Calenberg-Göttingen
gedrungen, sunder eine gute zeit bestimpt, darin
sie sich, was ihnen zu thun meglich, pruffen
musten.
Der pabst Pius, des namens der erste24, hat
verpotten, fur dem 25. jar die jungfrauen ein-
zusegenen, desgleichen hat auch gethan Boni-
facius der erste25.
Was thut der heilige Ciprianus, da er gerat-
fragt wart, wie man sich mit den jungfrauen
halten solte, die einmall keuscheit zu halten ge-
lobt, und aber doch nicht gehalten hetten? Wol-
len sie auch pleiben, spricht er libro 1, epist. 1126,
oder konnen sich nicht enthalten, so ist besser,
das sie freien dan in das feuer der wollust
fallen.
Weil dan nhun die heilige schrift solche
keuscheit nycht gepotten, sunder alleine denen,
so solche gabe haben, geraten hat und auch
bei etlichen vettern frey geachtet wirt, ja, weil
das concilium zu Gangra, anno 33327 gehalten,
die jungfrauen, so ihr keuscheit halten, heiliger
sein wollen dan ander leuth, vordampt, so ists
pillich und der schrift gemes, das man von sol-
chem gelubde auch nicht anderst halte, weder
die schrift 1. Cor. 7 davon gehalten haben will.
Das gelubde, ihre armudt belangen, ist ein ner-
risch gelubde; dan was kan doch leibliche är-
muth bei Got vor ein vortheil haben, weil ge-
meiniglich kein bettler so arm ist, wolte lieber
reich sein? Das sie viel von williger armuth
sagen, ist nichts.
Den was ist in den klostern fur armuth, da
man essen, trinken, schuch, kleider und alle
24 Vgl. das angeblich von Pius I. stammende
Dekret: MSG 5, 1127. Der sich auf die Jung-
frauenweihe beziehende Teil entstammt den
Canones der 3. Synode zu Karthago 397. Es
handelt sich um can. 1 der 2. Statutenreihe
des in Karthago gebilligten Breviariums, das
im wesentlichen die Beschlüsse der Synode
von Hippo 393 enthielt; Mansi III, 919. C. J.
v. Hefele, Conciliengeschichte II2. 1875, 56.
25 Der Anm. 24 genannte Kanon betr. die Jung-
frauenweihe wurde 419 auf der 6. (17.) Synode
zu Karthago z. Zt. Bonifaz I. zusammen mit
anderen älteren karthagischen Canones wie-
derholt. Dort ist er in can. 16 aufgenommen;
notturft, wie nicht uberflussigh, aber doch zur
not hat? Von solcher erdichteten armuth sagt
der 73. psalm [5 f.]: Sie seint nicht in erbeit
wie andere leuth und werden nicht wie andere
menschen geplagt. Darumb mus ihr trotzen kost-
lich dingh sein, und ihr frevel mus wolgethan
heissen. Wollen sie aber sagen von geistlicher
armuth, hilft sie abermals nicht; den geistlicher
armuth soll allen Christen gemein sein, Matth.
5 [3],
Was soll man viel sagen von ihrem gehor-
samb? Ist nicht allen Christen gebotten, das sie
den eltern, pfarhern und ihrer obrigkeit gehor-
samb sein solten? Ist aber der gehorsamb allen
Christen gemein, warumb machen sie dan ein
sunderlich gelubde draus? Ja, wolte Gott, das
mit solchem erdichteden gehorsamb nicht oft-
mals der rechte gehorsamb gegen die eltern,
pfarhern und oberigkeit verhindert wurde, da
doch die alten canones, so von gelubden sagen,
gemeinglich ius superioris aufnahmen.
Suma, umb der gelubden willen, so itzo ge-
zelet, weil sie allen Christen gemein sein, kon-
nen die klosterleuth weder sich noch ihrern
stand heiliger oder volkomlicher achten, dan der
gemeine stand aller Christen ist. Ja, wen solche
gelubde der meinungh geschehe, das sie durch
dieselbige vergebungh der sunde erlangt und
auch heiliger dan ander leuth geachtet sein wol-
len, so seint sie wider den glauben und vor-
damblich, und weil sie wider den glauben sein,
sall man sie der meinungh nicht halten, wie
auch das concilium tolatanum28 beschlossen hat;
Mansi III, 718. C. J. v. Hefele, a. a. O. 122 ff.
126.
26 Ep. 62,2 (Erasm. I, 11); MSL 4, 366 f. CSEL 3,
2, 474 (dort Ep. 4).
27 Zum Konzil von Gangra vgl. oben S. 732,
Anm. 39, zu unserem Text can. 10; Mansi II,
1101 f. C. J. v. Hefele, a. a. O. I2. 1873, 784.
28 Gemeint ist wohl die Synode zu Toledo im
Jahr 447, can. 16; Mansi III, 1004. C. J. v. He-
fele, a. a.O. II2. 1875, 308: Si quis dixerit, vel
crediderit, oonjugia hominum, quae secundum
legem divinam licita habentur, execrabilia
esse, anathema sit.
