Άμφικτύονες (fr. 2)
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ήπείλουν, έσυκοφάντουν / πάλιν,74 wo σείειν ,abzocken“ eine quasi epexege-
tische Sequenz von Begriffen eröffnet (,Geld verlangen“ und ,drohen“), die in
einem crescendo im letzten Kolon gipfelt. In Ar. Equ. 840 ist σείειν mit dem
ebenfalls prägnant verwendetem ταράττειν verbunden (vgl. van Leeuwen
1900, z.St.: „magnam pecuniam facies [...] fuscinam istam quassando socios
perterrebis“; zu ταράττειν hier vgl. Taillardat 19652, § 704, Christ 1998, 243 A.
29 und Napolitano 2002, 93); weniger spezifisch Ar. Pac. 639, wo die Athener
die Reichen unter den Alliierten einzuschüchtern versuchen.75 Eine technisch-
juristische Verwendung könnte in Antiphont. 6,43 (εσειε και έσυκοφάντει)
und Heraclid. De urb. Graec. fr. 1,4 Müller vorliegen. Die Form ένσείειν, in
der heute als ,Gesetz von Gortyn“ bekannten großen Inschrift wohl aus der
ersten Hälfte des 5. Jhs. v.Chr. (Lex Gortyn. col. 4,36 α’ί [...] κα κάρτει ένσείη
άγη ή φέρη; vgl. Koerner 1993, Nr. 169), weist eine nicht-attische Verwendung
eines Derivats von σείειν auf, die wohl eher zur Rechtssprache als zu einem
idiomatischen Usus paßt. Daß das Wort als reinstes Attisch noch in der Zeit
der , Zweiten Sophistik“ aufgefaßt wurde, verdeutlicht Alciphr. III 34,1 (und
die lexikographische Tradition).
προσκαλέσασθαι Es ist das Standardverb für ,anzeigen, vor Gericht
ziehen“ (Ar. Nub. 1277, Vesp. 1334.1406.1417). Der rechtssprachliche Gebrauch
(vgl. etwa Lipsius 1915, 804 und Harrison 1968, 214. 216. 226) zeigt sich ebenso
in der attischen Beredsamkeit (etwa [Lys.] 6,11 und Dem. 18,150). Das entspre-
chende Substantiv ist πρόσκλησις (Ar. Vesp. 1041).
2 δικών Das attische Recht unterscheidet zwischen δίκαι (= private
Prozesse) und γραφαί (= öffentliche Prozesse; vgl. Pellegrino 2010, 25-7, mit
weiterführender Lit.), doch kann δίκη ebenso - wie wohl hier - eine überge-
ordnete Kategorie für sämtliche Prozeßarten sein (vgl. MacDowell 1978, 57).
άλληλοφάγων Dieses Kompositum kommt in der adjektivischen Form
einzig hier vor.76 Das Abstraktum (άλληλοφαγίη) erscheint erstmalig im oben
zitierten Hdt. III 25,7 (vgl. hier oben, Interpretation, S. 78). Für die allelophagia
74 Cassio 1977,69-70 sieht darin eine 3. Person pl.; möglich ist auch eine 1. Person sg.,
wie bei Whittaker 1935, 186; zur Anhäufung von Begriffen hier vgl. Spyropoulos
1974, 92.
75 Taillardat 19652, § 719 macht einen Unterschied zwischen dem Gebrauch der
Metapher in Ar. Equ. 840, wo σείειν äquivalent von συκοφαντεϊν sei (so bereits
van Herwerden 1883, 230: „Proprie σείειν usurpatur de sycophantis, qui terroribus
forensibus cives suos concutiunt“; vgl. Cataldi 1984, 14-5), und Pac. 639, wo die
Bedeutung weniger spezifisch zu sein scheine („tarabustait“; vgl. Olson 1998, z.St.:
,,‘tried to intimidate’ vel sim“).
76 Die Seltenheit von Komposita mit dem Vorderglied άλληλο- im Drama (die
Tragödie weist nur zwei Formen auf: άλληλοκτόνος in Mosch. TrGF 97 F 6,14
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ήπείλουν, έσυκοφάντουν / πάλιν,74 wo σείειν ,abzocken“ eine quasi epexege-
tische Sequenz von Begriffen eröffnet (,Geld verlangen“ und ,drohen“), die in
einem crescendo im letzten Kolon gipfelt. In Ar. Equ. 840 ist σείειν mit dem
ebenfalls prägnant verwendetem ταράττειν verbunden (vgl. van Leeuwen
1900, z.St.: „magnam pecuniam facies [...] fuscinam istam quassando socios
perterrebis“; zu ταράττειν hier vgl. Taillardat 19652, § 704, Christ 1998, 243 A.
29 und Napolitano 2002, 93); weniger spezifisch Ar. Pac. 639, wo die Athener
die Reichen unter den Alliierten einzuschüchtern versuchen.75 Eine technisch-
juristische Verwendung könnte in Antiphont. 6,43 (εσειε και έσυκοφάντει)
und Heraclid. De urb. Graec. fr. 1,4 Müller vorliegen. Die Form ένσείειν, in
der heute als ,Gesetz von Gortyn“ bekannten großen Inschrift wohl aus der
ersten Hälfte des 5. Jhs. v.Chr. (Lex Gortyn. col. 4,36 α’ί [...] κα κάρτει ένσείη
άγη ή φέρη; vgl. Koerner 1993, Nr. 169), weist eine nicht-attische Verwendung
eines Derivats von σείειν auf, die wohl eher zur Rechtssprache als zu einem
idiomatischen Usus paßt. Daß das Wort als reinstes Attisch noch in der Zeit
der , Zweiten Sophistik“ aufgefaßt wurde, verdeutlicht Alciphr. III 34,1 (und
die lexikographische Tradition).
προσκαλέσασθαι Es ist das Standardverb für ,anzeigen, vor Gericht
ziehen“ (Ar. Nub. 1277, Vesp. 1334.1406.1417). Der rechtssprachliche Gebrauch
(vgl. etwa Lipsius 1915, 804 und Harrison 1968, 214. 216. 226) zeigt sich ebenso
in der attischen Beredsamkeit (etwa [Lys.] 6,11 und Dem. 18,150). Das entspre-
chende Substantiv ist πρόσκλησις (Ar. Vesp. 1041).
2 δικών Das attische Recht unterscheidet zwischen δίκαι (= private
Prozesse) und γραφαί (= öffentliche Prozesse; vgl. Pellegrino 2010, 25-7, mit
weiterführender Lit.), doch kann δίκη ebenso - wie wohl hier - eine überge-
ordnete Kategorie für sämtliche Prozeßarten sein (vgl. MacDowell 1978, 57).
άλληλοφάγων Dieses Kompositum kommt in der adjektivischen Form
einzig hier vor.76 Das Abstraktum (άλληλοφαγίη) erscheint erstmalig im oben
zitierten Hdt. III 25,7 (vgl. hier oben, Interpretation, S. 78). Für die allelophagia
74 Cassio 1977,69-70 sieht darin eine 3. Person pl.; möglich ist auch eine 1. Person sg.,
wie bei Whittaker 1935, 186; zur Anhäufung von Begriffen hier vgl. Spyropoulos
1974, 92.
75 Taillardat 19652, § 719 macht einen Unterschied zwischen dem Gebrauch der
Metapher in Ar. Equ. 840, wo σείειν äquivalent von συκοφαντεϊν sei (so bereits
van Herwerden 1883, 230: „Proprie σείειν usurpatur de sycophantis, qui terroribus
forensibus cives suos concutiunt“; vgl. Cataldi 1984, 14-5), und Pac. 639, wo die
Bedeutung weniger spezifisch zu sein scheine („tarabustait“; vgl. Olson 1998, z.St.:
,,‘tried to intimidate’ vel sim“).
76 Die Seltenheit von Komposita mit dem Vorderglied άλληλο- im Drama (die
Tragödie weist nur zwei Formen auf: άλληλοκτόνος in Mosch. TrGF 97 F 6,14