Die Stadt Breslau.
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Ein ganz besonderes Ruhmesblatt in der Geschichte der Stadt Breslau bildet die Für-
sorge für das Kranken-, Armen- und Bettlerwesen. Schon in der vorreformatorischen Zeit
finden wir Anordnungen des Rathes gegen Müssiggänger und Bettler, so Edikte von 1512 und
1519. Vgl. Klose, Scriptores rerum Silesiacarum 3 (Breslau 1847), S. 209 ff. Aber erst in
reformatorischer Zeit sollten diese Bestrebungen zu festen Formen führen. Eine Bettler-
ordnung des Rathes oder genauer eine Instruktion für den Bettelvogt wurde 1521 erlassen.
Sie findet sich handschriftlich im Stadt-Archiv Breslau, Handschriften O., 144, 1, Fol. 96,
und ist daraus abgedruckt bei Klose, a. a. O. 3, S. 209. (Nr. 88.)
Im Jahre 1523 fasste der Rath eine einheitliche Organisation des Armenwesens ins Auge.
Er errichtete Gotteskästen in den Pfarrkirchen und setzte ein Armen-Collegium ein. Diese
Kastenordnung findet sich handschriftlich im Stadt-Archiv Breslau, Handschriften P. I., Fol.
41—44. Zwar ist das dort in einer Handschrift des 16. Jahrhunderts erhaltene Stück nicht näher
gekennzeichnet, aber nach Inhalt und Form charakterisirt es sich als den unmittelbaren
Vorläufer der Instruktion von 1526. Der ganze Aufbau des Armenwesens, die ausführliche
Motivirung, die eine Rechtfertigung des Vorgehens des Rathes darstellt, sprechen dafür, dass
wir es hier mit der Ordnung für den anderweitig bezeugten, ersten Versuch des Rathes von
1523 zu thun haben. Da die Ordnung noch nicht gedruckt ist, so bringe ich sie hier zum
Abdruck. (Nr. 89.)
Am 12. Juni 1523 wurden zum ersten Male die zehn Vorsteher ernannt. Viel Erfolg
scheint diese erste Einrichtung nicht gehabt zu haben. Am 7. Mai 1525 liess der Rath ein
Mandat ausrufen, wonach nur arbeitsunfähige Bettler in der Stadt geduldet werden und alle
des Almosens würdigen Bettler am 8. Mai 1525 einer persönlichen Besichtigung durch Deputirte
des Rathes und vier Ärzte unterzogen werden sollten, wobei man namentlich auch die Aus-
sonderung der mit der „Franzosenkrankheit“ Behafteten im Auge hatte. Bei dieser Revision
fanden sich 216 Personen in den Hospitälern und eine grosse Zahl Bettler vor. Und nunmehr
erliess der Rath eine genaue Ordnung: „Instruktion und Ordnung des gemeinen Almosens“.
Diese hat Markgraf, Die städtischen Medicinaleinrichtungen Breslaus bis zum Beginne unseres
Jahrhunderts. Breslau 1884. S. 34—36, zum Abdruck gebracht. Nach der Aufschrift in der
Handschrift stammt sie aus dem Jahre 1523. Wie in der Abhandlung im 12. Bd., Heft 2 der
Breslauer Statistik und auch schon von Markgraf, S. 34, hervorgehoben ist, ist die Instruk-
tion 1525, kurz nach der oben erwähnten Revision, oder 1526 anzusetzen (der letzte Absatz ist
ein späterer Nachtrag). (Nr. 90.)
Die Leitung des Armenwesens wurde in dieser Instruktion einem Collegium von fünf
Vorstehern unterstellt, welches aus einem Geistlichen (zuerst Dr. Hess), einem Rathsherrn
(zuerst Nicolaus Reichel), einem Gliede der Kaufmannschaft und zwei Zunftältesten bestand.
Das war das sogen. „Armen-Amt“ oder „gemeine Almosen“, welches bis 1700 im Wesentlichen
das Organ der öffentlichen Armenpflege in Breslau gebildet hat. Man vergleiche die Darstellung
in Breslauer Statistik, Bd. 12, Heft 2, II. S. 2 ff.; Ebers, Das Armenwesen der Stadt Breslau.
Breslau 1828. Aus späterer Zeit sind noch drei Bettler- oder Armenordnungen erhalten:
a) Armenordnung von 1572. Stadt-Archiv Breslau, Handschriften E. 1, 2, Fol. 8.
Abgedruckt bei Ebers, a. a. O. S. 388—391;
b) Almosenordnung vom 1. Juni 1585. Stadt-Archiv Breslau, Handschriften E. 1, 2,
Fol. 181. Abgedruckt bei Ebers, a. a. O. S. 397—399;
c) Bettlerordnung von 1591. Stadt-Archiv Breslau, Handschriften E. 1, 2, Fol 277.
