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Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (6. Band: Niedersachsen ; 2. Hälfte): Die welfischen Lande: Halbbd. 2, Die Fürstentümer Calenberg-Göttingen und Grubenhagen mit den Städten Göttingen, Northeim, Hannover, Hameln und Einbeck. Die Grafschaften Hoya und Diepholz. Anhang: Das freie Reichsstift Loccum — Tübingen, 1957

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https://doi.org/10.11588/diglit.30041#0518
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Hoya

anrichten, sondern die fest und Sontage mit der
lehr göttliches worts und ubung des heiligen
catechismi zubringen sol.
Zum siebenzehenden37c: Den anfang der hoch-
zeit und anderer gesellschaft belangende, dieweil
der heilige Paulus saget [1 Thess 5, 5], die Chri-
sten sein nicht des nachts noch der finsternis,
sondern des liechts kinder, ordnen wir und wol-
len auch ernstlich gehalten haben, das mennig-
lich unserer herrschaft unterthanen seine hoch-
zeit und andere ehrliche gesellschaft zu mittag
anfahen, in der furcht Gottes frölich sein und
mit dem abend aufhören sollen, damit also vie-
lerley sunde, schande und laster verhütet und
Gottes zorn von uns abgewendet werden möge.
So jemand hierin ungehorsam befunden wird, der
sol nicht ungestrafft bleiben.
Zum achtzehenden37d: Das tanzen belangende,
gibt die erfarung, das etliche, so alle zucht und
gute sitten vergessen, abscheuliche und unzüch-
tige tänze anrichten, also das sie jungfrauen,
frauen und megde im tanzen dermassen herumb-
werfen, das sich darüber andere ehrliche, fromme
leute, jung und ait, sehr ergern. Derwegen wol-
len wir soich unchristlich und leichtfertig wesen
verboten haben.
Zum neunzehenden gibt die erfarung, das etliche
unsere unterthanen, breutgam und braut, nach
gehaltenem gelübd sich alsobald für dem kirch-
gange zusamenthun und auf die zucht wenig
achtung geben. Solches wollen wir hiemit genz-
lich verboten haben. Da es sich aber begeben
würde, sollen uns solche personen in gebürliche
straffe verfallen sein.
Zum zweinzigsten: Den brauthan38 nach die-
ses landes gebrauch belangend, ordnen wir, das
man zeitlich frü für abend braut und breutgam

37c Folgende Bestimmung entspricht KO 73, Art.
XVII, Sect. VI (a.a.O.).
37d Zum Folgenden vgl. KO 73, Art. XVII, Sect.
VII (a.a.O.).
38 Der „Brauthahn“, ein gebratenes Huhn, wurde
den jungen Eheleuten im allgemeinen früh

ins bette setze, und sol der brautvater oder ein
ander an seine stadt die braut dem breutgam
befehlen mit einer gottseligen, freundlichen ver-
manung. Und wann solches geschehen, sollen
die geste mit der zeit abbrechen und zu haus
gehen und das nachtsitzen und saufen vermeiden.
Zum einundzweinzigsten: Dieweil sich viel bö-
ser buben und bübin, so sich für bettler aus-
geben, auf die hochzeiten samlen und man den-
selben einen eigenen langen tisch zurichtet, auch
gleich andern ehrlichen gesten speiset und damit
zu aller büberey und ubermut fördert, wie sol-
ches die augenscheinliche warheit bezeuget, wol-
Len wir hiemit denjenigen, so ihre hochzeit hal-
ten, ernstlich geboten haben, das sie solch tisch-
decken unterwegen lassen, und was sie an almusen
vermögen und geben wollen, den rechten, waren
hausarmen in ihrem kaspel oder dorf uberreichen
oder zuschicken und berürte umbleufer, land-
streicher und pracher39 schlecht abweisen. So
sich unsere unterthanen in dem ungehorsamlich
erzeigen werden, sollen sie unsere ungnade ge-
wertig sein.
Zum zweyundzweinzigsten: Dieweil man von
alters her im Advent des Herrn und in der
fasten zu betrachtung der menschwerdung und
des bittern leidens und sterbens, auch frölicher
auferstehung Christi bey den Christen alle hoch-
zeit und sonst alle gesellschaft, darin man das
fleisch mit essen und trinken beschweret,nieder-
geleget und sich zu herzlicher andacht berürter
hohen wolthaten Gottes durch ein nüchtern, mes-
siges leben geschickt, ordnen wir, das hinfort
bey unsern unterthanen, weß standes die auch
sein, berürte hochzeit und andere gesellschaft,
so jetzo leider zum uberflus angerichtet werden,
in berürten tagen des Advents und der fasten
morgens nach der Hochzeitsnacht ans Bett
gebracht, damit sie ihn gemeinsam verzehr-
ten; vgl. Grimm, Deutsche Rechtsaltertümer
I (4. Ausg.). 1899, 609 f., Nr. 441.
39 = Bettler; vgl. Schiller u. Lübben III, 368 f.

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