat dreierlei menschen
der ehe erledigt, Matth. 19, do er spricht: Es
seind etliche vorschnitten, die seind aus mutter-
leibe also geboren, und es seind etliche vor-
schnitten, die von menschen vorschnitten sein.
Und es seind etliche vorschnitten, die sich selbst
um das himmelreichs willen vorschnitten haben.
Derwegen, wo ein ehegemahl der natur halben
impotens und zur ehe untüchtig und ungeschickt,
auch solchs kund und offenbar ist, dasselbe kan
kein rechte ehe mit dem andern besitzen, darum
soll das tüchtige auf vorgehende causae cognition,
durch die scheidung, von ihm ledig gezalt werden,
in ansehung, das es keine ehescheidung, sondern
alleine eine declaration und erklerung, das
zwischen denselbigen personen nie keine rechte
ehe gewesen sei.
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften