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Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (6. Band: Niedersachsen ; 2. Hälfte): Die welfischen Lande: Halbbd. 2, Die Fürstentümer Calenberg-Göttingen und Grubenhagen mit den Städten Göttingen, Northeim, Hannover, Hameln und Einbeck. Die Grafschaften Hoya und Diepholz. Anhang: Das freie Reichsstift Loccum — Tübingen, 1957

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https://doi.org/10.11588/diglit.30041#0183
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Statuten für die Stadt Münden 1542

sollen, und wu daruber solch unser verbot uber-
tretten wurde, sol der wirt drei pfunt9 und ein
jeder gast zwei pfunt zur busse zu geben ge-
zwungen werden ahne nachlassungh.
Und sol solich verbot gleichwoll auch von an-
dern tagen gemeint und verstanden sein. Wu
jemant aber fur ein goßler9a oder zwene ge-
branten wein trinken wolt, der magk in seiner
behausungh solichs thun und ander geselschaft
davon lassen.
Von weinkellern und bierheusern.
Es ist am tage, das unser Herr Christus fur
uberigen fressen, saufen und schwelgen alle Chri-
sten heftig gewarnt hat, da er sagt [Luk 21, 34]:
Sehet zu, das euer leibe mit fressen und saufen
nicht uberladen werden und euch des Herrn tagk
also erhasche. So ist auch kein zweifel, weil wir
Christen zu solchem laster so sehr gneigt, Got
greife uns derhalben mit teurer zeit so hart an,
das wir je erkennen sollen, das er kein gefallen
daran hab. Ist demnach unser ernstlich bevelch
an dich, unsern amptman, und euch, burger-
meister und rathe, das ihr bei den weinzepfern
und andern wirten, so wein und bier verkeufen,
verschaffet, das sie nach zehen uren zu nacht
kein glag halten oder wein und bier den gesten
reichen lassen, und wo solchs daruber, wens
ihnen verbotten ist, ubertreten wurde, sol der
wirt drey pfunth und die geste ein jeder vor
sich zwei pfunth zur bruche10 (so oft es ge-
schicht) ahne nachlassen zu geben schuldig sein.
Desgleichen sol gemelten weinzepfern und
bierwirten in der stadt und zur Blumen11 bei

9 Ein Pfund umfaßte 240 Pfennige; vgl. F. v.
Schrötter, a. a. O. 507 f.; W. Jesse, a. a. O. 34.
9a Der Gosler war eine kleine Münze im Wert
von einem halben Pfennig, die aus Goslar
stammte. Im 16. Jh. wurde der Name aber
auch für andere kleine Münzen von ent-
sprechendem Wert gebraucht. Vgl. F. v. Schröt-
ter, a.a.O. 233.
10 D. h. auf den Bruch des Gesetzes zur Strafe;
vgl. M. Heyne, Deutsches Wörterbuch 2 I.1905,
497.

penen zehen margengroschen12 ane nachlassen
verpoten sein, keinen wein oder bier zu er-
keufen, es sei den die predig gescheen und das
abentmall Jesu Cristi gehalten. Doch sollen wan-
derende leute und kranke menner oder frauen
hiemit nicht gemeint sein; dan denselbigen ist
man aus cristlicher liebe alzeit zu dienen schul-
digh.
Wir wollen auch hiemit dem pfarher, unserm
amptman und dem rathe uferlecht haben, das
volk von der kanzel vleissigh zu ermanen, und
das der rath alwegen, wen man den burgern
leuth, ihnen ernstlich gebieten, sich vor un-
messigem saufen und schwelgen zu hueten und
dasselbe abzustellen, der hoffnungh zu Gott, es
werde frucht schaffen, wo nicht, so wollen wir
solch laster gotlichem gerichte heimstellen, idoch
mit diesem vorbehalt, wu jemant sich bei seinem
saufen dermassen ungeschickt hilte, das er Got
lesterte, schwure, fluchte, haderte oder andere
untaten beginge, wollen wir die oder den, wie
hirvor steth, oder nach gelegenheit der untath,
zu straffen macht haben.
Diese ordnungh wollen wir dir, dem amptman,
und dem rathe bei den pflichten und eiden, da-
mit ihr uns semptlich verwanth, uferlegt und
ingebunden haben, der in alwege zu geleben und
nachzukomen. Dan wo solchs von euch verpliebe,
uber das, das wir euch dabei zu schutzen und zu
hanthaben gneigt, so wollen wir euch solichs
vor dem richtstuel Gots vorantworten lassen.
Und wir wollen hirmit unser conscienz ent-
schuldigt wissen. Darnach wisset euch entlich
zu halten.

11 Das Dorf Blume bei Münden hatte einen der
ältesten Gasthöfe des Amtes, den ,,Krug zur
Blume“; vgl. W. Lotze, Geschichte der Stadt
Münden2. 1909, 322.
12 Der Mariengroschen wurde zuerst 1503 (1505?)
in Goslar geprägt. Auf der einen Seite trug
er das Bild der stehenden Mutter Jesu. Der
Wert betrug 1/36 Reichstaler = 8 Pfennige.
Vgl. F. v. Schrötter, a. a. O. 371; W. Jesse,
a. a.O. 47.

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