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Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (6. Band: Niedersachsen ; 2. Hälfte): Die welfischen Lande: Halbbd. 2, Die Fürstentümer Calenberg-Göttingen und Grubenhagen mit den Städten Göttingen, Northeim, Hannover, Hameln und Einbeck. Die Grafschaften Hoya und Diepholz. Anhang: Das freie Reichsstift Loccum — Tübingen, 1957

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https://doi.org/10.11588/diglit.30041#0170
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Calenberg-Göttingen

dacht fein langsam singen und im selbigen vleis
furwenden, das kein leichtfertigkeit oder unfleis
gespurt werde.
Wie es mit der meß gehalten werden sall.
Alle winkelmes, privat- und seelmes sollen
mit den vigilien und alles, was bißher vor die
dothen gescheen, abe sein, weil von solchen din-
gen die heilige schrift ghar keine meldungh ge-
than und die rechtschaffene apostolische kirche
gar nichts davon gewusth hat. So ists auch am
taghe, das siemit dem institute Christi ghar
nichts ubereinkompt, wie dan in unser aus-
gangen ordenungh34a hievon weiter disputirth
worden ist.
Nichtdesteweniger sollen sie sich schicken, das
das34b abentmhall unsers Herrn Jhesu Christi,
so oft sie comunicanten haben, aufs statlichst
gehalten werde, sich auch in dasselbige schicken,
wie wir solchs in unser ausgangen ordenungh35
fein ordentlich prescribirt haben.
Lassen aber diessen klosterleuten zu, weil sie
der latinschen gesenge gewonet, das sie auch
solche dingelatinsch singen, ausgenomen, das
das Vater unser und verba consecracionis alle-
zeit deutsch gesungen oder mit lauter stimb ge-
lessen werden sollen.
So sollensie dennoch auch die deutschen psal-
mos und lieder singen lernen, damit die ein-
feltigen leyen ihre ubungh in der kirchen auch
haben, und sall hierauf sonderlich der predi-
canth -ein aufsehns haben.
Wen sie aber keine communicanten haben,
mogen sieauf die Sontage und festage das
officium singen bis aufs Patrem35a und nach
der predig alle dingh, wie in der ordenungh vor-
melth, beschlissen.
Das hochwirdige sacramenth soll niemant an-
ders, dan die insatzung Christi mit sich bringt,
nemblich in beiderlei gestalth, gereicht werden.

34a Vgl. -oben S. 760. 792.
34b Druckvorlage: de.
35 Vgl. -oben S. 792 ff.
35a Gewöhnlich das Nicänische Glaubensbekennt-
nis; vgl. Röm. Meßbuch, OrdoMissae.

Von den lectionibus in refectorio.
Solche lectiones seind guth und nutzlich, doch
sall man hie allein die heilige schrift altes und
neues testamenths lesen. Wollen sie etwas mher
lessen, so hat man Locos comunes Philippi36, die
augspurgischen confession37 mit der apologia38,
item unser lahr in der ausgangen ordenungh;
dieselbigen mogen sie sich auch gemein machen.
Von unnotigen ceremonien.
Es sind in den klostern viele menschlicher
ceremonien, als das incliniren mit ganzem leibe
fur den altaren, bilden und auch sonst, das
silentium halten an sonderlichen orten, essen
und trinken an sonderlichen steten, disciplin
geben und nhemen und was des gaukelwerks
mher ist. Dieselbige sollen abesein und etwas
nutzlichers dafur gelerth werden. Doch zu dem
nahmen Jesu Christi sollen sie wie alle andere
Christen die knie beugen.
Von unzeitigen fasten.
Das man allzeit messigh und ahne uberflus
leben soll, lereth die heilige schrift allenthalben
und dienet auch dazu, das39 mutwillen des
fleischs etzlichermasse gesteuret und der mensch
zu allem guten deste geschickter wirt, sall auch
derhalben alle fullerei und schwelgerei, so son-
derlich in dem monchekloster gewesen, hiemit
verpotten sein.
Weil aber solche messigkeit nicht darin steth,
das man allein einmhaell des tages isset, sonder
das man in essen und trinken messigkeit helt,
so sall man den klosterpersonen des tages zwo
molzeit zu rechter zeit geben und unnottige
fastage fallen lassen.
Und -obs woll guth ist, das mit fleisch- und
fischessen -ordenungh gehalten wirt, so mus man
aberdennoch solch fleischessen, beschwerungh
der gewissen zu verhuten, lassen frei pleiben.
36 Vgl. oben S. 766, Anm. 9.
37 Bek. Schr. 44 ff.
38 Bek. Schr. 141 ff.
39 Die Druckvorlage fügt hier ein überflüssiges
„man“ ein.

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