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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (3. Band): Die Mark Brandenburg, die Markgrafenthümer Ober-Lausitz und Nieder-Lausitz, Schlesien — Leipzig: O.R. Reisland, 1909

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https://doi.org/10.11588/diglit.26784#0498

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Schlesien.

gottfurchtig gehorsam sein, gottes wort hören und
bewaren.
2. Sonderlich sollen die seelsorger eingezogen
und nüchtern leben, den schäflein gute exempel
geben, beim gesauf aber und leichtfertiger com-
pani oder im kretschem durchaus sich nicht be-
finden lassen, sondern wie der herr Christus be-
fihlet, ihr licht leuchten lassen, das die leut ihre
gute werk sehen, gott gepreiset und das evan-
gelium nicht verlestert werde, wie dann auch
sonsten billich, das sie sich im hauswesen christ-
lich so wol der kleidung, die prister sich erlich
und pristerlich und nicht leichtfertig vergnugt,
Hadernde oder ergerlich verhalden.
3. Sollen sie ihre predigt nach gottes wort
und catechismo richten, und was nuzlich und zu
erbaung dienet, proponiren, ihre zuhörer, aber so
viel immer müglich, mit der predigt im sommer
über eine stunde, im winter über drei viertel-
stunde, in der wochen über eine halbe stunde
nicht aufhalden.
4. Sollen sie ainerlei ordnung und ainerlei
ceremonien beim taufen, treuen, einleiten, sacra-
meuten und sonsten mit dem amt, lectionen,
festen, guten christlichen deutschen gesängen und
sonsten nach der Wittenbergischen kirchenordnung
und information des seniors brauchen. So jeman-
den formulen oder ceremonien, gebet und andere
actuum fehlet, der mag sie zu Freudenthal ab-
schreiben lassen.
5. Sollen sie für allen dingen ainerlei cate-
chismum Lutheri nämlich mit der erclärung der
nötigisten fragen sambt den gedruckten catechis-
mus predigten so den catechismum lutheri erclären
und in die Nürnbergische und Marggräfische
agent einverleibt sein, nach welchen catechismus
handlung angestelt wird, ihnen aufs höchste lassen
commendiret sein.
6. Sollen sie die sechs stücke des catechismi
und fragen vom heil, abentmal alle sonntag auf |
der canzel ablesen, auch die Jugent abrichten,
dass die auslegung morgents und zur vesper reci-
tirt und der catechismus aufs treulichste den ein-
feltigen eingebildet und die examina catechetica
bei jung und alt für vesper keinmal unterlassen
werden.
7. So wird den leuten sonderlich der jugent,
gesind und büberei auch unter dem catechismo
umzulaufen oder mutwillig sich zu absentiren nicht
verstattet, und in keinem schenkhaus zu zechen,
desgleichen keinen knecht oder magd zu tanzen
vergünnet, welche nicht in predigten und cate-
chismo sich haben finden lassen. Wiewol saufen
und tanzen ohne dis bei christen genugsam seind
und ergerlich ist.
8. Welche leute zum gebet, predigten, cate-
schimo und heil, sacrament sich nicht halden oder

sonst ergerlich leben, wil i. g. mit soliderem
ernst unnachlesslich strafen. Wie dan auch ihre
G. alle rockengäng, nachttänze, sauffen, spielen,
toppeln, das leichtfertige umlaufend, plecken,
ansingen, zur calend, alle fastnacht narrerey,
schmeckostern und ander heidnisches unchristliches
ergerliches wesen und prophanation der heil. zeiten
mit ernst wil abgeschafft haben.
9. Die leut so zum hl. abendmal gehen
wollen oder bei der taufe stehen oder in ehestand
tretten, sollen die sechsstück des catecliismi und
sich der lehre pauli zu prüfen wissen, hierauf
sollen prediger gut achtung geben.
10. Mit den accidentien soll niemand über-
saezt, sondern der anfgerichten accidentordnung
nach gehalden werden.
11. Bei der aufbittung und trauung sollen
die seelsorger vorsichtig sein, niemanden sonder-
lich der fremden waisen oder auch sonsten leute
heimlich oder genugsam erkundigung aller cir-
| cumstantien copuliren, sonders zuvor zeugnus der
verwilligung von der obrigkeit bringen lassen,
und den hernach die personen drei sontage auf-
biten und niemanden unaufgeboten, oder auch da
nicht beide breutigam und die praut zuvor mit
einander zu gottes tische gangen und ihren cate-
chismum gelernet, auch niemanden in verbotenen
gradibus der freundschaft eigenmechtig zusamben
geben. Dann der apostel wil, das in der kirchen
alles ordentlich zugehen soll.
12. Die privatbeichte aines jeden insonderheit
soll um hochwichtiger ursach willen alweg am
sonabent, und nicht erst des sontags gehalten
werden, darum dan auch die offentlich hauffen
beichte, da man so heutig herzu lauft, billich ab-
geschafft wird, damit die leut privatim recht
mögen unterrichtet werden.
13. Die personen so zur beicht kommen, des-
gleichen die taufling sambt ihren eltern, paten,
die verlobten personen, sowohl die verstorbenen,
werden ins kirchenbuch eingezeichnet allerlei ur-
sach und nachrichtung halber.
14. Die prediger sollen nicht daheim oder
in kretschmen treuen oder andere gottessachen in
winkeln ohne gar sondere not und ursach ver-
richten, sondern in alweg darob sein, das solche
kirchsachen und christl. ceremonien auch propter
reverentiam ministerii in der kirchen verrichtet
werden.
15. Alle babstische brevet und ergerliche
ceremonien sollen nach gottes wort, auch Consilio
magistratus et senioris, mit vernunft und be-
scheidenheit abgetan und alles nach der Witte-
bergischen kirchenordnung gehalden werden.
16. Die übrigen lateinischen gesäng, prae-
fationes, und was nicht sonderliches zur erbauung
dienet, mag sonderlich auf den dörfern unterlassen
 
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