(Diese Ordnung hat auch Markgraf, nach einer anderen Abschrift im Stadt-Archiv
P. I, 189—194, citirt.) Abgedruckt bei Ebers, a. a. O. S. 391—396.
Zur Geschichte des Armen-, Bettel- und Hospitalwesens vgl. die Darstellungen bei
Ebers, Das Armenwesen der Stadt Breslau. Breslau 1828; Markgraf, Die städtischen
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Ein ganz besonderes Ruhmesblatt in der Geschichte der Stadt Breslau bildet die Für-
sorge für das Kranken-, Armen- und Bettlerwesen. Schon in der vorreformatorischen Zeit
finden wir Anordnungen des Rathes gegen Müssiggänger und Bettler, so Edikte von 1512 und
1519. Vgl. Klose, Scriptores rerum Silesiacarum 3 (Breslau 1847), S. 209 ff. Aber erst in
reformatorischer Zeit sollten diese Bestrebungen zu festen Formen führen. Eine Bettler-
ordnung des Rathes oder genauer eine Instruktion für den Bettelvogt wurde 1521 erlassen.
Sie findet sich handschriftlich im Stadt-Archiv Breslau, Handschriften O., 144, 1, Fol. 96,
und ist daraus abgedruckt bei Klose, a. a. O. 3, S. 209. (Nr. 88.)
Im Jahre 1523 fasste der Rath eine einheitliche Organisation des Armenwesens ins Auge.
Er errichtete Gotteskästen in den Pfarrkirchen und setzte ein Armen-Collegium ein. Diese
Kastenordnung findet sich handschriftlich im Stadt-Archiv Breslau, Handschriften P. I., Fol.
41—44. Zwar ist das dort in einer Handschrift des 16. Jahrhunderts erhaltene Stück nicht näher
gekennzeichnet, aber nach Inhalt und Form charakterisirt es sich als den unmittelbaren
Vorläufer der Instruktion von 1526. Der ganze Aufbau des Armenwesens, die ausführliche
Motivirung, die eine Rechtfertigung des Vorgehens des Rathes darstellt, sprechen dafür, dass
wir es hier mit der Ordnung für den anderweitig bezeugten, ersten Versuch des Rathes von
1523 zu thun haben. Da die Ordnung noch nicht gedruckt ist, so bringe ich sie hier zum
Abdruck. (Nr. 89.)
Am 12. Juni 1523 wurden zum ersten Male die zehn Vorsteher ernannt. Viel Erfolg
scheint diese erste Einrichtung nicht gehabt zu haben. Am 7. Mai 1525 liess der Rath ein
Mandat ausrufen, wonach nur arbeitsunfähige Bettler in der Stadt geduldet werden und alle
des Almosens würdigen Bettler am 8. Mai 1525 einer persönlichen Besichtigung durch Deputirte
des Rathes und vier Ärzte unterzogen werden sollten, wobei man namentlich auch die Aus-
sonderung der mit der „Franzosenkrankheit“ Behafteten im Auge hatte. Bei dieser Revision
fanden sich 216 Personen in den Hospitälern und eine grosse Zahl Bettler vor. Und nunmehr
erliess der Rath eine genaue Ordnung: „Instruktion und Ordnung des gemeinen Almosens“.
Diese hat Markgraf, Die städtischen Medicinaleinrichtungen Breslaus bis zum Beginne unseres
Jahrhunderts. Breslau 1884. S. 34—36, zum Abdruck gebracht. Nach der Aufschrift in der
Handschrift stammt sie aus dem Jahre 1523. Wie in der Abhandlung im 12. Bd., Heft 2 der
Breslauer Statistik und auch schon von Markgraf, S. 34, hervorgehoben ist, ist die Instruk-
tion 1525, kurz nach der oben erwähnten Revision, oder 1526 anzusetzen (der letzte Absatz ist
ein späterer Nachtrag). (Nr. 90.)
Die Leitung des Armenwesens wurde in dieser Instruktion einem Collegium von fünf
Vorstehern unterstellt, welches aus einem Geistlichen (zuerst Dr. Hess), einem Rathsherrn
(zuerst Nicolaus Reichel), einem Gliede der Kaufmannschaft und zwei Zunftältesten bestand.
Das war das sogen. „Armen-Amt“ oder „gemeine Almosen“, welches bis 1700 im Wesentlichen
das Organ der öffentlichen Armenpflege in Breslau gebildet hat. Man vergleiche die Darstellung
in Breslauer Statistik, Bd. 12, Heft 2, II. S. 2 ff.; Ebers, Das Armenwesen der Stadt Breslau.
Breslau 1828. Aus späterer Zeit sind noch drei Bettler- oder Armenordnungen erhalten:
a) Armenordnung von 1572. Stadt-Archiv Breslau, Handschriften E. 1, 2, Fol. 8.
Abgedruckt bei Ebers, a. a. O. S. 388—391;
b) Almosenordnung vom 1. Juni 1585. Stadt-Archiv Breslau, Handschriften E. 1, 2,
Fol. 181. Abgedruckt bei Ebers, a. a. O. S. 397—399;
c) Bettlerordnung von 1591. Stadt-Archiv Breslau, Handschriften E. 1, 2, Fol 277.
(Diese Ordnung hat auch Markgraf, nach einer anderen Abschrift im Stadt-Archiv
P. I, 189—194, citirt.) Abgedruckt bei Ebers, a. a. O. S. 391—396.
Zur Geschichte des Armen-, Bettel- und Hospitalwesens vgl. die Darstellungen bei
Ebers, Das Armenwesen der Stadt Breslau. Breslau 1828; Markgraf, Die städtischen
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