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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (3. Band): Die Mark Brandenburg, die Markgrafenthümer Ober-Lausitz und Nieder-Lausitz, Schlesien — Leipzig: O.R. Reisland, 1909

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https://doi.org/10.11588/diglit.26784#0331

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Verordnung für die übrigen Kirchen u. s. w. zu Stendal von 1540.

311

gingen, mit denen, so die lehren, um ein ziem-
liches ihrer mühe halben vertragen. Und soll
sich der superintendent sammt dem rath dieser
stadt befleissigen, die vier zu der knabenschule,
wie obgemeldet, förderlich hierher zu bestellen
und die schule anrichten zu lassen, die möchten
zum anfang den schülern und discipuln vorlesen,
wie sie befunden würden, ihrer geschicklichkeit
zum anfang dienstlich sein. Wenn dann die schule
etwas in eine ordnung gebracht und die anzahl
der schüler sich gemehret, soll der superintendent
der schule etliche gewöhnliche classes scholasti-
corum, wie üblich, machen und täglich 7 stunden,
ausser den feiertagen oder wenn die schule sonst
in der kirche wäre, lesen. Und möchten alsdann
die lectiones zwischen diesen professoren in artibus
füglich ausgetheilt werden, dass jeder des tags
zwo stunden lese und sonderlich des fleissig in
grammatica, dialectica, rhetorica, auch eine stunde
in theologia und daneben auch in graecis litteris
gelesen würde.
Aber der cantor soll allezeit in musica lesen
und dabei sein und mitanhören, dass die jungen
knaben den catechismum lernen und recitiren, und
sollte der superintendent der stadt sammt den
professoren alsdann bedacht sein, dass diese schule
wol angerichtet und bestellt, dazu jetzo nicht
alles kann angegeben werden.
Und jetzo im anfange der schule soll der
cantor mit den schülern allerwege an feiertagen
das amt und vesper in unser lieben frauenkirche
singen. Wenn aber die schule mit einer mehreren
anzahl schüler zugenommen, soll danach der
andere nächst dem cantor mit einstheils schülern
allerwege des feiertags das amt und vesper in
St. Jacobs pfarrkirche singen.
Nachdem auch die alten etliche löbliche
christliche gesänge, antiphona und responsoria de
tempore aus der heiligen schrift ausgezogen und
gesungen, sollen die nochmals in der kirche
bleiben und der cantor dieselben in der schule
anschreiben und den schülern vorsingen und her-
nach in der kirche also im brauch behalten. Auch
soll er den schülern befehlen, solche und andere
gesänge in der stadt vor den thüren anders nicht
denn lateinisch zu singen, damit die schüler vor
andern möchten gekannt werden. Es soll auch
der superintendent der schule und die unter ihm
sind, sammt dem cantor ihre accidentalia von den
knaben, die in die gemeine schule gehen, oder
die sie privatim zu instituiren annehmen, auch
von den begräbnissen und kirchenaccidentien
haben. — Damit denn niemand die schule aus
unvermögenheit scheuen dürfe, soll von den armen,
so in die schule gehen, nichts genommen werden.
Aber der vermögenden halber soll superintendent
in dieser stadt sammt dem rath ein genanntes

setzen, was jeder jährlich in die schule geben
soll, und was also in gemein gefället, soll der
superintendent mit seinen gesellen theilen.
Was sonst zu guter ordnung und bestellung
der schule mehr von nöthen, soll in des super-
intendenten der stadt, des raths und der schule
präceptores bescheidenheit stehen, die der jugend
zum besten hierin vorsein werden.
Von dem gemeinen kasten.
Damit man denn gemeinen vorrath vor die
armen, auch zur besoldung und unterhaltung der
pfarrer, capläne und schule schaffen möge, soll
förderlich durch den rath in jeder pfarrkirche
der stadt Stendal, nämlich Nicolai, B. virginis,
S. Jacobs und Petri ein wolverwahrter, ver-
schlossener kasten an die orte der kirchen, da
das volk gemeiniglich pflegt vorüber zu gehen,
gesetzt werden; und die pfarrer sammt den cap-
länen das volk in den predigten fleissiglich ver-
mahnen, dass sie um gottes willen zur erhaltung
obgemeldeter, christlicher ämter der pfarren und
schulen, auch zu behuf der armen wollten darein
geben und testament machen. Und zu solchem
kasten sollen verordnet werden sonderliche ein-
nehmer und vorsteher, nämlich vier von der ge-
meinde zu S. Niclas und einer des raths, sechs
von der gemeinde zu unser lieben frauen und
zween des raths, vier von der gemeinde zu S.
Jacob und vier zu S. Peter und bei jeder kirche
auch einer des raths. Von diesen vorstehern in
allen pfarrkirchen sollen auf jeden sonntag oder
feiertag zween von der gemeinde mit dem säck-
lein in der kirche umgehen und in den kasten
zu geben bitten und was also gefallet, in jeder
kirche kasten legen. Und das, so in S. Niclas
kirchen gegeben wird und eine zeit gesammelt,
sollen die vorsteher in den kasten unser lieben
frauen kirche überantworten. Es sollen auch vor
jeden kasten drei schlösser gehängt und dazu der
pfarrer jedes orts einen, der des raths den andern
und die von der gemeinde den dritten schlüssel
haben. Und soll zu den kasten in den drei pfarr-
kirchen B. virginis, Jacobi und Petri jedes orts
ein treuer fleissiger schreiber sein, welcher alle
einnahmen und ausgaben der kasten mit fleiss
aufschreibe und register darüber halte.
Weil denn, wie obgesetzt, die pfarrer, cap-
läne und schule in unser lieben frauen, S. Jacobs
und S. Peters pfarrkirchen aus dem kasten der-
selben sollen versoldet werden, haben die visita-
tores etliche einkommen und nutzungen etlicher
geistlichen lehen, vicareien, officiantengeld und
anderen, laut den beiverwahrten dreien schriften,
in jeden kasten hinfort alsbald zu heben und die
nutzung, so auch dies jahr fällig, aufzuheben
 
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