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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]; Dörner, Gerald [Bearb.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (7. Band = Niedersachsen, 2. Hälfte, 2. Halbband, 2. Teil): Grafschaft Schaumburg, Goslar, Bremen — Tübingen: Mohr Siebeck, 2016

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https://doi.org/10.11588/diglit.30840#0326
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Goslar

22. Konsistorialordnunga
1555 / [nach 1561]
Goslarische Consistorial Ordnung
publicieret anno MDLV.

Wir, burgemeister und raht der kayserl[ich] freyen
reichsstadt Goslar, thuen kund und bekennen hier-
von offentlich kegen allermenniglich:
Nachdem wir mit beschwerten gemühte eine zeither
erfahren und vernommen haben, welcher gestalt
sich vielfältige, beschwerliche klagen, irrungen und
gebrechen von wegen ehesachen, ehegelöbniß, der-
selben scheidungen und andern, der ehe anhängigen
sachen in unser stadt zugetragen, welche wir ande-
rer obliegender und fürstehender gescheffte halber je
zu zeiten nach nohtdurft nicht haben auswar-
ten1 noch entscheiden mügenb, und aber dennoch die
höchste noht erfordert, wir uns auch von wegen un-
sers tragenden amts schuldigk erkennen, daß darinn
gepürliche versehung gethan werde, damit mennig-
lichen auf sein rechtmessig begehren und ansuchen
das recht und die billig-| 28| keit wiederfahren, auch
die gewissen in ihren anliegen gebürlich unterricht
und getröstet werden mügen, so haben wir demnach
uns nachfolgender ordnung und form eines con-
sistorii verglichen und darin ordnung und versehung
gethan, wie und welcher maes ein sonder gericht und
consistorium in unser stadt sol caufgericht, besteltc
und mit sondern persohnen von den kirchen,

a Textvorlage A (Handschrift): StadtA Goslar B 4350
(Corpus doctrinae Goslariensis), S. 27-50 (Abschrift).
Textvorlage B (Handschrift): SPK Berlin Ms. germ. fol.
1295, Bl. 12r-24v (Abschrift, weitgehend mit A überein-
stimmend). Textvorlage C (Handschrift): StadtA Goslar
VO A 1B (Abschrift). Textvorlage D (Handschrift):
StadtA Goslar VO A 1 C (Abschrift).
Abdruck: Richter, Kirchenordnungen 2, S. 163-167;
Hölscher, Geschichte der Reformation, S. 174-184.
b Korr. in A aus: können / C und D: können.
c-c C und D: bestalt, ufgericht.
d C und D: und.

auchd unseretwegen, besetzet werden, die befehlich
und macht haben sollen, solche irrungen und ge-
brechen, die sich in ehesachen und fellen zutragen
mügen, nach vermüge und ordnung der heil[igen]
göttlichen schrifft, auch gemeiner beschriebenen
recht, so weit die der heil. schrift nicht zuwieder und
ihrem besten verstand nach zu verhandeln, zu ent-
scheiden und zu verrichten.
Und im fall, daß sich so zweifeliche irrungen und
felle begeben, daran sich die verordente des con-
sistorii nicht entschließen möchten, sollen sie solche
felle an das consistorium zu Wittenbergk2 mit noth-
durftigen bericht der sachen gelegenheit3 und um-
stende ferner gelangen laßen |29| und sich daselbst
rahts und bescheidts erholen.
Was auch also von den verordenten des consistorii in
sachen erkennt und decerniret wird, darob wollen,
so wir der sachen und des entscheidts oder erkent-
nüß und urtheils berichtet und kein sonder erheblich
bedencken haben, festiglich halten und daßelb exe-
quiren und vollstrecken, als wer es von uns, dem
raht, selbst gesprochen und erkant. Und thun dem
allen nach menniglich, so in unser stadt wonhaftig

1 Mit Ernst nachgehen, s. FWb 2, Sp. 1507.
2 Das Konsistorium in Wittenberg war 1539 von Kurfürst
Johann Friedrich ins Leben gerufen worden. Es setzte
sich ursprünglich aus zwei Theologen und zwei promo-
vierten Juristen zusammen, die meist aus dem Kreis der
Professoren der Universität Wittenberg stammten. Die
ersten Mitglieder des Konsistoriums waren Johann Agri-
cola und Justus Jonas sowie Kilian Goldstein und Basi-
lius Monner. In Zweifelsfällen sollte das Konsistorium
die juristische und die theologische Fakultät der Univer-
sität Wittenberg konsultieren. Vgl. Frassek, Eherecht,
S. 72-115.
3 Beschaffenheit, s. FWb 6, Sp. 724-726.

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