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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (3. Band): Die Mark Brandenburg, die Markgrafenthümer Ober-Lausitz und Nieder-Lausitz, Schlesien — Leipzig: O.R. Reisland, 1909

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https://doi.org/10.11588/diglit.26784#0337

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Visitations-Abschied für Stendal von 1578.

317

59. Visitations-Abschied für Stendal. Vom 11. August 1578.
[Aus St.-A. Magdeburg, Cultus-Archiv Stendal, Nr. 357.]

Aus was christlichen gutherzigen bedenken
und erheblichen ursachen der durchlauchtigste
hochgeborene fürst und herr, herr Johans Georg,
markgraf zu Brandenburg, des heiligen römischen
reichs erzcammerer und churfürst, unser gnedigster
herre, in s. churf. g. angehenden regierung eine
general-visitation in s. churfürstl. gnaden chur-
furstentum und landen der marken zu Brandem-
burg vor die hand nehmen und volnziehen zu
lassen bewogen und beschlossen, das wirdet sich
menniglich aus s. churf. gn. hirüber ausgangenen
und publizirten mandaten underdehnigst erinnern.
Welcher gestalt und mit was befehl aber s.
churf. g. darauf derselben visitatoren abgefertigt
und vorordent, das weiset s. churf. gn. offen
credenz mit s. churf. gn. daumsecret gesiegelt und
eigen handen unterschrieben ferner aus, und folget
desselben abschrift von wort zu wort hernach.
[Folgt die Credenz. Fast übereinstimmend
mit derjenigen, welche bei Werben 1581 ab-
gedruckt wird. Die Visitatoren sind andere.]
Die Visitatoren sind über die Lehre in Stendal
sehr zufrieden. Dagegen haben die Zänkereien
„zwischen dem herrn Andreae Celichio, super-
intendenten einerseits, dem erb. rathe, M. Caspar
Stoltenhagen, pfarrer zu unserer l. frauen, Bar-
tholomäus Detertlen (?), altmärkischen stedte-
einnehmern, und Conrad Zabeln, stadtschreibern,
desgleichen irem allerseits anhange andererseits“
das Missfallen des Kurfürsten im höchsten Masse
erweckt. Er habe die Parteien nach Letzlingen
zur Vereinigung vorbeschieden. Der Rath sei
aber nicht erschienen. Darum habe der Kurfürst
nach eingeholten Berichten durch ein Mandat vom
30. Januar 1578 die Sache entschieden und die
Visitatoren angewiesen, dieses streng zur Aus-
führung zu bringen und sich auf keinerlei Aus-
einandersetzungen u. s. w. einzulassen. Die Visi-
tatoren haben die Parteien vorgeladen und ihnen
den Befehl eröffnet. Die Parteien haben ein-
gewilligt, alle bisherigen Zänkereien, Verleumdun-
gen u. s. w. gänzlich fallen zu lassen und sich zu
vertragen. Den Geistlichen wird die Verleumdungs-
sucht noch ganz besonders verboten, unter An-
drohung nicht nur von Entlassung, sondern von
Leibesstrafen, Landesverweisung und Anzeige an
alle Obrigkeiten, damit sie nicht wieder Stellung
finden. Celichius wird auf sein Ansuchen versetzt
werden. Ein Streitpunkt, der zwischen dem Rath
und den Kirchvetern zu Marien mit Celichius,
über das der Leiche des Berthold von Olders-
hausen nachgeführte Pferd entstanden war, wird
dem Kurfürsten vorgelegt werden. Das Opfer,

welches für die Armen in ein Becken geworfen
war und Celichius an sich genommen hat, wird
er den Kirchenvorstehern abliefern.]
Von S. Nicolaus pfarkirche alhie.
Es befinden die itzo anhero verordente visi-
tatores aus voriger gehaltener visitation abschieden
und aufgerichten vortregen, das die stiftskirche zu
S. Nicolaus, auch eine pfarrkirche, darein ein
grosser theil dieser stadt gepfart ist, anfenglich
gewesen, und ob woll weilandt der durchleuch-
tigster hochgeborener furst und herre, herr
Joachim dieses namens, der ander, marggraf zu
Brandenburg, des heiligen romischen reichs erz-
cammerer und churfurst, unser gnedigster herre
hochloblicher gedechtnus, zu beforderunge gotlichs
worts und guetter kunste, auch landen und leuten
zum besten, des stifts zu Stendal einkommen samt
allen zugehorungen gnaden und gerechtigkeiten
mit bewilligung des capitels daselbst der univer-
sität zu Frankfurdt an der Oder voreigend, kre-
dirt, ubergeben und zugeschlagen.
Das doch s. churf. g. daneben vor gut an-
gesehen, das gottlicher verordnunge nach, die
kirchen- und pfaramter, mit predigen, sacrament-
reichung und christlichen gesengen, in dieser
pfarkirchen fur und fur getrieben und den kirchen-
dienern stets werende besoldungen, sonderlich von
den guetern und einkommen zu dieser kirchen
und geistlichkeit gestiftet, gesagt und bestätigt
wurden.
Wie den s. churf. g. eins stedten superinten-
denten oder pfarrers in dieser kirchen, weil es die
oberste pfarre alhie ist, vor hochnotig geachtet,
und denselben neben zwein caplanen, auch etlichen
vicarien, churschulern und andern dienern in
dieser kirchen die divina zubestellen vorordenen,
und mit notdurftigen besoldungen und unterhaltung,
wie folget, gnedigst vorsehen und perpetuiren lassen.
Vom superintendenten oder pfarrer zu
S. Niclaus.
Der superintendens soll uber alle geistlichen
in Stendal als ein oberster pfarrer sein, sein amt
exercirn und aufsehen, wie es ime in der visi-
tationordnung uferlegt wirdet, und soll eins super-
intendenten stedte besoldung und underhaltunge sein
160 gulden an gelde, zweiundzwanzig schillinge
stendalsch uf einen gulden gerechnet, auch
3 winspel rogken und
3 winspel gersten.
 
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