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Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (3. Band): Die Mark Brandenburg, die Markgrafenthümer Ober-Lausitz und Nieder-Lausitz, Schlesien — Leipzig: O.R. Reisland, 1909

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https://doi.org/10.11588/diglit.26784#0445

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Die Fürstenthümer Liegnitz, Brieg und Wohlau.

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Dieser berieth die einzuführende Mecklenburger Kirchenordnung (vgl. oben). Nach dem Man-
date sollten alle Jahre ein Generalconvent und alle Vierteljahre ein Partikularconvent stattfinden.
Die Generalconvente fanden auch in Zukunft statt und dienten namentlich zur Aus-
gleichung der streitigen Lehrmeinungen. Es ist uns eine Geschäftsordnung für diese
Convente aus dem 16. Jahrhundert erhalten, welche Schimmelpfennig, a. a. O. 9, S. 24 ff.
aus dem St.-A. Breslau, Schlesien E, Brieg X, Cultus, ohne genauere Jahresangabe abgedruckt
hat, und die hier wiedergegeben wird. (Nr. 102.)
Die Einrichtung der Superintendenten genügte nicht. Der Superintendent genoss auch
in seiner Geistlichkeit selbst nicht immer das gebührende Ansehen. Vgl. das Mandat Georg’s
vom 4. December 1579 „wegen der spargirten Pasquillen“ von Geistlichen gegen den Super-
intendent Lorenz Stark (Korrespondenzbl. 6,124.) Der Landesherr sah sich durch allerlei Miss-
stände veranlasst, die Leitung der kirchlichen Dinge wieder mehr zu centralisiren und sie an
seinem Hofe berathen und entscheiden zu lassen. Über die Stellung Georg’s zur Kirchenzucht, die
er von seiner vorherigen Cognition abhängig machen wollte, vgl. Correspondenzbl. 5, S. 39 ff.; 6,
S. 126 ff.; 6, S. 129 ff. (hier wird ein Pfarrer, der, entgegen dem fürstlichen Befehl, Kirchenstrafen
verhängt hatte, abgesetzt). Lediglich für die Untersuchung der Ehesachen wurden Geistliche
bestellt, „die in ehesachen verordenten diener“. Diese berichten an den Fürsten, welcher
die Entscheidung fällt. Zur Einrichtung wirklicher Consistorien ist es im 16. Jahrhundert
nicht gekommen. Auch nicht in Liegnitz, wo die Entwicklung ganz dieselbe ist und Friedrich III.
auch zunächst seine beiden Pfarrer in Liegnitz als Superintendenten verwendet hatte.
Wenn in einem Visitationsbericht, um 1565, von einem „Consistorium“ die Rede
ist, an welches ein Ehehandel zu weisen sei (Correspondenzbl. 4, S. 146), so haben wir dabei
nicht an ein Consistorium im eigentlichen Sinne zu denken, sondern an eine die Entscheidung des
Fürsten in Ehesachen gutachtliche vorberathende Commission, ähnlich wie sie um diese Zeit für
den Rath zu Breslau bestand. Die Analogie der Verhältnisse, auf welche sonst öfter verwiesen
wird (vgl. z. B. Eberlein, Silesiaca, S. 218), dürfte auch hier zutreffen. Dafür spricht auch,
dass das dem Herzog Heinrich von Liegnitz am 29. November 1570 erstattete Gutachten der
Wittenberger Facultät (St.-A. Breslau, Liegn. X, 5; Correspondenzbl. 5, S. 54 Anm.) ausdrück-
lich den Rath ertheilt, an etlichen Orten des Landes Consistoria einzurichten, dies allerdings
im Zusammenhang mit Lehrstreitigkeiten.
Die Befugnisse der Superintendenten hatten in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts
eine nicht unwichtige Erweiterung erfahren; sie nahmen nämlich jetzt Ordinationen vor.
Für Liegnitz ist dies seit 1550 mit Sicherheit nachweisbar (Eberlein, Silesiaca, S. 232)
Vielleicht sind sie schon früher vorgekommen (Eberlein, Correspondenzbl. 6, S. 152, in.
theilweiser Polemik gegen Fischer, in Theol. Studien und Kritiken. 1898. II, S. 236 ff.). Für
Brieg besitzen wir ein mit dem 6. April 1564 beginnendes Register der Ordinirten, welches Soffner,
in Ztschr. des Ver. f. Gesch. Schlesiens 31, S. 289 ff., veröffentlicht hat. Ein sich auf die Ordina-
tion beziehendes Dekret Georg’s „Dekret und Excusation, warum er denen fremden candidatis
ministerii die ordination von seiner geistlichkeit nicht verstatten können“ findet sich im St.-A.
Breslau, Brieg X, 2a; (vgl. auch Eberlein, Silesiaca, S. 232). Der Landesherr hatte die Vornahme
jeder Ordination von seiner Erlaubniss abhängig gemacht (Correspondenzbl. 6, S. 158). Über das
Examen, (bei dem es noch im Jahre 1577 von Ordinanden heissen muss: „den kl. Catechismum
Lutheri hat er etzlicher massen vergessen“), die liturgischen Formalien, die Verpflichtungsformeln,
die ausgestellten Zeugnisse (das erste ist von 1563) s. Eberlein, in Correspondenzbl. 6, S. 160 ff.
Liegnitz und Brieg sind aber auch die einzigen Orte, in welchen nachweislich im 16. Jahr-
hundert Ordinationen vorgenommen worden sind; Breslau und Oels traten seit dem Anfange
des 17. Jahrhunderts hinzu. Zu den Ordinationen vgl. weiter Correspondenzbl. 8, S. 52 ff.,
9, S. 129 ff.
Sehling, Kirchenordnungen. III.

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