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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (3. Band): Die Mark Brandenburg, die Markgrafenthümer Ober-Lausitz und Nieder-Lausitz, Schlesien — Leipzig: O.R. Reisland, 1909

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https://doi.org/10.11588/diglit.26784#0226

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Die Mark Brandenburg.
In Crossen war die neue Lehre schon seit 1525 verbreitet. Das Fürstentum Crossen
stand seit 1535 unter Markgraf Hans von Cüstrin. Nach seinem Tode erhielt seine Wittwe,
Catharina, das Fürstenthum als Leibgedinge überwiesen. Nach ihrem Tode (16. März 1574)
fiel die Stadt an den Kurfürsten Johann Georg von Brandenburg.
Unter Markgraf Johann fand 1554 eine Visitation durch den Superintendenten Wenzel
Kielmann von Cüstrin und den damaligen Verweser von Zabeltitz statt. Näheres ist aber
darüber nicht bekannt.
Markgräfin Catharina errichtete die Stiftung zum Haus-Armen-Lazarus. Zur Hebung der
Einkünfte liess sie eine eiserne Büchse anfertigen, welche auf den Hochzeiten herumgereicht
werden sollte. Sonntags wurden Teller vor die Kirchenthüren und Stöcke an die Thüren
gestellt als Sammelstellen. Ihre fromme Gesinnung bethätigte sie durch werthvolle Legate.
Sie vermachte 1000 Thaler zur Aufbesserung der Gehälter der Kirchen- und Schuldiener, dem
Hospital 400 Thaler und der Stadt die Apotheke. Vgl. oben S. 145 unter Herrschaft Beeskow
und Storkow.
Als Gesetzgeberin scheint sie hier nicht, wie für Beeskow-Storkow (s. daselbst), auf-
getreten zu sein.
Vom Jahre 1590 ist uns eine Visitation überliefert (St.-A. Berlin, R. 47, C. 5), die hier
aber nicht zu verwerthen ist.
Im Jahre 1593 fand eine interessante Auseinandersetzung über die Strafgewalt der
Geistlichen in Crossen statt. ln einem Erlasse vom 29. Juli 1593 an Christof von Rotenburg,
Hauptmann zu Crossen, tadelte der Kurfürst den Gebrauch, wonach die Lasterhaften während
des Abendmahls beiseite stehen mussten; das diene nur zum Gespötte und gehöre nicht in die
Kirche; für solche lasterhafte Personen gäbe es doch Halseisen und Pranger und ausserdem sorge
er durch seine Landesjustiz doch genügend für Bestrafung. Hierauf bezügliche Verhandlungen
fanden zwischen dem Rathe und dem Pfarrer Ulrich Meisner statt. St.-A. Berlin, 47, 2.
Die Pfarr-Matrikel von 1701 findet sich im Reg.-Archiv Frankfurt a. d. O., P. IV
Sect. 5, Litt, C.

Dramburg.
Niessen, Geschichte der Stadt Dramburg. Dramburg 1897.
Über die Reformationsgeschichte dieser Stadt in der Neumark s. Niessen, S. 138 ff.,
387 ff., 402 ff. Auffallend ist die von Niessen mitgetheilte, aber leider nicht näher belegte,
also nicht kontrolirbare Nachricht, dass mit der Übernahme der Pfarre die Pflicht verbunden
gewesen sei, die Wittwe oder die Tochter des Vorgängers zu heirathen. Es wird sich hier
wohl mehr um thatsächliche Vorgänge handeln, die allerdings leicht zu einem Gewohnheits-
recht führen konnten. Niessen erwähnt, dass in zwei Fällen die Wittwe eines verstorbenen
Inspektors (Superintendenten) nach einander dessen zwei Nachfolger geheirathet habe. Darüber,
dass in Brandenburg diese Art der „ Wittwenversorgung“ eine rechtliche Form angenommen habe, wie
später in Pommern (vgl. Woltersdorff, Die Conservirung der Pfarr-Wittwen und -Töchter
bei den Pfarren und die durch Heirathen bedingte Berufung zum Predigtamte in Neuvorpommern
und Rügen, in Friedberg und Sehling, 1). Ztschr. f. Kirchenr. 11, S. 177 ff.), ist mir sonst
nichts bekannt geworden.
 
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