Metadaten

Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (3. Band): Die Mark Brandenburg, die Markgrafenthümer Ober-Lausitz und Nieder-Lausitz, Schlesien — Leipzig: O.R. Reisland, 1909

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.26784#0432

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
412

Schlesien.

thun und gewerb ist, mit allen andern umstenden,
und ob sie des almusen benötiget sein, aufs
fleissigste fragen, insonderheit aber den losen-
weibern, cammerjüngfern, als bortenwirkerin,
neterin, so wol den gesellen und leichtfertigen
gesindlin, das nicht arbeiten will und dem mussig-
gang nachgehet, spilet und ander unordentliches
leben furet, nachzurforschen und was fur per-
sonen also in jderem hause befunden werden, die
sollen nach einander ordentlich mit allen um-
stenden aufgeschrieben und vorzeichnet werden;
und wan es also in richtigkeit gebracht, das un-
vorzüglich geschehen soll, sollen sie solche ver-
zeichnus iren virtelmaistern oberantworten, die es
einem erbarn rath nachmaln werden einzustellen
wissen; und wan diz beschehen, werden die
verordenten vorsteher, der gemeinen almus diener,
die anordnung thun, das sie nach der ubergebenen
verzeichnus der personen eine sondere und vleissige
inquisition, wer des almus benöthiget sei, halten
und ferner aller gelegenheit sich erkundigen.
Soviel aber die hausarme leute in den zechen,
die sich des betlens, etwan ihren eltern oder
irem handwerg zu ehren, schemeten, anreicht,
dise personen sollen die eldisten einer jden zechen
den almusherren anmelden, die nach gelegenhait
und anzal der personen, inen das almus mit zu-
teilen, verordnen werden, denen es zu angesetzter
wochentlicher zeit in ire heuser durch die almus-
diener sol gebracht und getragen werden.
Mit den fremden betlern, die in diser stadt
ihren aufenthalt zuvor nicht gehabt, noch der-
selben jurisdiction underworfen sein, sondern von
andern stetten und dörfern zulaufen und betteln
möchten, welche nit einzulassen dem zolner am
thore mit ernst befolen ist und aufachtung darauf
haben sollen, und dannoch etliche underschlief-
lichen herein kommen und von der angestalten
ordnung kein wissen tragen, denen sollen nach
gelegenhait und umstende der personen durch die
bettelfoyte etliche groschen verehret und durch
die almusdiener aus der stadt gewiesen und inen
ernstlich undersaget werden, da sie daruber wider-
kommen und wegen des betlens sich in der stadt
aufhalten wurden, das sie nach erbarn raths auf-
gerichter ordnung in das halseisen sollen gestellet
werden.
Es sollen auch durch die almusdiener allein
die visitation oder besichtigung der personen in
allen häusern in den vorstetten, die der stadt
jurisdiction unterworfen und zugehörig sein, mit
allem fleis, wie obgesezet, dergleichen gehalten
und ire namen'mit allen umstenden beschriben
werden, das sie den almusherrn ubergeben sollen,
darinnen sie sich ersehen, und das werk desto
schicklicher darnach anzustellen haben.
Weil auch der geistlichen undersassen, auf

allen orten hin und wieder einlaufen, solten sie
insonderhait der gehaltenen fürstentage beschlues
erinnert werden, das sie die irigen selber under-
hilten und ernehreten, auf das die stadt und ire
bürger mit dem betteln uberhebet und nicht be-
schweret werden möchten.
Demnach aber alle aufgemerkte personen aus
dem gemeinen almus, irer notturft nach, soviel
möglich mit brot und gelde sollen versorgt und
under inen ausgeteilet werden, seint zu der
wochentlichen ausspendung zwene tage, als montag
und mitwoch bestimmet worden, und die personen
aller sich auf den kirchhof zu S. Marien Magda-
lenen finden, da inen die almusdiener anzeigen
werden, das eines nach dem andern in die kirchen
gehen und das almus in beisein der almusherren,
neben andern zugeordneten, doch abgewechselten
personen, ohne geschrei und gedrangnus nemen
sollen. Da aber befunden wurde, das wegen der
grossen menge des volks böser gestank und ge-
ruch, daraus allerlei krankheiten folgen und er-
reget werden möchten, gespuret wurde, das nach-
maln die ausspendung im zwingern, an dem
Schweidtnitschen thore gelegen, konte gehalten
werden.
Nachdeme bisanhero ein erbar rath vor die
armut das brot haben backen lassen, sollen von
denen, die es bishero genommen, die zeichen ab-
gefordert und die personen aufgeschrieben werden,
hernach in dem andern zeichen geschlagen werden,
durch die im gemeinen almus denen personen, so
er benötiget, die zeichen zugestellet und solche
personen nach dem alphabet aufgeschriben werden.
Welcher brot in beiwesen der verordenten per-
sonen, denselben, so die zeichen haben, zugestalt
werden, alleine das um underschliefs willen, die per-
sonen, so die zeichen haben werden, das brot person-
lich holen sollen. Wie auch auf die mussiggenger,
die sich in bierheusern aufhielten, spilten oder
sonst ergerliches und böses leben furten, auch
dem betteln weiter nachgingen, gute achtung zu
halten, von nöten sein will, darzu dan die be-
nöthigte und andere mehr taugliche personen, die
das almus nemen, der in der anzahl achte sein
sollen, bestellet, und auf jder virtel ein stadt-
diener darzur sol verordnet werden, die teglich
und alle stunden umgehen und, da sie auf den
gassen die müssiggenger, bettler gehen finden,
abschaffen und so daruber befunden, mit einzihung
der gefengnus und sonst gegen denselbigen vorfaren.
Dem gemeinen almus seind zugeordnet:
Stenzel Eichheuser Simon Sabisch
Friedrich Schmidt Hans Kizingk.
Zur austeilung des brots :
Hanns Engelhart Valten Penncke
Hanns Pippler.
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften