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Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (3. Band): Die Mark Brandenburg, die Markgrafenthümer Ober-Lausitz und Nieder-Lausitz, Schlesien — Leipzig: O.R. Reisland, 1909

DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.26784#0159

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Visitations- und Consistorialordnung von 1573.

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Wo man aber de impotentia zweifelt, soll
die scheidung dieser person nicht fürgenommen,
sondern drei jahr lang damit verzogen und ver-
sucht werden, ob denselbigen der geschwechten
natur halben zu helfen were und hernach erstlich,
wo kein rath zu schaffen, die scheidung geschehen.
Es könte dann zwischen den beiden personen
gehandelt werden, das sie ohne forderung der
ehelichen pflichte beieinander bleiben und das
vermügende theil freiwillig keuschheit halten wollte,
auf den fall möchte man sie beisammen lassen.
Von den eheleuten, so die ehescheidung
suchen wegen der tyrannei, gifts oder
anderer gefehrligkeiten halben.
Wo sich ein fall begiebe, dass das weib in
gefahr ihres lebens, wegen der tyrannei oder
anderer ursachen halben, bei dem manne were,
und herwiderum, das der mann bei dem weibe
nicht sicher sein könte und sich befürchten müste,
sie möchte ihm das leben durch gift oder sonst
abstelen, und solchs bei unserm consistorio ge-
sucht würde, sollen die consistoriales die sache
hören und sonst inquiriren lassen, was hieran
sein möchte oder nicht; und do sie befunden, das
der mann also wie das weib klagte, sevirte und
tyrannei mit ihr triebe, das sie ihres lebens ge-
fahr stehen müste, so soll der mann gefenglich
eingezogen und nicht ehe ledig gelassen werden,
er habe dann angelobet und verbürgt, sich gegen
seinem weibe erbarlich und dergestalt zu halten,
als einem ehrlichen ehemanne zustehet und ge-
bühret. Würde er aber solchs nicht thun und
ferrer zu sevirn und wider sein weib zu wüten
vorfahren, soll er mit was herterm gefengnus so
lange gestraft werden, bis er seiner besserung
gewisse vorsicherung thut.
Befünden sie aber, dass das weib ihrem
manne, oder der man seinem weibe, mit gift oder
in andere wege nach seinem oder ihrem leben
gestanden und solchs würde bewiesen oder es
weren gnugsame indicia oder Vermutungen dazu
vorhanden, sollen die assessores solchs der welt-
lichen obrigkeit, do die beklagten gesessen, da-
rinne vermüge des heiligen römischen reichs
peinlichen halsgerichts ordnung und wie recht zu
vorfahren, auflegen.
Von eheleuten, so ohne in rechten zu -
lessliche ursachen von einander sein.
Als sich auch etliche zenkische eheleute,
alleine ihrer bosheit und muthwillens halben, von
einander begeben und sich zu scheiden suchen,
auch ungeachtet, wie fleissig zwischen inen ge-
handelt wirdet, einander nicht wider ehelich bei-

wohnen wollen und dadurch andern zu gleichen
fürnemen böse exempel und anleitungen geben,
sollen demselbigen aber vorzukommen, die ehe-
leute aus keinen andern ursachen, dann denen
davon oben meldung geschehen, gescheiden werden
und, wo sie ausser solcher in rechten ergründten
ursachen sich von einander begeben würden, soll
inen auferlegt werden, sich inner acht tagen
widerum zusammen zu begeben und einander
christlich und fridlich beizuwohnen.
Do sich aber ein theil des weigern und in
seinem unchristlichen vorsatze verharren würde,
dasselbe soll etwann vier Wochen mit dem ge-
fengnus gestrafet, und wann es dadurch auch nicht
zu vermügen, des Landes vorwiesen werden.
Von den geistlichen gütern und ein-
kommen, so den pfarrern und kirchen
genommen, entzogen oder sonst ab -
gedrungen worden.
Nachdeme in diesen bösen zeiten fast ein jeder
sich befleissigt, den göttlichen und allen be-
schriebenen rechten zuwider, unter wess schein
er immer kan, die geistlichen güter und ein-
kommen an sich zu bringen, welche doch die lieben
alten und vorfahren, zu beforderung göttlichs
worts, aus christlicher guter andacht zu kirchen
und schulen gegeben und voreigent haben, also
wollen und setzen wir zu verhütung und ab-
wendunge desselben, das die collatores, patronen,
pfarrer, gottshausleute, rethe und gemeine in
stedten und dörfern, noch sonst jemands unsers
churfürstenthums, nicht macht haben sollen, einiche
geistliche güter, heuser oder einkommen zu den
kirchen, pfarren, hospitaln und küstereien gehörig
zu verandern, vielweiniger in weltliche breuche zu
ziehen, es geschehe dann mit unserm oder unsers
geistlichen consistorii sonderlichen consens, be-
willigung und erkantnuss.
Und auf das sich keiner darüber unter
einichem schein der geistlichen güter und ein-
kommen unterziehen und die vor seine vertheidigen
möge, soll in unserm churfürstenthum und landen
niemands ohne rechtmessige ankunft und titel an
den pfarr- oder kirchengütern, wie die namen
haben mögen, durch den langwirigen besitz,
einichen eigenthum oder gebrauch vel quasi er-
langen, sondern, wo durch briefliche oder leben-
dige urkunden gebürlich ausgeführt und bewiesen
werden kan, das die entwandte güter geistlich
gewesen und der possessor könte seine ankunft
dokegen bestendiglich nicht darthun, so soll
der inhaber der güter davon abstehen und
dieselbigen widerum ad pios usus transferirt
werden.

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