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Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (3. Band): Die Mark Brandenburg, die Markgrafenthümer Ober-Lausitz und Nieder-Lausitz, Schlesien — Leipzig: O.R. Reisland, 1909

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https://doi.org/10.11588/diglit.26784#0434

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414

Schlesien.

uhrkund haben wir unser stadtingesigl hierauf
drücken lassen, geben den ersten tag des monats
Juni, nach Christi, unsers ainigen erlösers und

seligmachers geburt, funfzehnhundert undim funf
undachtzigsten gemein jahre.
(L. S.)

93. Breslauische Bettlerordnung. Von 1591.
[Aus Ebers, Das Armenwesen der Stadt Breslau. Breslau 1828. S. 391—396.

Von fremden bettlern.
In der von Breslau jurisdiction um die stadt
wird kein bettler gelitten das ganze jahr, sonder-
lich in jahrmarkten, sondern werden durch die
almosendiener abgeschafft, so ist auch an thoren
den soldaten und wachen befohlen, keine bettler
in die stadt zu lassen.
Da aber einer oder mehr in die stadt heim-
licher weise und durch underschleif und mit list
einschleichen und nachmals in der stadt betteln
gehen wollen, denen wird das betteln gar nicht
gestattet, sondern werden 3 bettelvögte gehalten,
so auf solche personen, die dermassen betteln
gehen, achtung geben; und so eine solche person
angetroffen wird, nach erkundigung, von wannen
er sei, so es vonnöten, ihm etwas von gelde ge-
geben, sein name mit fleiss aufgezeichnet, sich
des bettelns zu enthalten auferlegt, und von der
stadt abgeschaft; so er aber wieder in die stadt
mit list einschleiche, wird er gefänglich ein-
gezogen und nachmals von der stadt verwiesen.
Von einheimischen bettlern und haus-
armen-leute.
Die aber in der stadt wohnen, aus muth-
willen oder bosheit herumlaufen, und des almosen
nicht benötigt befunden, werden gleichfalls nach
geschehener verwarnung in gefängliche haft ein-
gezogen, die andern aber, so ursach ihres bettelns
vorzuwenden und in der stadt wohnen, werden
vor das gemeinalmosen gewiesen, damit sie auf
folgenden freitag von glaubwürdigen leuten oder
des vorbitters, dero zwene bei jedem handwerk
hierzu verordnet sind, ihres armuths und wohl-
verhalten zeugniss bringen und als nach gelegen-
heit ihres alters, kinder und gebrechens, wöchent-
lich mit zweien, drei, fünf, sechs armengroschen
zu ihrem unterhalt als hausarmen-leute etlicher
massen beischub haben mögen.
Das gemeine almos lässt auch für solche haus-
armen leute in der stadt schuhe in vorrath machen,
auf mannes, weibes und knaben personen, auch zeug
in vorrath einkaufen, damit die benötigten in zeit der
noth versehen werden; es wird auch ein eigener
schuster und schneider, der sie zu ihrer notdurft
bekleidet, gehalten.
Folget was für personen das wesen versorgen
und wie sie unterhalten und besoldet werden.
Erstlich hält man 3 bettelvögte, die diese

ordnung müssen in acht und in esse halten, und
; die man zu verrichtung dieses werks auf alle
fälle gebraucht; der eine muss alle gassen und
strassen in acht halten, dem gibt man wöchentlich
30 kreuzer, dem andern und dritten, die das
wesen in der stadt, wo es hanget und langet,
auch in hospitalien und kinderhospitale (wie
anders soll vermeldet werden) verrichten müssen,
gibt man jedem wöchentlich 1 fl. reinisch und
20 kreuzer. Jeder floren zu 60 kreuzer gerechnet.
Beineben ist ihr amt auf die personen, die
zum almosen gehörig sind, und denen das aus-
gespendet wird, mit achtung zu geben, das kein
unterschleif einreisst, die armen kranken per-
sonen, so hin und wieder in der stadt, ausser
den hospitalen in ihren wohnungen zu bette
liegen oder anderer gebrechen halber nicht aus-
1 gehen können und’ ins almosen eingebeten worden,
zu visitiren und dasselbe geld zu hause zu bringen,
auch wo die noth so gross, ein groschen, zwei
oder mehr zu beisteuer zu geben und zu reichen
j und folgends wo’s allenthalben am sonnabend und
| sonst ausgespendet wird, wöchentlich zu berechnen.
Die hausarmen, denen wöchentlich aus dem
| almosen, nach dem sie eingesetzet werden, aus-
getheilet wird, sind arme alte mitbürger, hand-
werksleute, so durch unfall oder krankheit, nicht
aus muthwillen, aber ihres vorgewandten fleiss,
bei ihrem handwerk verarmet oder an ihrem leibe
beschädigt, arme verlebte tagelöhner, arme ver-
lassene wittwen, mit kinder beladen, und sonst
arme waisen, deren eltern verstorben und nichts
oder wenig verlassen, und sind derselben, so jetziger
zeit unterhalten werden, 430 personen.
Damit nun richtigkeit gehalten, ist ein buch-
halter verordnet, der über die hausarmenleute,
ihren empfang und unterhaltung eigene register,
auch über etliche hospitale zum gemeinen almosen
gehörend, buch hält, den empfang und ausgaben ein-
trägt, dessen besoldung ist wöchentlich 2 fl. reinisch.
Es hat auch ein ehrbar rath an der kirchen
zu St. Maria Magdalena unterm kirchthurm
sonderliche zimmer gebauet, darinnen der armen
sache berathschlaget und verrichtet werden, darzu
denn zwei rathspersonen, einer aus der bürger-
schaft und 3 aus den vornehmsten zechen, als
kretschmer, bäcker und weissgerber, verordnet,
welche personen alle freitage zusammen, des ge-
meinen almosen vorfallende fälle von den almosen-
diener und vorbitters aus den zechen anhören,
 
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