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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (6. Band: Niedersachsen ; 2. Hälfte): Die welfischen Lande: Halbbd. 2, Die Fürstentümer Calenberg-Göttingen und Grubenhagen mit den Städten Göttingen, Northeim, Hannover, Hameln und Einbeck. Die Grafschaften Hoya und Diepholz. Anhang: Das freie Reichsstift Loccum — Tübingen, 1957

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https://doi.org/10.11588/diglit.30041#0462
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Hoya

kolben43 und dergleichen kleidungen, so kirchen-
dienern nicht anstehen, enthalten sollen und feine,
schlechte hosen, wämmese und lange mäntel
oder röcke tragen und einen erbarlichen, ein-
gezogenen, züchtigen wandel und leben neben
dem pastorn als ein fürbild der gemeine füren
sollen. So sie solches verachten würden, sollen
sie ihres ampts entsatzt sein.
Zum vierzehenden: Dieweil das krügen und
brandweinschenken keinem kirchendiener gezie-
met, wollen wir hiemit berürte krügereyen des
biers und gebranten weins unsern küstern ver-
boten haben. Und so sie solche hantierung nicht
gedechten zu unterlassen, sollen sie durch un-
sere consistorialen enturlaubet werden.
Zum letzten: So auch unter den küstern je-
mand befunden würde, der sich gegen seinem
pastori auflegen und demselben in seinem ampt
keinen gehorsam leisten, trotzig, mutwillig und
sonst ein seufer oder ander ergerlich mensch
sein wolte, derselbe soi unsern inspectorn an-
gemeldet und durch unser consistorium seines
diensts priviert werden.
IX.
Von den organisten und ihrem ampt.
Wir gebieten auch ernstlich, das die organi-
sten, so oft man in der kirchen den gottesdienst
verrichtet und die orgel gebrauchet, verhanden
sein und auf die orgel warten. Und sollen die
pastorn achtung auf sie haben. Und so sie den-
selben kein gehör geben wollen, werden wir sie
zu straffen verursacht werden.
Wir befehlen auch den organisten, das sie sich
der weltlichen lieder und anderer ergerlichen
geticht und melodeyen enthalten sollen43a und
mit ernst und andacht geistliche und in Gottes
wort gegründte psalmen und compositiones, es
sey für oder nach der predigt oder für oder
nach der copulation der eheleute, schlagen und

43 Kolbe = Waffe mit kolbiger Verdickung; auch
Bezeichnung eines in der 2. Hälfte des 16. Jh.s
modern gewordenen kurzen Haarschnitts; vgl.
Grimm, Deutsches Wörterbuch V (1873), 1602 ff.

exerciren sollen, bey vermeidung unserer un-
gnaden.
Endlich mandiren wir ihnen, das sie sich aller
unehrlichen, leichtfertigen und ungottseligen ge-
sellschaft, versamlungen und krügen mit ihren
instrumenten enthalten und auch für ihre per-
son als diener der kirchen sich erbarlich und
züchtig verhalten und alle schwelgerey, uber-
mut, nachtcollation und gassenlaufen sampt aller
leichtfertigkeit vermeiden sollen. Wo sie solches
verachten werden, sollen sie durch ihre pastorn
unserm consistorio angezeiget werden und vor
demselben ihres bescheids abwarten.
Nachdem wir auch befinden, wie sich zum teil
unsere schulmeister, küster, organisten und sen-
ger unter der sermon aus der kirchen und got-
tesdienst verkriechen und an andere örter sich
verfügen sollen, wollen wir hiemit solch gott-
loß wesen und verachtung Gottes ernstlich ver-
botten haben. Gebieten derwegen berürten per-
sonen, das sie Gott zu ehren, ihnen selbst zu
ihrer seelen heil und andern leuten zu einem
guten exempel bey der predigt und gottesdienst,
biß so lange das alles geendet, bleiben. Wo sie
solches verachten werden, sol dasselbe durch den
pastorn unserm verordneten consistorio ange-
tragen werden, so werden wir uns der gebür
nach mit der straffe zu verhalten wissen.
Das dritte theil.
Von christlichen ceremonien.
I.
Von den ceremonien, so man des Sonn-
abends zur vesper pfleget zu gebrauchen.
Es sollen die pastorn und prediger den Son-
abend im hause bleiben und nicht hin und wie-
der vagieren und laufen, als bey ihren etlichen
gebreuchlich ist, sondern ihre lehr und lection
ubersehen und auf die vesper und das beicht-
volk warten.
43a Entspricht KO 73, Art. XII, Sect. III (Richter
II, 356).

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