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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (6. Band: Niedersachsen ; 2. Hälfte): Die welfischen Lande: Halbbd. 2, Die Fürstentümer Calenberg-Göttingen und Grubenhagen mit den Städten Göttingen, Northeim, Hannover, Hameln und Einbeck. Die Grafschaften Hoya und Diepholz. Anhang: Das freie Reichsstift Loccum — Tübingen, 1957

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https://doi.org/10.11588/diglit.30041#0501
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Kirchenordnung 1581

zu gevattern bitten, derhalben ordnen wir, das
uber vier personen6b hinfürder zur gevatter-
schaft nicht sollen gestadtet werden. Dann Moy-
ses spricht [Dt 19, 15]: Alle sachen werden in
zweyer oder dreyer zeugen munde bestettiget.
Auch wenn die leute ihren kindern wollen ge-
vattern bitten, sollen sie sich erstlich mit dem
pastor befragen, ob auch die personen, so sie
zu bitten willens, als fromme Christen können
zugelassen werden.
Zum andem6c sollen die pastorn zu solchem
gottesdienst niemand zulassen, es sey dann, das
er von allen eusserlichen lastern und ergerlichen
sünden frey und unberüchtiget.
Zum dritten6d sol niemand zur gevatterschaft
gelassen werden, so sich nicht innerhalb zweyen
jharen zum nachtmal befunden.
Zum vierden6e: Die gevattern bey der taufe
sollen keine unmündige kinder oder narren sein,
so für kindheit und unverstand die hohen, wich-
tigen ding, so uns in der heiligen taufe für-
getragen, nicht erkennen und die verpflichtung,
dazu sie bey die [!] taufe gefordert, aus un-
wissenheit nicht betrachten können.
Zum fünften6f ordnen wir auch, das unsere
pastorn hinfürder keine kinder teufen, es sey
dann von ihm die taufe durch den vater des
kindes, so der verhanden, selbst gebeten. So
aber der vater gottloß und ein verechter der
sacrament were, sol er die taufe eigner person
nicht bitten, sondern einen andern christlichen
man dazu senden. Dieses wollen wir fürnemlich,
so ausser der ehe megde und weiber beschlaffen,
davon kinder verhanden, gehalten haben. Denn
solchen kindern sol von dem vater durch zweene
frome menner die taufe gebeten und hiebey an-
gezeiget werden, das er, der vater des kindes,
gestendig.

6b KO 73 (a. a. O.): 3 personen.
6c Dieser Abschnitt lehnt sich eng, teils wört-
lich an KO 73, Art. IV, Sect. II (Richter II,
354) an.
6d Folgendes entspricht KO 73, Art. IV, Sect. III
(a. a. O.).

Zum sechsten ordnen wir, so der vater eines
unehelichen kindes das kind nicht annemen noch
ihm die taufe nicht wolte bestellen, das alßdann
der pastor solches an unser amptleute und be-
fehlhaber des ampts, darunter er gesessen, sol
gelangen lassen, damit wir solcher ding ver-
stendiget werden mögen.
Wann nun solche hurenkinder oder kinder zwi-
schen blutfreunden und schwegern wieder die
verbottene gradus oder auch kinder, so man
etterling nennet, im ehebruch geboren, zu teufen
verhanden weren, sol der pastor solche kinder
und die leute, davon sie gezeuget, verzeichnen,
dem inspectori, der sie hinferner an unsere be-
ampten gelangen lassen sol, ubergeben. So auch
etwann ehebrecher oder blutschender von fremb-
den orten ankomen und ihren unterschleif suchen
würden, sollen die auch dem inspectori vermel-
det und von ihm an die amptleute gebracht
werden.
Zum siebenden6g : Nachdem wir auch erfaren,
wie ein teil unserer unterthanen nach beschehe-
ner taufe grosse kindelbier und gastereyen auf
zweene ganze tage anrichten und ihre kinder so
lange, biß sie sich zu solcher gasterey bequemb-
lich schicken mögen, ungetauft in grosser gefahr
liegen lassen, sich auch uber das sampt andern,
so solches nachthun und ihren nachbarn nichts
nachgeben wollen, in schuld und schaden füren
und in diesem mehr auf solche gasterey anzu-
richten denn auf das heil und seligkeit ihrer
armen, jungen kinderlein sehen, auch in solchen
kindelbieren zu mehrmalen befunden, das sich
vergiftige, böse leute, huren und todschleger da-
hin finden und ihre gabe der kindelbetterin uber-
antworten, darüber dann die berürten kindel-
betterin in grosse krankheit gerhaten, auch biß-
weilen mit tode verfallen, ferner in solchen ge-
6e Folgendes entspricht KO 73, Art. IV, Sect. IV
(a. a. O.).
6f Folgende Bestimmung entspricht sachlich weit-
hin KO 73, Art. IV, Sect. V (a.a.O.).
6g Ein Verbot übermäßiger Gastereien bei der
Taufe enthält schon KO 73, Art. IV, Sect. VI
(a. a. O.).

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