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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (3. Band): Die Mark Brandenburg, die Markgrafenthümer Ober-Lausitz und Nieder-Lausitz, Schlesien — Leipzig: O.R. Reisland, 1909

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https://doi.org/10.11588/diglit.26784#0336

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316

Die Mark Brandenburg.

sollen in kirchen fleissig aufsehen thun, damit
solche kirchenordnung von iren pfarherrn, predi-
gern, caplänen, küstern, schulen- und kirchen-
dienern, also werde gehalten, und da es nicht
geschehen, das sie den pfarrern und kirchen-
dienern sollen darüber einreden und da solches
unbehülflich seiner curfürstl. gnaden solches zu
schreiben, alles bei vermeidung seiner curfurst-
lichen gnaden sondern strafe. Sonst soll auch die
verordnung der vorigen alten visitation bleiben
und gehalten werden, und soll auch sonderlich
die elevation des hochwürdigen sacraments in der
messen bleiben und nicht abgethan werden.
Zum andern wird weiter verordent, das, wo
dem pfarrer alhie mängel fürfielen, welche für
den rath zu erledigen nicht gehören, oder der-
selbige säumig were, oder excesse an bosen lastern
begangen, welche durch gütliche vormanunge nicht
gebessert würden und der strafe und des bannes
würdig sein: als ehebruch, hurerei, wucher, voll-
saufen und dergleichen sein, das sie solche sachen
an das consistorium alhie gelangen oder schreiben,
dann in demselbigen ein fiskal verordnet were,
welches solche sachen mit process verfolgen soll.
Zum dritten: damit auch von gemeinem
kasten alhie mochte richtige rechnung geschehen,
sollen die vorsteher einem unsers gnedigsten herrn
verordneten, der järlich sollte hierher geschickt
werden, und dan die zeit seiner ankunft zuvor
zeitlich in geschrieben werden und den dem
pfarrer und rath alhie jährlich rechnung thun . . .
Zum vierten sollen auch die pfarrer und geist-
lichen alhie ehrlichen, züchtigen wandels und
lebens sind, keiner leichtfertigkeit sein, sondern
daheim ires predigens warten, auch sollen sie
keine bärte, noch kurze kleider tragen.
Zum fünften wird auch zu förderung christ-
licher religion bedacht, dass die pfarrer in Stendal
sollen jedes quartal einmal die pfarrer aufm
lande immer zwei meilen weges gelegen, in die
städte bescheiden, sie examiniren, auch alda
predigen lassen, darum ordnen die visitatores, das
solches alhie auch geschehe und der pfarrer alle
quartal die pfarrer herum auf zwei meilen weges
gelegen, hinfuro für sich bescheiden, sie exami-
nieren und unterweisen, auch je zu zeiten alhie
predigen lassen, wie inen denn auferlegt worden,
zu kommen. Welche aber nicht wollten kommen
oder weren zu dem pfarrdienste so gar ungeschickt,
die soll der pfarrer dem consistorio alhie ver-
zeichnet überschicken, die haben weiteren bevel,
was sie der beurlaubung halber oder sonsten thun
sollen.
Zum sechsten soll auch kein pfarrer auf der
patronen blosse präsentation alhie zu dem pfarr-
dienste gestattet werden, sondern zuvor die insti-

tution von seinem ordinario oder itziger zeit dem
generalsuperintendenten erhalten.
Zum siebenten soll auch alhie nicht gestanden
werden, im advent oder in der fasten hochzeit zu
halten, oder eheleute zu trauen, als auch nicht
an hohen festen oder an sontagen des morgens
frue oder unter dem amt. So sollen auch die
jahrmerchte, die an hohen festen gefallen, ver-
schoben werden.
Zum achten soll auch kein pfarrer, noch
prediger oder capellan allhie ein paar ehevolk
trauen, sie weren dennzuvor dreimal alhie auf-
geboten und alhie wol bekannt.
Kommen aber andere fremde hieher, die
anderswo daheim und gesessen weren, und wollten
sich trauen lassen, die sollen auch alhie nicht
getraut werden, es sei denn, das sie brechten
schriftliche kundschaff von dem rathe und pfarrer
der orte, da sie hergekommen, das sie alda
zuvor dreimal aufgeboten weren, und hätte nie-
mands zuvor oder hernach ihrer ehe besprochen
und wollten sie sich alhie aufbieten lassen und
weren sogar unbekannt, auch verdächtig, soll inen
solches eine zeit lang etwan auf ein halb oder
ganz jahr, bis man besser erfehrt, wer sie sein,
aufgezogen werden, alles um mehrer gewissheit
halben, dann man ofter erfährt, was solche leute
je zu zeiten unter solchen schein suchen.
Von den schulen.
Zum ersten, das der pfarrer alhie fleissig auf
die schul acht habe, das darinne mit fleiss gelesen
und die jugend wol -und christlich instituiert,
auch im catechismo und kirchengesengen, doch
am meisten lateinisch wol geübt werde.
Zum andern, weil des jars often hochzeiten
sein und der schulmeister auch seine gesellen
darzu geladen werden oder weil sie die braut-
messe singen, darauf gehen, vollsaufen etc. und
das studiren nicht achten . . . soll hinfüro der
schulmeister, cantor oder seine gesellen nicht mehr
zu hochzeit gehen und sonderlich zu keiner
morgenmahlzeit, sondern ime an gelde, als 6 oder
8 ggr. auch etliche gerichte von essen, nach ord-
nung des pfarrers und raths dafür gehalten werden.
Zum dritten würden auch an gehülfen oder
baccalaurien uf der schule mangel, sollen andere
allewege mit rath des pfarrers und rats von den
schulmeister angenommen werden. Und welche
pfarrer, prediger, capellen, schulen- oder kirchen-
diener sich berurter unser gnädigen herrn ordnung
und dieser artikuln nicht wollten halten, und
contentirt sein, die sollen inhalts der ordnung
iren abschied haben. Actum. Stendal unter unser
der visitatoren petschaft. Freitags nach Fran-
cisci 1551.
[Folgen die Siegel der drei Visitatoren.]
 
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