Synodalkonstitutionen 1544/1545
gerichtsordenung45 geweiset, und darf dieser
artickel in diesem fall keins zusatzes.
14. Im vierzehenden artickel46, das gemeine
gebett belangend, wissen wir nichts zu enderen,
wöllen aber nochmals die pastores ernstlich er-
manet haben, in solchem gebete gar keinen
fleis zu sparen und sonderlich fur unser g. her-
schaft, land und leute, das Gott Ihre F. G. sampt
der jungen herschaft47 und den armen under-
tanen in aller nod, anfechtung und beschwerung
wider den teufel und alle seine feindselige an-
schlege schützen, retten, trösten und nicht ver-
lassen wölle, in allen kirchen zu bitten. Denn
solchs thun wir billich, und wirt hochgemelter
unser oberkeit wolfart unser wolfart mit sein.
Und weil dann hie von dem gebete gehandelt,
so ist ein frage fürgefallen, ob nicht die pa-
stores, wenn irgentein kranker in todtsnöten
oder anderer krankheit were und der kirchen-
diener, das sie zu ihme kemen, Gott fur ihn zu
bitten, begerte, schüldig sein solten, zu solchem
kranken zu gehen und ihme von ampts wegen
aus christlicher liebe das gebet mitzuteilen?
Darauf sagen wir ja; denn wir wissen je, das
an solcher besuchung der kranken Christus einen
solchen gefallen hat, das ers auch dafür halten
wölle am jüngsten gerichte, ais sey es ihm selbs
geschehen, Mat. 25 [36. 40]. Was ist nu solch
besuchen anders, dann die kranken mit Gotts
worte trösten? Ihre nod unser nod sein lassen?
Ihnen unser milte hant aufthun, wo es von
nöten ist, und ihnen treulich mit unserm gebete
dienen? Und zwar, wo ein pastor sich hirin wei-
gerte, künten wir solchs nicht billichen. Denn
uber das, das soich besuchen der kranken in
45 Nach der Hofgerichtsordnung von 1544 soll-
ten die Ehesachen vor besonders dazu ver-
ordneten Räten unter Vorsitz des Superinten-
denten auf der Kanzlei zu Münden entschieden
werden; vgi. A. Brauch, Die Verwaltung des
Territoriums Calenberg-Göttingen während
der Regentschaft der Herzogin Elisabeth
(Quellen u. Darstellungen z. Gesch. Nieder-
sachsens 38). 1930, 369 f.
46 Vgl. oben S. 869.
47 Vgl. oben S. 794, Anm. 88.
unser ampt gehört, sagt auch S. Paul nicht ver-
geblich zun Galatem am 6. [2], einer solle tra-
gen des anderen bürde, so erfüllen wir das ge-
setz Christi. Wenn man aber eine sonderliche
ceremonien hiemit und das anstreichen des öliens
widderumb anrichten woLte, solchs künten wir
auch nicht billichen. Und hat die epistel Ja-
cobi48 die autoritet nicht, das uns die hirin
gebieten oder binden solte. So ist solch schmiren
und ölie anstreichen ein jüdischer brauch, mit
welchem die Christen nicht zu thun haben.
15. Den funfzehenden artickel49, von straff
der ubertrettenden und muthwilligen pastoren
meldende, lassen sich die praesidentes zu er-
haltung eusserlicher zucht und forcht alle ge-
fallen.
16. Im sechszehenden artickel50, so jerlich 2
synodos zwischen Deister und Leine und auf
welche zeit dieselbige gehalten werden söllen,
bestimpt, seind etliche der meinung gewesen,
es solte jerlich an einem gnug sein, damit den
pastoribus, solche synodos zweymal zu besuchen,
der zerung halben nicht zu schwer würde. Nu
ist solche meinung fur die arme pastores nicht
böse, und wenn sie sich wol schickten, so were
es ungezweifelt an einem gnug. Wenn man aber
keine besserung oder keinen fleis spürete, so
wolte dennoch die nod forderen, das solche beide
synodi laut dem artickel gehalten würden, und
sol solchs dem fleisse des superintendentis auf
sein gewissen heimgestellet sein.
Soviel aber unser g. f. und f. leibzucht und
das land zu Göttingen belangt, kan man keine
gewisse zeit zu solchem synodo, sonderlich weil
der superintendens seine wonunge zu Pattensen
48 Die katholische Kirche gründet das Sakra-
ment der Letzten Oelung auf Jak 5, 14 f.;
vgl. z. B. Petr. Lomb., Sent. IV, dist. XXIII,
c. 3; Thomas, Summa III suppl., quaest. 29-32;
Conc. Lugdun. II (1274). Professio fidei Mi-
chaelis Palaeologi; Denzinger 21-23, Nr. 465;
Conc. Florent. Decretum pro Armenis (1439);
Denzinger 21-23, Nr. 700.