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gedrungen, sunder eine gute zeit bestimpt, darin
sie sich, was ihnen zu thun meglich, pruffen
musten.
Der pabst Pius, des namens der erste24, hat
verpotten, fur dem 25. jar die jungfrauen ein-
zusegenen, desgleichen hat auch gethan Boni-
facius der erste25.
Was thut der heilige Ciprianus, da er gerat-
fragt wart, wie man sich mit den jungfrauen
halten solte, die einmall keuscheit zu halten ge-
lobt, und aber doch nicht gehalten hetten? Wol-
len sie auch pleiben, spricht er libro 1, epist. 1126,
oder konnen sich nicht enthalten, so ist besser,
das sie freien dan in das feuer der wollust
fallen.
Weil dan nhun die heilige schrift solche
keuscheit nycht gepotten, sunder alleine denen,
so solche gabe haben, geraten hat und auch
bei etlichen vettern frey geachtet wirt, ja, weil
das concilium zu Gangra, anno 33327 gehalten,
die jungfrauen, so ihr keuscheit halten, heiliger
sein wollen dan ander leuth, vordampt, so ists
pillich und der schrift gemes, das man von sol-
chem gelubde auch nicht anderst halte, weder
die schrift 1. Cor. 7 davon gehalten haben will.
Das gelubde, ihre armudt belangen, ist ein ner-
risch gelubde; dan was kan doch leibliche är-
muth bei Got vor ein vortheil haben, weil ge-
meiniglich kein bettler so arm ist, wolte lieber
reich sein? Das sie viel von williger armuth
sagen, ist nichts.
Den was ist in den klostern fur armuth, da
man essen, trinken, schuch, kleider und alle
24 Vgl. das angeblich von Pius I. stammende
Dekret: MSG 5, 1127. Der sich auf die Jung-
frauenweihe beziehende Teil entstammt den
Canones der 3. Synode zu Karthago 397. Es
handelt sich um can. 1 der 2. Statutenreihe
des in Karthago gebilligten Breviariums, das
im wesentlichen die Beschlüsse der Synode
von Hippo 393 enthielt; Mansi III, 919. C. J.
v. Hefele, Conciliengeschichte II2. 1875, 56.
25 Der Anm. 24 genannte Kanon betr. die Jung-
frauenweihe wurde 419 auf der 6. (17.) Synode
zu Karthago z. Zt. Bonifaz I. zusammen mit
anderen älteren karthagischen Canones wie-
derholt. Dort ist er in can. 16 aufgenommen;
notturft, wie nicht uberflussigh, aber doch zur
not hat? Von solcher erdichteten armuth sagt
der 73. psalm [5 f.]: Sie seint nicht in erbeit
wie andere leuth und werden nicht wie andere
menschen geplagt. Darumb mus ihr trotzen kost-
lich dingh sein, und ihr frevel mus wolgethan
heissen. Wollen sie aber sagen von geistlicher
armuth, hilft sie abermals nicht; den geistlicher
armuth soll allen Christen gemein sein, Matth.
5 [3],
Was soll man viel sagen von ihrem gehor-
samb? Ist nicht allen Christen gebotten, das sie
den eltern, pfarhern und ihrer obrigkeit gehor-
samb sein solten? Ist aber der gehorsamb allen
Christen gemein, warumb machen sie dan ein
sunderlich gelubde draus? Ja, wolte Gott, das
mit solchem erdichteden gehorsamb nicht oft-
mals der rechte gehorsamb gegen die eltern,
pfarhern und oberigkeit verhindert wurde, da
doch die alten canones, so von gelubden sagen,
gemeinglich ius superioris aufnahmen.
Suma, umb der gelubden willen, so itzo ge-
zelet, weil sie allen Christen gemein sein, kon-
nen die klosterleuth weder sich noch ihrern
stand heiliger oder volkomlicher achten, dan der
gemeine stand aller Christen ist. Ja, wen solche
gelubde der meinungh geschehe, das sie durch
dieselbige vergebungh der sunde erlangt und
auch heiliger dan ander leuth geachtet sein wol-
len, so seint sie wider den glauben und vor-
damblich, und weil sie wider den glauben sein,
sall man sie der meinungh nicht halten, wie
auch das concilium tolatanum28 beschlossen hat;
Mansi III, 718. C. J. v. Hefele, a. a. O. 122 ff.
126.
26 Ep. 62,2 (Erasm. I, 11); MSL 4, 366 f. CSEL 3,
2, 474 (dort Ep. 4).
27 Zum Konzil von Gangra vgl. oben S. 732,
Anm. 39, zu unserem Text can. 10; Mansi II,
1101 f. C. J. v. Hefele, a. a. O. I2. 1873, 784.
28 Gemeint ist wohl die Synode zu Toledo im
Jahr 447, can. 16; Mansi III, 1004. C. J. v. He-
fele, a. a.O. II2. 1875, 308: Si quis dixerit, vel
crediderit, oonjugia hominum, quae secundum
legem divinam licita habentur, execrabilia
esse, anathema sit.
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