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Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (6. Band: Niedersachsen ; 2. Hälfte): Die welfischen Lande: Halbbd. 2, Die Fürstentümer Calenberg-Göttingen und Grubenhagen mit den Städten Göttingen, Northeim, Hannover, Hameln und Einbeck. Die Grafschaften Hoya und Diepholz. Anhang: Das freie Reichsstift Loccum — Tübingen, 1957

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https://doi.org/10.11588/diglit.30041#0486
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Hoya

und warer trost durch den anblick der zugefüg-
ten straffe nicht entfallen möge, sollen die pre-
diger mit hinaus zum gerichte gehen.
XVII.
Vermanung an braut und breutgam, wenn
sie copuliret werden.
Wenn der breutgam und braut zur kirchen ge-
furt, fehet man an zu singen Kom, heiliger Geist,
Herre Gott etc.39. Darnach tritt der pastor für
den altar und list diese folgende exhortation:
Lieben freunde in Christo, gleich wie der all-
mechtige Gott alle ding geschaffen und geordnet
hat zu lob und ehren seines heiligen und herr-
lichen namens, zur beförderung unsers heils und
zur erhaltung zucht und erbarkeit in diesem leben,
also hat er auch den ehestand zu seinen ehren
und uns zu gute eingesatzt und dabey ernstlich
geboten, den stand nicht, wie die ungleubigen
thun, nach eigenem gefallen und fleischlichem
mutwillen zu gebrauchen, sondern nach seinem
befehl, recht, erbarlich und gottfürchtig, in rech-
tem glauben gegen Gott, liebe und threu unter-
einander zu füren. Auf das nun diese gegen-
wertige personen, so sich allhie für Gott und
diesen frommen Christen in den heiligen stand
der ehe zu begeben willens sein, dasselbe thun
mögen in dem namen Gottes und im rechten
verstand wissen mögen, wie der ehestand gott-
selig sey anzufahen und christlich zu füren, ist
von nöten, das sie aus Gottes wort erinnert
werden, weß sie sich im ehestand zu Gott ver-
sehen sollen und was sie von beyden teilen, ein
jegliches in seinem beruff, thun und lassen sol,
auf das sie solches stets für augen haben und
getreulich mit göttlicher hülfe vollbringen.
Zum ersten sollen die, so ehelich werden, die-
sen verstand und glauben aus dem wort Gottes
von diesem heiligen ehestande fassen, das der-
selbe eine ehrliche, reine, göttliche und heilige
ordnung sey, welche also anfenglich im paradiß
eingesetzt ist von dem ewigen Gott, der es also
für gut angesehen hat, das der mensch nicht

39 Wackernagel III, Nr. 19. Ev. Kgb. Nr. 98.

allein were, sondern einen gehülfen bey sich hette.
Darumb hat Gott auch allwege diese seine ord-
nung herrlich gepreiset, gnediglich gesegnet und
treulich gehandhabet. Derwegen aber hat er alle
unreinigkeit und unzucht stets verdampt und
schrecklich gestrafft. Darumb sollen es beyde,
weibs- und manspersonen, dafür halten, das Gott
das ehelich leben wolgefalle und ein unzüchtig,
ehelos wesen ein greuel für Gott sey und ihm
aufs höchste mißgefalle. Darauf sie ferner im
herzen vergewissert werden, das sie des ehe-
stands mit guter, frölicher conscientien mögen
gebrauchen, doch in gottesfurcht, zu aller erbar-
keit und tugent. Und weil auch allen guten ord-
nungen Gottes das kreuze anhengig ist und aller-
ley beschwerung denen fürfellt, die da gottselig
leben wollen, doch nicht aus Gottes ungnaden,
sondern aus veterlicher liebe zu mehrer beför-
derung der seelen seligkeit, sollen die eheleute,
so ihnen kreuz und beschwerung im ehestande
begegnet, betrachten, das sie in Gottes befehl
und ordnung leiden und sich zu Gott alles guts
versehen, trost, rhat und hülfe in fester zuver-
sicht von ihm erwarten. Diß sollen sie also gleu-
ben und hiemit sich trösten.
Zum andern: Nachdem Gott geboten hat [Gen
2, 24], das der mensch vater und mutter verlas-
sen sol und seinem ehelichen gemahl anhangen,
das ihrer zwey ein leib sein, sollen sie sich
untereinander treulich und herzlich meinen39a.
Sol demnach der man, wie uns auch das
sechste gebot ernstlich auferlegt, nach dem
willen und befehl Gottes sein weib getreu-
lich lieben und nach der vermanung Pauli
[Eph 5, 25 ff.] für augen haben das exempel
der hohen und unaussprechlichen liebe Christi
gegen die christliche gemein, damit er sich selbst
für sie gegeben, sie erlöset, geheiliget, gereiniget
und sie in die gemeinschaft aller seiner güter
und herrligkeit angenommen; und der man glei-
cher weise seine eheliche liebe und threu auch
beweisen gegen seinem weibe und nach der lehr
des heiligen Petri [1. Petr 3, 7] mit vernunft bey
39a — lieben.

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