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Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (3. Band): Die Mark Brandenburg, die Markgrafenthümer Ober-Lausitz und Nieder-Lausitz, Schlesien — Leipzig: O.R. Reisland, 1909

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https://doi.org/10.11588/diglit.26784#0371

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Wriezen a. d. Oder.

351

20 mark hauptsumme und die vorsessene zinse
von bemelten Scherkowen durch mittel der pfen-
dunge fordern oder bei unserm gnedigsten herrn
die anweisung an bemelten werder und wischen
underthenigst suchen, und dieselben so lange bis
sie der hauptsumme und zins von Scherkowen zu-
frieden gestelt, gebrauchen.
Und weil auch die gulden und gewerke alhie
etzliche fenster in den kirchen zu halten pflegen,
soll ein erbar rat inen bei ernster strafe uflegen,
das sie die nochmals zu jederzeit bessern und
machen lassen, auch das wachs in den kirchen,
wie von altersher, geben sollen.
Do auch vormuge der rechte und alten her-
gebrachtem gebrauche dieser lande alle geistlichen
und armen in hospitaln der schosse und unpflichte
frei gewesen, so werden sie auch pillig mit der
scheffel zinse und andern unpflichten vorschonet,
wie dan die visitatorn nicht zweifeln, ein erbar
rat werde dafur sein, das sie hinfuro damit nicht
beschweret werden mogen. In ansehunge, des je
unpillig, das die almosen zu bezalunge der
wucherischen schulde gebraucht, und gotts strafen
desshalb auf die stedte geladen werden solten.
Es befinden auch die visitatores, das es mit
dem kirchhofe alhie dermassen, wie unsers gnedig-
sten herrn visitationordenunge ausweiset, nicht
gehalten werde; weil aber die kirchhofe der vor-
storbenen christen, so von Christo selig gemacht,
und am jungsten tage widder auferwecket werden,
sollen schlafheuser sein, auch derwegen billig rein
und zierlich gehalten werden, soll ein erbar rat
den leuten, so am kirchhofe wohnen, bei strafe
gebieten, aus iren heusern keine schweine oder
ander viehe auf dem kirchhofe zu lassen, noch
sonst keinen mist oder unfledt dahin zu schutten,
auch den kustern in ernst uflegen, auf dem kirch-
hofe allewege zu sehen, damit die greber der
todten von den schweinen unzerwuhlet pleiben,
sondern erbarlich gehalten werden mogen.
Und setzen die visitatores in keinen zweifel
ein erbar rat werde, wie es irem amte auch nicht
anders geziemet, uf die offentliche laster, als ehe-
bruch, hurerei, unzucht, zeuberei, unzulessliclien
wucher, fluchen, gottslesterungen, spielen, teglich

schlemmen, und dergleichen grobe thaten, gotts
geboten zuwidder, auch in beschriebenen rechten
streflich und an den ortern, da man gotts wort
recht predigt hochergerlich sein, guete fleissige
achtunge geben, die vorbrecher der stadt vor-
weisen und die ehebrecher und zeuberer vormuge
der recht strafen lassen.
Do auch etzliche ungehorsame leute weren,
die den vierdag unter der predigt mit brandten-
wein und anderen saufen, auch mit fahren und
arbeiten oder sonst vorunheiligen, soll ein erbar
rat solch unordentlich leben mit ernst abschaffen,
und die thore uf die sonntage und festvormittage
zu halten und niemands daraus zur arbeit ge-
stadten, damit sie nicht ursache haben mogen,
gottswort zu vorseumen.
Und ob mehr unerledigte punkten oder
mengel weren, die dem ministerio, kirchen, schulen
und hospitalen bestreffen, und alhie nicht vor-
richtet sein, die wolle ein erbar rat zu jederzeit
an die visitatores oder geistliche consistorium
gelangen, so sollen dieselben an hochgedachten
unserm gnedigsten herrn gelanget und die pilligkeit
darein beschaffet werden.
Diesen abschied wollen die visitatores diss-
mal nach gelegenheit der itzigen zeit und leufte
aufgerichtet und gegeben haben, und soll ein
erbar rath dem pfarrer, caplenen und schul-
vorwandten, auch den vorstehern der kasten und
hospitaln abschrift davon zustellen, oder do sie
die vom rathe nicht erlangen konnten, so hat der
visitatorn notarius bevelh, inen copei desselben
mitzutheilen, damit sie sich desto besser darnach
zu richten haben mogen. Gott der allmächtige,
in des handen es alleine stehet, vorleihe seine
gnade, das es zu seinen gottlichen ehren, zu
forderunge seines heiligen namens und worts,
auch dem ministerio und gemeiner stadt zum
besten gereichen moge, alles getreulich und un-
geverlich. Urkundlich mit der visitatorn pitz-
schaften besiegelt und eigen handen unterschrieben,
geben zu Werben Sontags nach Corporis Christi,
anno 1581.
[Folgen vier Siegel und die eigenhändigen
Unterschriften der vier Visitatoren.]

Wriezen a. d. Oder.
Litteratur: Ulrich, Beschreibung der Stadt Wriezen und ihrer Umgegend. Berlin
1830-, Geiseier, Abriss der Kirchenchronik von Wriezen; Berg au, Inventur der Bau- und
Kunstdenkmäler der Provinz Brandenburg. Berlin 1885; Nölle, im Realgymnasial-Programm.
Wriezen 1893.
Hier wurde die erste evangelische Predigt am 3. Mai 1539 gehalten. Die Visitation
fand 1540 statt, s. Müller, a. a. O. S. 240.
 
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