49 Vgl. oben S. 869.
50 Vgl. oben S. 870.
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gerichtsordenung45 geweiset, und darf dieser
artickel in diesem fall keins zusatzes.
14. Im vierzehenden artickel46, das gemeine
gebett belangend, wissen wir nichts zu enderen,
wöllen aber nochmals die pastores ernstlich er-
manet haben, in solchem gebete gar keinen
fleis zu sparen und sonderlich fur unser g. her-
schaft, land und leute, das Gott Ihre F. G. sampt
der jungen herschaft47 und den armen under-
tanen in aller nod, anfechtung und beschwerung
wider den teufel und alle seine feindselige an-
schlege schützen, retten, trösten und nicht ver-
lassen wölle, in allen kirchen zu bitten. Denn
solchs thun wir billich, und wirt hochgemelter
unser oberkeit wolfart unser wolfart mit sein.
Und weil dann hie von dem gebete gehandelt,
so ist ein frage fürgefallen, ob nicht die pa-
stores, wenn irgentein kranker in todtsnöten
oder anderer krankheit were und der kirchen-
diener, das sie zu ihme kemen, Gott fur ihn zu
bitten, begerte, schüldig sein solten, zu solchem
kranken zu gehen und ihme von ampts wegen
aus christlicher liebe das gebet mitzuteilen?
Darauf sagen wir ja; denn wir wissen je, das
an solcher besuchung der kranken Christus einen
solchen gefallen hat, das ers auch dafür halten
wölle am jüngsten gerichte, ais sey es ihm selbs
geschehen, Mat. 25 [36. 40]. Was ist nu solch
besuchen anders, dann die kranken mit Gotts
worte trösten? Ihre nod unser nod sein lassen?
Ihnen unser milte hant aufthun, wo es von
nöten ist, und ihnen treulich mit unserm gebete
dienen? Und zwar, wo ein pastor sich hirin wei-
gerte, künten wir solchs nicht billichen. Denn
uber das, das soich besuchen der kranken in
45 Nach der Hofgerichtsordnung von 1544 soll-
ten die Ehesachen vor besonders dazu ver-
ordneten Räten unter Vorsitz des Superinten-
denten auf der Kanzlei zu Münden entschieden
werden; vgi. A. Brauch, Die Verwaltung des
Territoriums Calenberg-Göttingen während
der Regentschaft der Herzogin Elisabeth
(Quellen u. Darstellungen z. Gesch. Nieder-
sachsens 38). 1930, 369 f.
46 Vgl. oben S. 869.
47 Vgl. oben S. 794, Anm. 88.
unser ampt gehört, sagt auch S. Paul nicht ver-
geblich zun Galatem am 6. [2], einer solle tra-
gen des anderen bürde, so erfüllen wir das ge-
setz Christi. Wenn man aber eine sonderliche
ceremonien hiemit und das anstreichen des öliens
widderumb anrichten woLte, solchs künten wir
auch nicht billichen. Und hat die epistel Ja-
cobi48 die autoritet nicht, das uns die hirin
gebieten oder binden solte. So ist solch schmiren
und ölie anstreichen ein jüdischer brauch, mit
welchem die Christen nicht zu thun haben.
15. Den funfzehenden artickel49, von straff
der ubertrettenden und muthwilligen pastoren
meldende, lassen sich die praesidentes zu er-
haltung eusserlicher zucht und forcht alle ge-
fallen.
16. Im sechszehenden artickel50, so jerlich 2
synodos zwischen Deister und Leine und auf
welche zeit dieselbige gehalten werden söllen,
bestimpt, seind etliche der meinung gewesen,
es solte jerlich an einem gnug sein, damit den
pastoribus, solche synodos zweymal zu besuchen,
der zerung halben nicht zu schwer würde. Nu
ist solche meinung fur die arme pastores nicht
böse, und wenn sie sich wol schickten, so were
es ungezweifelt an einem gnug. Wenn man aber
keine besserung oder keinen fleis spürete, so
wolte dennoch die nod forderen, das solche beide
synodi laut dem artickel gehalten würden, und
sol solchs dem fleisse des superintendentis auf
sein gewissen heimgestellet sein.
Soviel aber unser g. f. und f. leibzucht und
das land zu Göttingen belangt, kan man keine
gewisse zeit zu solchem synodo, sonderlich weil
der superintendens seine wonunge zu Pattensen
48 Die katholische Kirche gründet das Sakra-
ment der Letzten Oelung auf Jak 5, 14 f.;
vgl. z. B. Petr. Lomb., Sent. IV, dist. XXIII,
c. 3; Thomas, Summa III suppl., quaest. 29-32;
Conc. Lugdun. II (1274). Professio fidei Mi-
chaelis Palaeologi; Denzinger 21-23, Nr. 465;
Conc. Florent. Decretum pro Armenis (1439);
Denzinger 21-23, Nr. 700.
49 Vgl. oben S. 869.
50 Vgl. oben S. 870.
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