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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (3. Band): Die Mark Brandenburg, die Markgrafenthümer Ober-Lausitz und Nieder-Lausitz, Schlesien — Leipzig: O.R. Reisland, 1909

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https://doi.org/10.11588/diglit.26784#0294

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274

Die Mark Brandenburg.

aber einen thaler fordern. — Wurde auch ein
kranker in seinen lezten begehren, das der caplan,
so ihne in seiner krankheit besucht und in seinen
lezten getrostet, die leichenpredigt thun möchte,
so soll es demselben caplane gestatet und ihme
die gebuer dafur erlegt werden; aber des ver-
storbenen freundschaft soll daruber jemands etwas
mehr dafür zu geben nicht schuldig sein, noch
höher über seinen guten willen beschwert werden.
— Und sollen die funera den predigern desto
zeitlicher angemeldet werden, damit sie auf die
leicht-predigten studiren können; doch sollen sie
die leicht-predigten also fassen, das sie uber eine
halbe stunde damit nicht zubringen und die hand-
werker und andere leute zu ihrer ungelegenheit
disfals nicht aufgehalten werden mogen.
So haben auch der pfarrer und caplene des
privilegii vor ihre hausziese frei zu brauen und
ihr korn ohne erlegung des scheffelgeldes zu
mahlen wie andere pfarrer und geistlichen inhalts
der visitationordenunge zu geniesen, doch das sie
sich durch den missbrauch desselben nicht ver-
lustig machen. — Desgleichen sollen einem pfarrer,
der alters oder schwacheit halben sein amt nicht
mehr verwalten könte und alhie in der stadt
pleiben wurde, 50 gulden, und einem caplan
25 guld. auf sein leben zu seiner unterhaltung von
des pfarrers oder caplans einkommen jerlich folgen.
Als auch in unsers gnedigsten herrn visi-
tationordenung der pfarrer und caplene witwen
dergestalt begnadet, das ihnen die besoldungen
ein halb jahr nach ihrer herrn absterben folgen
und dogegen der pfarrer und caplene indes
das amt an des verstorbenen stadt bestellen
mussen, desgleichen weil der erbar und woll-
gelarter Andreas Reiche, burgermeister
dieser stadt, mit drein hundert thalern zu der
kirchendiener witwen wonungen christlichen be-
dacht, zweifeln die visitatores nicht, ein erbar
rath werde neben bemelten burgermeister Reichen
derselben witwen, wenn sie nicht ad secunda vota
schreiten, mit freier wonungen auf ihr leben, wie
in andern städten auch verordnet, zu versehen
unbeschweret sein, und sonderlich des nehist
verstorbenen arme wittwen und waisen in acht
haben, zuvoraus weil es ihr herr und vater
solchs um kirchen und schulen woll verdienet. —
Und do auch nicht alleine in andern städten,
flecken und dorfern die pfarrer und caplene, auch
die schulverwandten, so sich im ehestande be-
geben, aus der theilung des gemeinen holzes nicht
geschlossen, sondern ihnen ihre caweln gleich
burgern und einwohnern zugetheilet werden, wollen
sich die visitatores versehen und hoffen, ein erbar
rath werde ihre kirchen und schuldiener nicht
ausschliessen, inmasen sie solchs in der neustadt,
weil die holzunge beider städte gemein ist, auch

verordnet, fürnemlich weil gott, der allmächtige,
wegen der diener seines heiligen worts die holzung
so vielmehr wachsen lassen könne.
Vom kirchen regiment.
Es soll sich der pfarrer neben den caplenen
hochgedachts unsers gnedigsten herrn christlichen
kirchen und visitationordnunge in lehre, guten
sitten und leben, auch sonst in allen artickeln
und puncten gänzlichen verhalten und ihres amts
in predigen, taufen, beichtsitzen, sacramentreichen
und besuchen der armen und kranken getreulich
warten und bestellen.
Und sonderlich sollen sie solchen ordnungen
zuwider bei entsezung ihres amts keiner falschen
oder Calvinischen lehre anhengig sein, noch die-
selbe uf schrauben setzen und einfuren, viel-
weniger ohne s. churf. g. vorwissen an den cere-
monien was änderen noch abthuen, sondern gottes
wort lauter und rein predigen, die hochwirdige
sacrament in rechten verstande der wort, wie die
gottes sohn selbst eingesetzt, gebrauchen, auch
die alten christlichen responsoria, cantica und
ceremonien halten und bleiben lassen, damit in
s. churf. g. lande kirchen ungleicheit möge vor-
miten und verhutet werden. So soll auch der
pfarrer das amt in den hohen festen, wie vor
alters herbracht, der kirchen zu zier selbst halten.
Und sollen die woche einmal den catechis-
mum den jungen und und unverständigen volke
aufs treulichste und einfeltigste fürtragen, auch
zu zeiten sie examiniren und vermahnen und
sonderlich die leute der eingepfarrten dörfer dazu
ziehen, das sie also in den vornemsten stücken
christlicher lehre zunehmen, gott recht erkennen
und entlich selig werden mögen.
Desgleichen sollen sich der pfarrer und
caplene jederzeit vereinigen, was vor einen pro-
pheten, evangelisten, aposteln oder andere bücher
aus der heiligen schrift ein jeder predigen solle,
solchs dem volk anzeigen und dazu vermahnen,
auch die materiam, so ein jeder vornimt, hinaus-
führen, und nicht, wie an etzlichen örtern ge-
schicht, ungeendigt liegen lassen, daraus den
weinig nutz folgt und den zuhorern schimpflich ist.
Sonderlich aber sollen sie sich inhalts unsers
gnädigsten herrn visitationordnunge befleisigen,
die scripta doctoris Lutheri fleisig zu lesen, daraus
etwas gewisses zu proponiren, die predigten zu
distribuiren und ein stuck nach dem andern
ordentlich und deutlich zu erkleren, auch im be-
schluss der predigten den inhalt derselben kurz
zu repetiren. Dajegen aber sich der andern ver-
dechtigen alten und neuen scripta, daraus ihre
predigten zu colligiren, müsig gehen, desgleichen
sich der leichtfertigen reden und historien, die
doch mehr ergern denn bauen, ufm predigtstuel
 
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