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Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (6. Band: Niedersachsen ; 2. Hälfte): Die welfischen Lande: Halbbd. 2, Die Fürstentümer Calenberg-Göttingen und Grubenhagen mit den Städten Göttingen, Northeim, Hannover, Hameln und Einbeck. Die Grafschaften Hoya und Diepholz. Anhang: Das freie Reichsstift Loccum — Tübingen, 1957

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https://doi.org/10.11588/diglit.30041#0453
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Kirchenordnung 1581

loren hat, dennoch Christus zu ihm spreche:
Kom her, du bist mein treuer diener gewesen.
Zum andern muß er auf die wirdigkeit seines
ampts sehen, von welchen Christus spricht [Mt
5, 13 f.]: Ihr seid das salz der erden etc. Item:
Ihr seid das liecht der welt. Item [Luk 10, 16]:
Wer euch höret, der höret mich. 1. Corinth. 4 [1]:
Dafür halte uns jederman, als für Christi diener.
1. Corinth. 3 [9]: Wir sind Gottes mithelfer, wir
vermanen an Gottes stadt. Daher auch D. Luther
in der auslegung des evangelii am Sontag Quasi-
modogeniti in der hauspostillen24 also spricht:
Die, so in diesem geistlichen regiment sind, die
sein rechte könige, rechte herrn und fürsten
und haben die gröste und höchste gewalt zu
regieren, nicht uber land und leute, sondern uber
die conscientien der menschen etc. Solches dienet
darzu, das sie ihr ampt selbst gros achten und
andern hochzuachten mit fleis einbilden. Daher
Paulus zun Röm. am 11. [13]: Dieweil ich der
heyden apostel bin, wil ich mein ampt rhümen,
zudem, auf das sie sich in solchem ampt gegen
allerley wiederwertigkeit trösten können, also,
das sie Gott darinne erhalten und mit nichte
verlassen wölle.
Zum dritten muß ein pastor oder prediger
auch sehen auf die stück seines hochtragenden
ampts und in denselben threu beweisen, 1. Cor. 4
[1]: Dafür halte uns jederman, als für Christi
diener und haushalter der geheimnis Gottes.
Nun sucht man nichts mehr an einem haus-
halter denn diß, das jemand threu befunden
werde. Solche threue aber sol er in folgenden
stücken erzeigen:
Zum ersten im leren, vermanen, warnen, straf-
fen, dreuen und trösten, von welchen punkten
viel gezeugnis und exempel in göttlicher schrift
befunden werden, als Ezech. 33, Jerem. 48, 2.
Timoth. 4 [1]: So bezeuge ich nun etc. Apocalyp.
3 [8]: Ich weis dein werk etc.
Zum andern, das sie den wölfen steuren und
wehren, davon Act. 20 [28 f.]: So habt nun ach-
tung auf euch selbst und auf die ganze gemeine,

24 WA 52, 268.
25 Gemeint ist der 5. Teil dieser KO.

uber welche euch der heilige Geist gesetzet hat,
zu weyden die gemeine Gottes, welche Gott
durch sein blut erworben hat. Denn das weis
ich gewiß, das nach meinem abschied werden
unter euch komen greulich wölfe, die der herde
nicht verschonen werden.
Zum dritten erfordert die threu, das er für-
sichtig sey in dem gebrauch der schlüssel und
austeilung der sacrament, damit er die perlen
nicht fur die seue und das heiligthumb für die
hunde werfe, item, das er in solchen verhand-
lungen auch ernstlich ohne leichtfertigkeit umb-
gehe.
Zum vierden erfordert auch die threue, das er
für seine befohlene schäfflein fleissig bitte, auf
das daß wort frucht bringen und die zuhörer im
glauben, in gottesfurcht und allen andern tugen-
den wachsen und zunemen mögen. Daher Deutero.
32 [2]: Ach, das meine lehr triefen möchte als
der regen auf das gras und als die tropfen auf
das kraut. Und Paulus auch in seiner gefengnis
bittet heftig für die gemeine [Phil 1, 9 ff.; Kol 1,
3. 9 ff.].
Zum fünften erfordert die threue, das er die
christlichen kranken fleissig besuche und die-
selben mit dem wort und sacramenten tröste
und versorge.
Zum sechsten, das er fleissig achtung gebe auf
die artickel der disciplinordnung25, auf das also
neben der lehr auch feine disciplin und zucht
erhalten werde. Dann eine kirche ohne christ-
liche disciplin ist gleichsam einer glocken, die
da keinen kleppel hat. In diesen obberürten
stücken sol ein prediger seine threu und fleis
beweisen.
Zum siebenden25a sol er auch auf sich selbst
sehen, das er mit einem guten wandel und
exempel dem volk fürgehe und nicht mit sei-
nem unordentlichen, bösen leben wieder zer-
breche, was er mit gesunder lehr erbauet, daher
Paulus 1. Timoth. 3 [2]: Ein bischoff sol un-
strefflich sein, 1. Petri 5 [3]: Seid ein fürbild
der herde, Matth. 18 [6]: de scandalo etc.
25a Druckvorlage: vierden.

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