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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (6. Band: Niedersachsen ; 2. Hälfte): Die welfischen Lande: Halbbd. 2, Die Fürstentümer Calenberg-Göttingen und Grubenhagen mit den Städten Göttingen, Northeim, Hannover, Hameln und Einbeck. Die Grafschaften Hoya und Diepholz. Anhang: Das freie Reichsstift Loccum — Tübingen, 1957

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https://doi.org/10.11588/diglit.30041#0203
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Visitationsinstruktion 1588

purgischer oonfession und üblichen christlichen
kirchengepreuchen laut dero aus bevehlig weiland
des hochgebornen fürsten, unsers freundlichen,
lieben vettern, herzogen Erichen frauen mutter,
frauen Elisabethen, marggreffin zu Brandenburg,
durch Urbanum Regium et Antonium Corvinum
begriffener und publicirter kirchenordnung23, so-
viel mit ihrem gutem willen ohne ergernuß nicht
gebessert werden muechte, gnediglich pleiben zu
lassen. Dieweil aber der teufel in religionsachen
und sonderlich zu diesen letzten zeiten nicht
veiere, auch keine ordnung so steif und veste
gemacht werden könne, dawieder nicht oftmahls
in viel wege gehandelt werde, — als wollte
gleichwoll uns, als dem landsfürsten, dem sowoll
die erste als die andre taffel des gesetzes Gottes
bevöhlen, vor allen dingen obliegen und ge-
pühren, mit fleiß darnach zu forschen, ob auch
obgemelter religion und kirchenordnungen zu-
wieder in dem einen oder andern gelehret, ge-
lebt oder gehandelt würde. Zu dem behuff dann
und keinesweges einige unnottige disputation zu
erregen oder ergerliche verenderung zu ver-
nehmen, wie sie abgefertigt, sich dessen bei den
rath, auch sonsten der gepuhr zu erkundigen
und in beisein etzlicher ihres mittels, so sie
darzu verordenen wurden, etzlicher weniger punk-
ten halber, deren gegen uns, als dem landes-
fürsten, sich niemand mit christlichem gewissen
zu beschweren, mit den pfarhern und kirchen-
dienern ohne alle weitleuftigkeit freundlich zu
comuniciren, der zuversicht, weil es zu Gottes
ehre, zu erhaltung des heiligen ministerii, auch
zu fortpflanzung der christlichen gemeine und
also ihnen selbst mit zum besten gemeint, sie
werden solch unser christlich fürnehmen mit
untertheniger danksage woll gefallen lassen und
unsere landvätterliche wolmeinung im werk spü-

23 Die KO Hannovers (1536, Rhegius) und die KO
Northeims (1539, Corvinus).
23a Mit den unter den Theologen streitigen Punk-
ten setzen sich zwei von Martin Chemnitz
verfaßte, im Corpus doctrinae Julium (vgl.
unten S. 891, Anm. 13) enthaltene Lehrschrif-
ten auseinander: der schon der Wolfenbüttler

ren, derowegen solcher kurzer unterredung desto
williger beiwohnen.
Da nun der rath darmit zufrieden sein wurde,
wie wir uns gleichwol zu ihnen keines andern
versehen thetten, alsdann sollen unsere abgesante
visitatores mit einem jedem pfarrhern und ka-
plan besonder, jedoch in beisein etzlicher raths-
hern, handeln und auf folgende articul oder punk-
ten befragen:
1. Ob er sich zu der reinen, unverfelschten augs-
purgischen confession bekennen, sich auch
derselben in lehrambt, desgleichen auch mit
verrichtung der hochwürdigen sacramenten
und sonsten durchaus gemees verhalte.
2. Was er von den streitigen punkten23a, so
nach ubergebung itzermelter augspurgischer
confession unter den theologis eingerissen,
und von einem jedem in specie einfeltiglich
halte.
3. Ob er illustrissimi Julii bei der kirchenord-
nung im druck ausgegangener erklerung24
gelesen und darmit einig sei oder ob er in
einem oder dem andern einiges bedenken
habe.
4. Ob er auch den catechismum Lutheri mit
der lieben jugend fleißig treibe.
5. Ob er auch mit seinen collegen oder jemand
andern in einem oder andern punkte religio-
nis oder aber sonsten uneinig und wie es
allenthalben darumb geschaffen.
6. Wo er studiret, auch wann und wo er ordi-
niret worden.
7. Von wem die pfarr zu lehne ruhre.
8. Ob er verus oder mercenarius sei.
9. Ob er darauf lehnbriefe habe, davon dann
abschrift zu fordern.
10. Wie es bishero mit der vocation und ordina-
tion der prediger aldar gehalten.

KO von 1569 beigegebene „Kurze, einfältige
und notwendige Bericht“ (Sehling VI, 1, 92
ff.), der eine Vorform der FC ist, und „Wohl-
gegründter Bericht von den fürnehmsten Ar-
tikeln christlicher Lehre, so zu unsern Zei-
ten streitig worden sein . . .“.
24 Sehling VI, 1, 83 ff.

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