Metadaten

Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (6. Band: Niedersachsen ; 2. Hälfte): Die welfischen Lande: Halbbd. 2, Die Fürstentümer Calenberg-Göttingen und Grubenhagen mit den Städten Göttingen, Northeim, Hannover, Hameln und Einbeck. Die Grafschaften Hoya und Diepholz. Anhang: Das freie Reichsstift Loccum — Tübingen, 1957

DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.30041#0159
License: Free access  - all rights reserved
Overview
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
Kirchenordnung 1542

gefasset und einen guten verstand durch solche
unterweisung in christlichen sachen bekomen
haben. Wo ihr solchs thut, werdet ihr Gott dem
almechtigen ein sonderlich gefallen und euch
selbs und eueren kinderen ein nützlich ding
thun. Denn es ist nicht vergeblich gesagt: Las-
set die kindlin zu mir kornen, solcher ist das
himelreich. Werdet ihr aber im selbigen seumig
sein, wird euch Gott mit den kinderen, beide,
an leib undsele, in das dritte und vierde glied
straffen.
So solt ihr auch wissen, das wir hinfurt keine
jugent zum hochwirdigen sacrament zulassen
wollen, sie seien dan im catechismo fertig und
wol unterweiset, auch allhie fur der ganzen
gemein mit auflegung der hende confirmirt und
bestetiget, wie ihr an etlichen kinderen dan itzo
sehen solt.
Denn wie wir vorhin gesagt, so begreifet diese
confirmation nicht allein die unterweisung und
lahr, so zum ersten getrieben sein mus, sonder
auch darnach auflegung der hende, umb welche
es eine solche gestalt etwa gehabt hat: wenn
die kinder zehen oder eilf jar ungeverlich alt
waren, haben sie fur der ganzen gemein rech-
nung ihres glaubens thun und geben müssen.
Und wenn sie denn im selbigen bekentnis ge-
schickt und fertig waren, legte ihnen der bischoff
die hende auf mit bitte, das ihnen Gott seinen
heiligen Geist geben und denselbigen in ihnen
bestetigen wölte, seind auch darnach zu der
communion des leibs und bluts Christi, so oft
ihnen das geliebt, zugelassen worden. Von sol-
chem brauch der auflegung der hende lieset
man im buch S. Hieronymi, wider die ketzer
Luciferianos90 geschrieben.
Wenn aber nu imand fragen wölte, was solche
auflegung der hende sey und bedeute, geben wir
die antwort, es sey nur ein eusserliche cere-
monia, so die veter des alten testaments im
brauch gehabt, sonderlich wenn sie Gott dem
Herrn etwas befolhen oder geopfert haben wol-
ten. Also sehen wir, das Jacob seinen beiden

90 Dialogus contra Luciferianos 8 f.; MSL 23,
163 ff.

sühnen die hende aufgelegt hat, im buch Moysi
am 48. [Gen 48, 14], Und Levitici am ersten [4]
sihet man, wie auch die Jüden die hende auf
ihre opfer haben legen müssen. Sölcher brauch
ist nu geplieben auch zur zeit Christi, der
apostelen und etlicher veter. Denn Christus hat
den kindern, wie wir wissen, aufgelegt die hende.
So habens auch gethan die apostelen, sonderlich
in erwelung und b.estetigungderkirchendiener,
1. Timot. 4 [14], So habens auch gethan die ve-
ter, wie wir aus dem heiligen Hieronymo ver-
meldet haben, und bedeut derhalben nichts an-
ders, dan das Gott solchen leuten, denen die
hende aufgelegt werden, ewige hülfe und bey-
stand durch seinen heiligen Geist thun wölle;
denn die hende reichen heisset je so viel als
helfen.
Weil dann diese feine, alte ceremonia eine gute
ankunft hat und auch bey uns recht und wol ge-
braucht werden kan, so thun wir christlich und
billich, das wir sie widerumb in die kirchen
bringen und in anrichtung dieser confirmation
auch brauchen. Doch müsset ihr, meine gelieb-
ten, es nicht dafur halten, wenn wir nach ge-
schehenem verhör den kinderen die hende auf-
legen, das eben umb solcher eusserlichen cere-
monien willen des auflegens ihnen der heilige
Geist gegeben werde, sonder vielmehr umb des
worts und gebets willen der kirchen; denn uns
ist je nicht vergeblich zugesagt: Künt ihr gute
gabe geben eueren kinderen, ob ihr wol böse
seid, wieviel mehr kan euer himlischer Vater
seinen heiligen Geist geben denen, die ihn bitten
und anruffen, Luce 11 [13], Ist nicht dis ein herr-
liche zusagung, die sendung des heiligen Geists
belangend? Daher kompts auch, das der heilige
Augustinus im dritten buch wider die Dona-
tisten91 solche auflegung der hende nichts an-
ders dann das gebet heisset.
Demnach bitte und ermane ich euch noch ein-
mal, liebes volk, weil diese confirmation, so itzo
geschehen sol, ein nützliche, gute ceremonia ist,
die auch zu erhaltung der kinderlahr sehre wol
91 De baptismo contra Donatistas III, 16, 21;
MSL 43, 149. CSEL 51, 213.

841
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften